Sony Pictures
Jessica Biel in Berlin
'Man muss Vertrauen haben'
Interview: Jessica Biel folgt Bauchgefühl
Wenn man sich auf der Flucht befindet, kann es nicht schaden, Jessica Biel an seiner Seite zu haben. Davon kann Colin Farrell ein Lied singen. Während der in "Total Recall" seinen Verstand zu verlieren droht, behält Biel einen kühlen Kopf und steht ihm schlagkräftig zur Seite. Im Interview mit Filmreporter.de erklärt die junge Schauspielerin, wie sie sich auf die körperlichen Herausforderungen ihrer Action-Rolle vorbereitet hat und wie sie mit Kontrollverlust umgeht.
erschienen am 23. 08. 2012
Sony Pictures
Total Recall
Ricore: Wie aufregend war es, sich mit Kate Beckinsale in "Total Recall" einen harten Zweikampf zu liefern?

Jessica Biel: Das hat Spaß gemacht. Ich weiß nicht, wer wem mehr in den Hintern getreten hat. Ich glaube, sie hätte diesen Kampf gewinnen können.

Ricore: Wie haben Sie sich auf die körperlichen Herausforderungen Ihrer Rolle vorbereitet?

Biel: Wir haben sehr viel Martial-Arts-, Box- und Parcours-Training absolviert. Darüber hinaus haben wir auch Yoga gemacht, von allem ein bisschen.

Ricore: Haben Sie auch für Ihr Privatleben etwas daraus lernen können?

Biel: Ja, man lernt bei solchen Filmen immer eine Menge. Ich wünsche mir immer, das Martial-Arts-Training auch im Privatleben fortsetzen zu können, doch irgendwie scheint es zeitlich nie zu klappen. Doch man lernt beispielweise, wie man richtig zuschlägt. Falls ich also je in eine Situation komme, in der ich das anwenden müsste, könnte ich das wohl besser, als ohne dieses Training.

Ricore: Was ist Ihnen im Leben besonders wichtig?

Biel: Bei der Arbeit inspiriert zu werden, zu reisen und die Welt zu sehen. Es ist wichtig, eine gute Balance zwischen Arbeit und Freizeit zu schaffen und sich für das zu begeistern, was man macht.

Ricore: Sie haben bereits in unterschiedlichsten Genres gespielt. Welches Genre bevorzugen Sie?

Biel: Mir gefallen Dramen sehr gut. Besonders schön altmodische Dramen, die man heutzutage nicht mehr macht. Doch es gefällt mir, immer wieder etwas ganz anderes zu machen. Das ist wirklich interessant.

Ricore: Sind Sie zufrieden mit den Rollenangeboten, die man Ihnen macht?

Biel: Ich denke, dass ich in der Hinsicht eine gute Balance halte. Es geht nicht immer nur um die Angebote, die man kriegt. Man muss um eine Rolle sehr viel kämpfen, wobei es toll ist, wenn man die Rolle schließlich ergattert. Das gibt einem viel Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten, so schmerzhaft der Prozess bis zu diesem Augenblick auch sein mag. Man wird immer wieder in eine Schublade gesteckt, wenn man eine bestimmte Rolle spielt und dann muss man sich hinterher wieder aus dieser Schublade heraus kämpfen. Doch es gibt auch Ausnahmen wie Meryl Streep und Cate Blanchett, die die Freiheit haben, in jedem Genre zu spielen zu können.
Sony Pictures
Jessica Biel in "Total Recall"
Ricore: Ist es in Hollywood nach wie vor schwieriger für Frauen, wirklich gute Rollen zu bekommen als für Männer?

Biel: Ich denke schon. Ich bin nicht sicher, doch vielleicht liegt es daran, dass es mehr männliche als weibliche Autoren und Regisseure gibt. Ich denke, es gibt so viele tolle Schauspielerinnen und nur eine begrenzte Anzahl wirklich großartiger Schauspieler.

Ricore: Auch in "Total Recall" steht wieder mal ein Mann im Mittelpunkt.

Biel: Ich weiß nicht warum, doch anscheinend wollen die Leute die männliche Perspektive öfter sehen beziehungsweise zeigen. Wenn man einen Film macht, in dem es nur weibliche Protagonistinnen gibt, wird er gleich als Chick-Flick abgestempelt. Wenn es dagegen ein Film mit lauter Männern ist, sehen sich sowohl Männer als auch Frauen den Film an und niemand nennt es einen Dude-Flick. Es ist wirklich merkwürdig. Die Dinge ändern sich bereits, doch Sie haben Recht, für Männer ist es nach wie vor einfacher, wirklich gut ausgearbeitete Rollen angeboten zu bekommen. So sind die Dinge eben.

Ricore: Demnächst wird man Sie in einem Alfred Hitchcock-Biopic sehen können.

Biel: Das ist ein sehr interessantes Projekt mit einem unglaublichen Darsteller-Ensemble. Anthony Hopkins spielt Alfred Hitchcock. Zudem sind Helen Mirren, Toni Collette, Danny Huston und Scarlett Johansson dabei. Es geht um die Zeit, in der Hitchcock "Psycho" realisiert hat und um die komplizierten Beziehungen, die er mit den Frauen in seinem Leben geführt hat, mit seinen Darstellerinnen, seiner Frau und seiner Sekretärin.

Ricore: Geht der Film sehr frei mit der Biographie Hitchcocks um oder hält er sich eng an die Fakten?

Biel: Ich habe den Film noch nicht gesehen, vom Drehbuch bis zum fertigen Film kann viel passieren.
Sony Pictures
Jessica Biel verzaubert ihre Fans auf der "Total Recall"-Premiere
Ricore: Wie beunruhigend ist es, dass man als Schauspieler die Kontrolle an den Regisseur abgeben muss, so dass man keinen Einfluss darauf hat, wie der fertige Film sein wird?

Biel: Es ist immer beunruhigend, die Kontrolle abgeben zu müssen. Man macht seine Performance und dann können sie daraus machen, was sie wollen. Daher muss man den Regisseur mit Bedacht wählen und hoffen, dass er oder sie die angestrebte Glaubwürdigkeit und Integrität aufrechterhält.

Ricore: Haben Sie schon mal einen Film gemacht, bei dem Sie hinterher das Gefühl hatten, dass Sie eigentlich für eine andere Art von Film unterschrieben haben?

Biel: [überlegt eine Weile] Es gab einige Filme, bei denen ich das Gefühl hatte, dass sie auf dem Papier stark sind, aber diese Stärken schließlich nicht zur Geltung kamen. Aber ich hatte glücklicherweise noch keinen Fall, bei dem der fertige Film am Ende vollkommen anders war.

Ricore: Nach welchen Kriterien suchen Sie die Regisseure aus, mit denen Sie arbeiten wollen?

Biel: In erster Linie muss man einfach Vertrauen haben. Natürlich stellt man tausende Fragen und folgt seinem Bauchgefühl, doch selbst dann kann alles Mögliche passieren. Man weiß es einfach nicht und muss es riskieren.

Ricore: Wie betrachten Sie rückblickend Ihre Zeit bei der Serie "Eine himmlische Familie"?

Biel: Das war eine wundervolle Zeit. Wir waren wie eine große Familie. Zudem habe ich viel über die Arbeit am Set gelernt, über die Kamera und das Licht und wie man sich so bewegt, dass der Kameramann dir folgen kann. All diese kleinen Dinge, über die man eigentlich gar nicht nachdenkt, habe ich bei dieser Serie gelernt.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 23. August 2012
Zum Thema
Ursprünglich will Jessica Biel Sängerin werden, weshalb sie eine Musicalausbildung erhält. Doch schon bald weicht dieser Wunsch der Schauspielerei. Heute singt der Hollywoodstar lediglich unter der Dusche und mit Freunden in diversen Karaoke-Bars. Den schauspielerischen Durchbruch schafft Biel als älteste Tochter des Priesterehepaares Mary Camden in der erfolgreichen US-Fernseh-Serie "Eine himmlische Familie". Das A-Team" und "Total Recall" zu sehen.
Total Recall (Kinofilm)
Als Vorlage für "Total Recall" dient Philip K. Dicks Kurzgeschichte "Erinnerungen en gros". Einem breiten Kinopublikum wurde der Science-Fiction-Stoff durch Paul Verhoevens Verfilmung von 1990 bekannt. In Len Wisemans Neuinterpretation tritt Colin Farrell in die Fußstapfen des damaligen Hauptdarstellers Arnold Schwarzenegger. Als Fabrikarbeiter Douglas Quaid wird seine Wahrnehmung der Realität auf den Prüfstand gestellt, nachdem er bei einem Computermanipulierten Gedächtnis-Trip der Firma..
2024