NFP Marketing
Senta Berger in "Ruhm"
"Ich kann gut mit schwierigen Menschen"
Interview: Ganz Wienerin: Senta Berger
Eine strahlende Senta Berger erwartet Filmreporter.de zum Interview. "Darf ich bitten", grüßt sie uns freundlich, als sie die Hotelzimmertür öffnet. Senta Berger trägt ein schwarzes Strickkleid und schwarze Stiefel, die bis übers Knie reichen. Sie wirkt keinesfalls wie eine über 70-Jährige. Im Gespräch mit uns erzählt sie ein wenig von ihrem Film "Ruhm", über ihr Leben und ihre Jugend. Auf Helmut Dietl angesprochen, erklärt sie äußerst charmant, dass sie mit schwierigen Menschen besonders gut umgehen könne.
erschienen am 22. 03. 2012
NFP marketing & distribution
Ruhm
Ricore Text: Was bedeuten Ihnen Preise, wie der Kulturpreis?

Senta Berger: Der BZ-Kulturpreis ist ein besonderer Preis. Da darf man sich schon sehr drüber freuen, und das habe ich auch getan. In meiner kleinen Rede habe ich auch versucht zu sagen, dass ich dankbar bin. Nicht nur der Jury der Zeitung, sondern auch dieser Stadt, die mir sehr viel gegeben hat.

Ricore: Was hat Ihnen Berlin gegeben?

Berger: Ich bin hier mit nicht mal 19 Jahren aus Wien hergekommen. Hier habe ich meine ersten Filme gedreht und meine ersten Schritte in ein erwachsenes Leben gemacht. Ich habe unendlich viel an Kultur aufgesogen. Tagsüber drehte ich, abends saß ich im Schillertheater. Ich habe meine ersten wichtigen Bücher hier gekauft.

Ricore: Welches?

Berger: Das weiß ich noch wie heute. Mein erstes Buch war "Na und?" von Kurt Tucholsky. Meine ersten Platten waren "Mack the Knife" von Ella Fitzgerald und die "Slawischen Tänze" von Antonín Dvorák. So stolz war ich darauf.

Ricore: Woran erinnern Sie sich noch aus Ihrer Berlin-Zeit.

Berger: Das waren so viele Eindrücke. Die ersten Erfolge, die ersten Misserfolge. Die erste und die zweite große Liebe, die dann gehalten hat. Ich habe meinen Mann hier kennen gelernt. Hier habe ich vier Jahre Theater gespielt. Ich hatte eine Wohnung in der Schlüterstraße. Die Wege vom Schillertheater nach Hause durch Schnee, Regen oder in der Sonne waren immer sehr aufregend. Man rekapituliert dann, was man gemacht hat und denkt sich, ah, das probiere ich morgen mal ein bisschen anders. Da kann ich noch ein bisschen leiser sein oder da mach ich noch eine größere Pause. Ich glaube, das verträgt es. Dieser Dialog mit mir selber in der Schlüterstraße bindet mich an diese Straße. Wenn ich über den Kudamm gehe und in Wilmersdorf lande, dann bin ich schon nicht mehr zu Hause.

Ricore: Warum sind Sie nie ganz nach Berlin gezogen?

Berger: Während ich am Schillertheater gespielt habe, sind wir auch nach Berlin gezogen. Meine Kinder sind zwar schon groß, aber sie leben in München und sind mir nahe. Und mein Mann hat seine Firma in München. Wir haben ein schönes Haus auf dem Land. Aber wir haben seit 25 Jahren eine Wohnung in Berlin. Das ist ein großes Privileg.
Eurovideo
Kir Royal
Ricore: Wie unterscheiden sich Wien, Berlin und München?

Berger: Ich bin in Wien aufgewachsen. Das ist auch eine sehr große Stadt und auf merkwürdige Weise Berlin ähnlich. Wien ist eine proletarische Stadt wie auch Berlin. Sie haben ihre Geschichte, warum das so ist. Es waren Kaiserstädte, die Architektur ist ähnlich. Und es gibt die künstlerische Schiene, die im 20. Jahrhundert Wien und Berlin verbunden hat. Alfred Polgar hatte seine größten Erfolge in Berlin. Ein Urwiener, dessen Schriften ich erst in Berlin kennen gelernt habe. Oder wer saß im Romanischen Café? Karl Kraus und Arthur Schnitzler. Max Reinhardt hat die Leute hier gebunden. München kann so etwas nicht leisten. Das ist eine kleine, liebenswürdige, überschaubare Residenzstadt. Aber dieses Unwegbare, Inspirierende findet man in Mitteleuropa nur in Berlin und Wien.

Ricore: Helmut Dietl sagt, er sei immer in sie verliebt gewesen, er ist jetzt in sie verliebt und er wird es immer sein. Wie geht man mit solchen Komplimenten um?

Berger: Spielerisch (lacht). Es war ja auch spielerisch von ihm gemeint. Ich würde sagen er meint: Ich bin ihr immer gut gewesen und ich bleibe ihr auch gut. Wir verstehen uns ja auch gut. Wir kennen uns schon lange. Ich weiß nicht, ob der Helmut mich so gut kennt, wie ich meine, ihn zu kennen. Ich respektiere ihn auch sehr als Künstler. Und ich kann gut mit schwierigen Menschen.

Ricore: Was war Ihr Beweggrund mit "Zettl" nach 25 Jahren an "Kir Royal" anzuknüpfen?

Berger: Ich glaube, es ist ein Fehler, der vielleicht auch von der Produktion ausgeht, das an "Kir Royal" zu binden. Da wartet man ja auf die Fortführung der Charaktere und das ist hier nicht der Fall. Ich fand schön, dass Mona und Herbie, gespielt von Dieter Hildebrandt, das Verbindungsglied sind zwischen diesen beiden Arbeiten. Ich habe es gemacht, weil Helmut Dietl mich gefragt hat und er das gerne wollte.

Ricore: Was hat Sie an "Ruhm" gereizt? Ihre Rolle ist nicht ganz einfach.

Berger: Ich finde, dass alle gut geschriebene Rollen einfach sind. Schwierig ist es, wenn es schwammig ist. Wenn du nicht weißt, was ist das für eine Frau, wie geht die, was macht die, wie sieht die aus? Aber Rosalie ist ganz klar. Sie ist die Erfindung des Dichters und der hat sie ganz genau beschrieben. Natürlich überlegt man noch gewisse Äußerlichkeiten. Das macht ja auch Spaß. Ist sie grau oder weiß? Bürgerlich oder spießbürgerlich? Wie ist sie eingerichtet? Das trägt alles dazu bei, dass man dieser Figur glaubt. Ich finde, es ist eine schöne Pointe, dass sie sich mit einem Federstrich, den sie von ihrem Dichter erzwingt, vom Tode befreit. Das ist ein wunderbares Märchen. Diesen Federstrich möchten wir alle.

Ricore: Haben Sie sich gefragt, was sie nun macht, da sie wieder jung ist?

Berger: Nein. Ich habe mich auch nicht gefragt, als ich jung war. Da fällt dir das Leben zu.
NFP Marketing
Ruhm
Ricore: Wären Sie gerne wieder jung?

Berger: Ja.

Ricore: Warum?

Berger: Weil es schön war. Deswegen muss ich mich ja jetzt nicht unwohl fühlen in meinem Leben. Aber es war herrlich. Ich war kräftig - und verliebt - und leidenschaftlich. Mir sind die Dinge zugeflogen. Andere sind furchtbar misslungen, aber das konnte man leicht wegstecken. Es war eine tolle Zeit.

Ricore: Würden Sie manches heute anders machen?

Berger: Ich hasse diese hypothetischen Fragen. Man macht doch immer Fehler. In einem neuen Leben macht man entweder die alten Fehler oder neue.

Ricore: Sie wirken, als hätten Sie keine Probleme mit dem Älterwerden?

Berger: Warum sollte man dauernd darüber glücklich sein, dass man älter wird? Darüber, dass man erschrickt, wenn man wenig ältere sieht, wie zum Beispiel Herr Reich-Ranicki, der in wenigen Monaten sehr gealtert ist. Damit wird man nicht glücklich und zufrieden. Ich bin eine gute Verdrängerin und ich habe immer wieder Probleme mit dem Älterwerden. Das liegt auch an meinem Beruf, weil ich mich da auf eine ganz andere Art beobachte und wahrnehme. Ob ich will oder nicht, laufen immer Filme von früher. Aber es hätte schlimmer kommen können.

Ricore: In Ruhm geht es auch um den Identitätsverlust.

Berger: Ja, in unserem Film geht es darum, dass der Faden reißt, mit dem wir an unserem Fetisch hängen, an den modernen Kommunikationsmitteln. Wir haben uns frei geglaubt, indem wir über Mobiltelefon und Computer kommunizieren. Aber dann sehen wir, dass wir bei dem geringsten Versehen - etwa wenn das Handy liegen geblieben ist oder nicht mehr funktioniert - gar keine Möglichkeit mehr haben, uns auszudrücken oder wahrgenommen zu werden. So passiert es Maria Rubinstein im Film. Früher hatte ich in meinem Kopf über 50 Telefonnummern gespeichert. Aber wenn jetzt mein Handy weg ist, weiß ich nicht einmal die Nummer von meinem Mann. So frei habe ich mich mit meinem Handy gemacht.
NFP Marketing
Senta Berger in "Ruhm"
Ricore: Die Figuren im Film kommunizieren nicht miteinander.

Berger: Der Film könnte auch heißen: Die Stunde, in der wir nichts voneinander wussten. Diese Schicksale werden so vernetzt. Man geht aneinander vorbei und man könnte das Bild anhalten und sagen: Ihr habt doch miteinander zu tun. Bleibt doch mal stehen. Aber man geht aneinander vorbei und versäumt damit wahrscheinlich etwas. Aber man versäumt immer etwas, wenn man ein Leben lebt, dann verpasst man das andere. Darum geht es auch in diesem Film.

Ricore: Wird man nur durch andere wahrgenommen?

Berger: Man denkt, dass man sich selber kennt. Aber wirklich erkennen kann ich mich nur in den Augen der anderen. In den Augen meines Mannes zum Beispiel, der mich wahrscheinlich besser kennt als ich mich.

Ricore: Hat sich die Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit im Laufe ihrer Karriere verändert?

Berger: Ich stehe seit ungefähr meinem 23. Lebensjahr in der Öffentlichkeit. Meine Popularität hat sich in den letzten Jahren wieder sehr verstärkt. Als meine Kinder klein waren, hatte ich weniger gearbeitet. Dann haben sie mich als Mutter entlassen und ich habe wieder mehr gearbeitet. Als Schauspieler sagt man oft, jetzt höre ich auf. Aber dann kommt wieder etwas, was mich so begeistert.

Ricore: Eine Aussage des Films ist, Ruhm ist nicht so wichtig, sondern es zählt, was ich dem anderen bedeute.

Berger: Die Frage ist ja, warum sich Leo Richter überhaupt darauf einlässt, mit einem Federstrich Rosalies Tod aufzuheben. Weil er im Laufe der Geschichte gelernt hat, dass es nicht nur ihn gibt. Diesem egozentrischen Künstler werden die Augen geöffnet, dass es noch andere Menschen gibt.

Ricore: Also zählen nicht Ruhm, sondern die Menschen, die man um sich hat?

Berger: Wer Ruhm ernst nimmt, kann nicht besonders intelligent sein. Das spricht für eine große Naivität, die ich jungen Menschen gerne zubillige. Mein erstes Autogramm war sehr wichtig für mich. Später habe ich begriffen, dass der Beruf so sehr viel mehr ist.
Kinowelt
Hans Moser in "Jetzt schlägt's 13!"
Ricore: Wann war das?

Berger: Das war bevor ich ins Reinhardt-Seminar gegangen bin. Da hatte ich einen österreichischen Heimatfilm gemacht. [Singt:] "Die Lindenwirtin vom Donaustrand", vom Donaustrand. So hieß der Film und so war er auch. Hans Moser spielte auch mit. Ich war erst 16 Jahre alt und hatte vor Aufregung immer ganz rote Ohren. Bei der Premiere sind alle auf Hans Moser gestürzt und wollten ein Autogramm haben. Ich stand etwas abseits in einem Mantel meiner Mutter, weil ich selbst keinen schönen hatte. Und Hans Moser sagte (ahmt seine Stimme nach): "Geht's Kinder, da hinten steht a Kleine, aus der wird mal was. Holts euch mal ein Autogramm!" Eine kam dann tatsächlich zu mir. Das weiß ich noch ganz genau.

Ricore: Was verbindet Sie noch mit Österreich?

Berger: Es ist schon noch meine Heimat. Die Sprache, meine Kindheit da. Ich habe immer gedacht, wir gehen vielleicht wieder zurück nach Wien. Aber dann habe ich gesehen, dass meine Kinder Münchner geworden sind, die kriege ich da nicht weg. Wir haben uns eine kleine Wohnung in Wien genommen, damit ich nicht immer in ein Hotel gehen muss, wenn es mich überkommt.

Ricore: Wann überkommt es Sie?

Berger: Im Frühling und im Herbst. Es gibt keine Stadt, die so blüht wie Wien, voller Kastanien und Flieder. Und im Herbst riecht das Laub so süßlich, wenn man durch den Wienerwald geht.

Ricore: In Berlin gibt es auch viele Kastanien.

Berger: Und Linden. Aber es sind nicht so viele Kastanien wie in Wien. Ich habe einen Blick dafür. Berlin ist ja die grünste Stadt. Aber wissen Sie, wie Wien liegt. Hier sind noch die Hügel und dann fällt es nach Panonie ab und damit ins südliche Klima, wo der Wein wächst und die Kirschen schon im Mai - da kommt Berlin nicht mit.

Ricore: Woran arbeiten Sie gerade?

Berger: Ich drehe zurzeit einen Fernsehfilm mit Rainer Kaufmann hier in Berlin. Nadja Uhl und ich spielen die Hauptrollen. Sie ist eine Polizistin, die einen Fall von Kinderprostitution aufdeckt. Ich bin die Staatsanwältin, die eigentlich ihre Ruhe haben will und dann immer mehr in die Geschichte hineingezogen wird. Es sind authentische Fälle, die wir beschreiben. Es geht um Schleuser, die aus Rumänien und der Ukraine Kinder in die großen Städte Westeuropas bringen. An erster Stelle stehen Berlin und Paris, wo diese Kinderbordelle eingerichtet werden. Was wir nicht verstehen, und darum machen wir auch diesen Film, ist, dass dies noch kein Gesprächsthema in unserer Gesellschaft geworden ist.
Ann-Catherin Karg/Ricore Text
Michael Verhoeven
Ricore: Hin und wieder liest man davon in der Zeitung.

Berger: Es ist ein Thema, das Angst macht. Es gibt Versuche, die Männer dingfest zu machen. Nicht nur die Schleuser, sondern auch die Männer, die die Kinder beschädigen und benutzen. Das scheint sehr schwer zu sein, denn vielen dieser Jungs geht es mit ihren Freiern sehr viel besser als in ihrem verlassenen Dorf. Sie schweigen oder sagen, da sei keine Gewalt und auch kein Geld im Spiel gewesen.

Ricore: Was reizt Sie an neuen Projekten?

Berger: Die Geschichten, die möchte ich miterzählen. Ich finde es nicht so wichtig, ob die Rolle groß oder klein ist. Ist die Rolle gut? Kann ich sie glaubwürdig spielen? Bei dem Film über Kinderprostitution möchte ich die Geschichte gerne miterzählen. Und vielleicht haben wir auch mit Nadja und mir ein gewisses Publikumsinteresse. Wir können nicht so tief gehen wie ein Dokumentarfilm, aber der würde wahrscheinlich bei Arte um 23 Uhr laufen. Wir laufen am Montag oder Mittwoch um 20:15 Uhr.

Ricore: Sind Sie manchmal noch in Los Angeles?

Berger: Nein. Ich arbeite dort nicht mehr. Und als Tourist fahre ich lieber woanders hin. Zuletzt war ich als Frau Verhoeven da. Michael war für "Das schreckliche Mädchen" für einen Oscar nominiert. Das war sehr schön. Paul Newman war auch da. Und zu meinem Erstaunen hat er ins Mikrofon gesagt: "Wir haben uns ja alle gefragt, wo unsere Senta ist. Wo ist sie geblieben? Und jetzt sehen wir, sie ist Mrs. Michael Verhoeven!"

Ricore: Haben Sie sich gefragt, was Sie an Rosalies Stelle tun würden, wenn Sie unheilbar krank wären?

Berger: Unabhängig von dieser Rolle stellt man sich diese Frage. Aber ich denke, dass man sich keine Antwort geben kann. Man versucht verschiedene Modelle in Gedanken durchzuspielen, um das, was so unvorstellbar ist, vorstellbar zu machen. Aber ich denke, dass alle Diskussionen, die sich daraus ergeben, zwischen Menschen, zwischen Paaren oder zwischen dir und dir, dass die keinen Bestand haben. Wenn du dann damit konfrontiert bist, hängst du am Leben.

Ricore: Haben Sie manchmal das Gefühl, dass Sie zu wenig tun? Gerade wenn Sie in Filmen mit brisanten Themen spielen?

Berger: Wir alle tun zu wenig. Nach dem letzten "Unter Verdacht", wo es um die Flüchtlinge ging, gab es auch mit konservativen Politikern in Bayern Streitgespräche. Man muss doch die Frage aufwerfen, wie geht man tatsächlich mit Asylanten um? Und was haben wir für eine Haltung zu den südeuropäischen Ländern, die sich sogar mit Libyen verbunden haben und die einfach auf diese Boote schießen? Das Sinnbild ist das Foto, von dieser Urlaubsfamilie, die am Meer auf ihrer Badedecke sitzt und unweit liegt ein toter angeschwemmter Afrikaner. Da kann ich mich nicht ausnehmen.
NFP Marketing
Heino Ferch in "Ruhm"
Ricore: Denken Sie manchmal, dass Sie sich in einer künstlichen Welt bewegen?

Berger: Ich bewege mich in keiner künstlichen Welt. Ganz im Gegenteil. Für mich ist es immer wichtig gewesen, wie ich mein privates Leben gestalte. Ich hatte eine sehr bodenständige Mutter, die mir geholfen hat, die Familie zusammen zu halten. Dieses Erdige ist wichtig für mich, ich muss das haben. Dann kann ich hin und wieder was am Trapez machen. Aber ich muss in die Erde rein dürfen und eine Zwiebel setzen.

Ricore: War Ihre Mutter auch Vorbild, Familie und Karriere zu vereinen?

Berger: Meine Mutter musste arbeiten, um uns zu ernähren. Das musste ich nicht. Überhaupt hatte ich es sehr viel leichter, als die meisten berufstätigen Frauen. Meine Kinder haben einen Vater. Der ist auch immer freiberuflich tätig gewesen und wir konnten uns das teilen. Auch weil er es wollte. Ich habe niemals ganz aufgehört zu arbeiten, aber ich habe es versucht so zu verbinden, dass es die Kinder fast nicht gemerkt haben. Ich habe in Hamburg Theater gespielt und bin mit dem Nachtzug nach München gefahren und hab den Simon in der Früh zur Schule gebracht. Dank meiner Mutter. Wenn man Probe hat und weiß, zu Hause ist jemand, der den Kindern einen Kuss gibt und einen Kakao macht, kann man bei der Probe voll konzentriert sein.

Ricore: Sind Sie stolz auf Ihre Kinder?

Berger: Ich habe meine Probleme mit dem Wort Stolz. Ich habe ja wenig dazu beigetragen. Gut, der Simon hat eine gute Ausbildung bekommen. Aber was er macht, wie er schreibt und mit den Schauspielern umgeht, das ist ja er, das bin nicht ich.

Ricore: Aber als Mutter trägt man doch dazu bei, wie die Kinder mit anderen umgehen.

Berger: Ich weiß es nicht. Manchmal denke ich, es bleibt alles hängen wie in einem Sieb.

Ricore: Sind ihre Söhne Ihnen ähnlich?

Berger: Simon hat viel von mir. Aber der Souveränere ist Michael. Er ist der einzige vollkommen souveräne Mensch, den ich kenne. Mit allen Vor- und Nachteilen, denn er macht nur das, was ihn wirklich interessiert. Er hat einen unglaublichen Optimismus, eine Liebe zum Leben. Da bin ich doch wienerisch vorbelastet. Bei mir geht es oft hinauf und hinunter, da ist so eine Stimmungsabhängigkeit.

Ricore: Was glauben Sie, wie "Ruhm" beim Publikum ankommen wird?

Berger: Ich hatte von der Regisseurin Isabel Kleefeld schon eine DVD bekommen und die haben wir Gästen vorgeführt. Und meine Cousine fragte am Ende: Und jetzt? Was passiert mit dieser Maria Rubinstein in Askisistan? Kommt die wieder zurück? Und ich sagte, denk's dir aus. Das wollte sie nicht. Als ich zwölf Jahre alt war, las ich "Vom Winde verweht". Am Ende war ich so enttäuscht. Es hat so an meinem Herzen genagt, dass Scarlett O'Hara und Rhett Butler am Ende nicht zusammen kommen. Ich dachte, nein, das geht nicht, wir müssen es umschreiben und habe mir ein anderes Ende ausgedacht.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch!
erschienen am 22. März 2012
Zum Thema
Senta Berger blickt auf eine beachtliche Theater- und Filmkarriere zurück. In Wien geboren, wendet sie sich bereits 14-jährig der Schauspielerei zu. Als sie 20 Jahre alt ist, zieht sie nach Hollywood, in der Hoffnung, eine internationale Karriere zu starten. Tatsächlich dreht sie bald an der Seite von Charlton Heston, Frank Sinatra, Dean Martin, Richard Harris, George Hamilton, Kirk Douglas, John Wayne und Yul Brynner. Michael Verhoeven kennen. 1966 heiratet das Paar und bekommt zwei Söhne...
Ruhm (Kinofilm)
In Isabel Kleefelds nach Daniel Kehlmanns gleichnamigen Roman inszeniertem Drama sind die Geschichten der sieben Protagonisten fein verknüpft. Manche überschneiden sich mehr, manche weniger. Eine Romanfigur weigert sich zu sterben, ein Elektroingenieur träumt von einem anderen Leben und eine Krimiautorin geht verloren. In den Hauptrollen sind Senta Berger, Justus von Dohnányi, Heino Ferch, Julia Koschitz, Stefan Kurt, Axel Ranisch und Gabriela Maria Schmeide zu sehen. Trotz der großartigen..
2024