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Valérie Donzelli in "Das Leben gehört uns"
Valérie Donzelli und Jérémie Elkaïm kein Paar...
Interview: Mehr als Liebe
Man möchte nicht glauben, dass einem zwei Menschen gegenüber sitzen, die kein Paar mehr sind. Zwischen Valérie Donzelli und Jérémie Elkaïm herrscht eine sichtbare Verbindung, die über eine bloße Liebesbeziehung hinausgeht. Sie haben gemeinsam den Kampf gegen die Krankheit ihres Sohnes gewonnen. Der Preis dafür war ihre Beziehung, doch den haben sie offensichtlich gern gezahlt. Im Interview mit Filmreporter.de erzählen sie von den Dreharbeiten zu ihrem Film "Das Leben gehört uns" und wie sie zu einer neuen Form ihrer Beziehung gefunden haben.
erschienen am 26. 04. 2012
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Das Leben gehört uns
Ricore: Der Film ist ihrem Sohn Gabriel gewidmet...

Valérie Donzelli: Als ich mit meiner Tochter Rebecca schwanger war, habe ich einen Kurzfilm gemacht: "Il fait beau dans la plus belle ville du monde", das ist natürlich Paris. Ich wollte als Mutter etwas hinterlassen und habe ihr diesen Film gewidmet. Gabriel sagte dann, dass er auch will, dass ihm etwas gewidmet wird.

Jérémie Elkaïm: Unser Film geht sehr vorsichtig mit gewissen Elementen um. Es geht nicht darum, den Schmerz oder die Krankheit zu zeigen, sondern es ist ein Film über die Eltern. Die Widmung ist ein kleines persönliches Element von uns.

Donzelli: Es ist eine Liebeserklärung an unseren Sohn.

Ricore: Hatte Gabriel die gleiche Krankheit wie Adam im Film? Einen Gehirntumor?

Elkaïm: Alles was im Film mit der Krankheit zu tun hat, stimmt genau. Das ist, was wir durchlebt haben. Was jedoch darüber hinausgeht und mit dem Paar zu tun hat, dafür haben wir uns von unserem eigenen Leben entfernt.

Ricore: Viele Szenen spielen in den Krankenhäusern, in denen sie sich selbst aufgehalten haben. Wie war es, an diese Orte zurückzukehren?

Donzelli: Es ging nicht darum, etwas wieder zu erleben. Jetzt sind wir ins Krankenhaus gegangen, um dort zu arbeiten. Damals war es anders, wir mussten alles ertragen. Aber diesmal waren wir aktiv. Wir waren mit einem Team dort und haben einen Film gedreht. Das fand in einer entspannten und auch lustigen Atmosphäre statt. Deshalb kamen keine schlimmen Erinnerungen hoch.

Elkaïm: Es ging uns darum, die schönen Erfahrungen darzustellen, die wir mitgenommen haben. Wir wollten einen Lebenspuls, die Schönheit des Lebens zeigen.
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Valérie Donzelli und Jérémie Elkaïm in "Das Leben gehört uns"
Ricore: Es gibt diese Weihnachtsszene, in der sie in die Hände klatschen und dann ist da dieser Weihnachtsbaum. Meinen Sie so etwas damit?

Elkaïm: Nein, das meinte ich nicht. Das ist etwas Fantasievolles und zeigt den Stil des Films, wie auch die Elemente der Komödie. Mit Schönheit meine ich die Ideologie des Films. Obwohl die Eltern von der Krankheit ihres Sohnes betroffen sind, behalten sie ihre Identität. Roméo und Juliette sind keine leidenden Opfer, sie kämpfen.

Ricore: Sie haben sich mittlerweile getrennt. War es so leichter diesen Film zu drehen?

Donzelli: Ich denke schon, dass der Umstand, dass wir kein Paar mehr sind, geholfen hat. Es war so irgendwie leichter, miteinander umzugehen. Ich glaube nicht, dass wir den Film so gemacht hätten, wenn wir noch zusammen wären. Außerdem war es eine Freude, uns wiederzufinden und zusammen zu arbeiten.

Elkaïm: Der Film zeigt, dass es das traditionelle Paar nicht mehr gibt. Aber dafür ist etwas Neues entstanden. Sie haben sich eine neue Form geschaffen. Es ist wie ein unzerstörbarer Pakt, dem natürlich die Liebe zu dem Kind zugrunde liegt. Das ist auch unsere eigene Erfahrung gewesen.

Ricore: Juliette und Roméo begegnen Adams Krankheit mit einer unglaublichen Energie. Haben Sie das damals auch geschafft oder gab es Momente, in denen Sie die Hoffnung verloren?

Elkaïm: Wenn man so etwas erlebt, dann dauert das eine lange Zeit. Im Film wird die Zeit anders dargestellt. Es gibt Dinge, die nur kurz dauern, denen im Film aber viel Raum gegeben wird. Wir haben manchmal zwei Jahre in einem Satz abgehandelt. Im Alltag hat uns die Krankheit über Jahre begleitet und wir sind durch alle emotionalen Farben des Regenbogens gegangen. Für den Kinofilm haben wir aber einen anderen Standpunkt gewählt. Wir wollten die Geschichte voller Energie erzählen.

Ricore: Die Musik des Films ist ungewöhnlich. Wieso haben Sie sich für "Die Internationale" entschieden?

Donzelli: Das Lied soll zeigen, dass es um einen Kampf geht. Juliette und Roméo kämpfen gegen den Krebs. In dem Kampf geht es um etwas Schönes, da steckt eine schöne Ideologie dahinter. Außerdem mag ich das Lied. In dem Moment verändert sich etwas im Film. Die Musik wird generell als Element eingesetzt, das dem Zuschauer die Möglichkeit gibt, mal Luft zu schnappen. Die Elemente der Komödie und die Musik gönnen dem Publikum kurze Pausen von der Geschichte. Das haben wir uns schon beim Drehbuchschreiben überlegt. Jérémie hört sehr viel Musik und hat mir viele Stücke vorgespielt.

Elkaïm: Auf Musik reagiert der Zuschauer unmittelbar. Das war uns wichtig.
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Jérémie Elkaïm in "Das Leben gehört uns"
Ricore: Sie arbeiten bereits am nächsten gemeinsamen Projekt. Können Sie darüber schon etwas erzählen?

Donzelli: Der Film heißt "Main dans la main". Wir spielen Bruder und Schwester. Valérie Lemercier und Jérémie spielen die Hauptrollen. Es geht um Beziehungen.

Elkaïm: Aber wir wollen noch nicht zu viel davon erzählen, weil wir das Publikum überraschen wollen.

Ricore: Apropos Beziehung, nach Ansicht des Films und auch jetzt während des Interviews hat man das Gefühl, dass sie mehr miteinander verbunden sind als vielleicht zu Beginn ihrer Beziehung.

Elkaïm: Wir haben uns mittlerweile sehr davon entfernt wie wir waren, als wir uns kennenlernten. Wir haben uns natürlich verändert. Heutzutage ist man ja nicht mehr gezwungen, zusammen zu bleiben. In der Liebe und einer Beziehung steckt sehr viel Arbeit. Und es gibt Dinge, die man nicht kontrollieren kann. Manchmal verstärken die Neurosen des einen die des anderen. An einem bestimmten Punkt haben wir beschlossen, uns nicht weiter zu zerstören, sondern an einer neuen Form unserer Beziehung zu arbeiten.
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Valérie Donzelli in "Das Leben gehört uns"
Ricore: Und wie gut gelingt Ihnen dies?

Donzelli: Es funktioniert ganz gut.

Elkaïm: Es geht dabei natürlich um Nuancen. Zurzeit funktionieren wir einerseits als Arbeitspaar. Aber auch als Eltern funktionieren wir gut. Natürlich sind wir nicht immer gleicher Meinung. Für unsere jeweiligen neuen Partner ist unsere Beziehung nicht immer so einfach zu verstehen.

Ricore: Sie leben also in neuen Beziehungen?

Donzelli: Nein.

Elkaïm: Nichts Ernsthaftes. Das kommt und geht.

Ricore: Bei wem leben die Kinder?

Donzelli: Im Moment leben sie bei mir, weil Jérémie gerade einen Film dreht. Aber wir wechseln uns ab.

Elkaïm: Es besteht eine große Gleichheit zwischen uns. Ich nehme meine Vaterpflichten sehr ernst. Wie Roméo habe auch ich die Windeln gewechselt und kümmere mich sehr um meine Kinder.

Ricore: Bei Juliette und Roméo ist es Liebe auf den ersten Blick. Glauben Sie daran?

Elkaïm: Nein, das sollte verboten werden.

Donzelli: Genau, dafür bist Du viel zu rational.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch!
erschienen am 26. April 2012
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2024