Christian A. Rieger/ZDF
Tim Wilde
Als Soldat untauglich?
Interview: Marinetaucher Tim Wilde
Tim Wilde hat mit namhaften Regisseuren wie Til Schweiger und Michael 'Bully' Herbig zusammengearbeitet. Neu ist für ihn die Rolle des Spurensicherers. Als solcher darf sich der Schauspieler in der ZDF-Krimiserie "Die Garmisch-Cops" bewähren. Im Gespräch mit Filmreporter.de verrät der Darsteller, warum er in der DDR Marinetaucher war, worauf ein Schauspieler bei seiner Rolle achten muss und warum Til Schweiger ein großartiger Regisseur ist.
erschienen am 8. 10. 2012
ZDF
Tim Wilde, Thomas Unger, Jan Dose und Franz Obermayr untersuchen den Tatort in "Die Garmisch-Cops"
Ricore: Was hat Sie an der Rolle des Spurensicheres Peter Falk in "Die Garmisch-Cops" gereizt?

Tim Wilde: Es ist eine Rolle, die ich gerne mag. Ich hatte vor vielen Jahren schon mal einen Rechtsmediziner in einer Fernsehserie gespielt. Um mich auf die Rolle vorzubereiten bin ich in die Rechtsmedizin nach Berlin gegangen. Dort durfte ich sogar bei einer Obduktionen dabei sein. Die Rolle des Spurensicheres fand ich ähnlich interessant, zumal ich in "Die Garmisch-Cops" die Funktion des Rechtsmediziners auch ausfülle, da dieser Posten in der Serie gar nicht besetzt ist. Zudem ist die Figur Peter Falks sehr konfliktfreudig, was mir sehr gefällt.

Ricore: Wie haben Sie sich konkret auf die Rolle vorbereitet?

Wilde: Ich brauchte eigentlich nur das entsprechende Hintergrundwissen, wie man Spurensicherer wird. Herausgefunden habe ich, dass man einfach im Polizeidienst sein muss und sich darüber für den Job qualifizieren kann. Auch wollte ich wissen, wie man sich am Tatort verhalten muss, damit die Arbeit als Spurensicherer möglichst realistisch aussieht. Zum Glück gab es am Set Komparsen, die im wahren Leben Spurensicherer sind. Die konnten mir natürlich wertvolle Tipps geben.

Ricore: Spielen Sie gerne in Fernsehserien mit?

Wilde: In der heutigen Zeit ist man froh, wenn man eine Fernsehserie angeboten bekommt. Man kann seine Miete zahlen und auch mal Sachen machen wie eine spannende Low-Budget-Produktion oder einen Studentenfilm, für die man vielleicht kein Geld bekommt.
ZDF
Tim Wilde und Thomas Unger forschen nach den Tatspuren in "Die Garmisch-Cops"
Ricore: Wie sind Holger Gimpel und Walter Bannert als Regisseure?

Wilde: Ich arbeite sowohl mit Holger als auch mit Werner gerne zusammen, weil sie sehr genau sind. Sie gehören zu den wenigen mir bekannten Regisseure, der nicht nur ein gutes Auge, sondern auch ein gutes Gehör haben. Beide hören sofort, ob ein Schauspieler etwas einstudiert hat oder ob es aus dem Bauch kommt. Wenn die eigene Leistung nicht perfekt war, weisen sie einen vorsichtig darauf hin.

Ricore: Stimmt es, dass Sie in der DDR bei den Marinetauchern gewesen sind?

Wilde: Ja, war ich. Und ich bin rausgeschmissen worden (lacht). Also ich wollte schon immer unbedingt Taucher werden. Ich hatte nämlich damals einen ziemlich coolen Onkel, der aus der DDR geflohen ist. Seitdem wollte ich seit ich zehn war immer abhauen. Die beste Fluchtmöglichkeit sah ich darin, als Taucher in den Westen zu schwimmen. In der DDR konnte man diesen Beruf allerdings nur ergreifen, wenn man bei der Armee war. Als Kampfschwimmer war ich schon mal ungeeignet, daher wurde ich den Marinetauchern zugeteilt.

Ricore: Und wie kam es dann zu ihrem Rauswurf?

Wilde: Also ich war in Stralsund stationiert und bin dann immer abends über den Zaun geklettert, um ihn die Disco zu gehen. Das ist dann aufgefallen (lacht). Später wurde ich dann noch von der Stasi verhört und musste auch noch in den Knast. Das ist aber eine längere Geschichte, die ich ein anderes Mal erzählen werde. Auf jeden Fall haben sie mich bei den Tauchern rausgeworfen.

Ricore: Außerdem haben Sie auch geboxt. Sind sie in diesem Sport noch aktiv?

Wilde: Also in Berlin bin ich bei einem altem Box-Verein angemeldet. Und da gibt es noch so einen alten Ost-Trainer, der begrüßt den Sport-Unterricht tatsächlich noch mit einem 'Sport Frei'. Das finde ich einfach sensationell (lacht). Ich gehe da aber auch nur so einmal im Monat hin.
Reiner Bajo/ZDF
Tim Wilde als Kommissar Seidel
Ricore: Ist Sport ein guter Ausgleich zur Schauspielerei?

Wilde: Ja, auf jeden Fall. In meinem Landhotel Huber am Starnberger See gehe ich jeden Morgen laufen oder springe ins Wasser. Das muss ich schon haben. Zuhause haue ich auch mal gegen den Boxsack, der im Wohnzimmer hängt. Eigentlich mache ich das eher wenn Besuch da ist, um zu zeigen, wie toll ich das kann (lacht). Und auch meinem Sohn bringe ich das Boxen ein bisschen bei.

Ricore: Hat Ihnen ihre Zeit bei der Armee eigentlich geholfen für entsprechende Rollen engagiert zu werden?

Wilde: Also ich drehe gerade den historischen Fernsehfilm "Reichstagsbrand" mit Jan Josef Liefers. Der war auch bei der Armee und wir haben uns darüber unterhalten, was aus dieser Zeit bei einem nachwirkt. Was ich seitdem nicht mehr rauskriege ist das hier (Tim Wilde steht auf und macht eine zackige Drehung). Also diese Drehung kriege ich nicht aus dem Kopf und Körper raus. So was hilft natürlich für die Rolle eines Soldaten, genau wie das Geradestehen. Man sieht dann auch immer, ob jemand bei der Armee war oder nicht. Generell ist es wichtig, dass man sich bei einer Rolle an den realen Figuren und Berufsfelder orientiert.

Ricore: Wo haben Sie das noch gemacht?

Wilde: Bei der Komödie "Blutzbrüdaz" habe ich ja einen Produzenten gespielt. Da habe ich den Rapper und Hauptdarsteller Sido gefragt, ob er mich zur Vorbereitung auf meine Rolle nicht mal einem Musikproduzenten vorstellen kann. Und da hat er mich gefragt, wie viel Ahnung ich denn von Musik hätte. 'Gar keine', habe ich geantwortet, woraufhin er gesagt hat: 'Das ist es. Das musst du behalten'. Dann habe ich das so gespielt und danach kamen wirklich ein paar Musiker aus Branche und haben mir mitgeteilt, dass ihr erster Produzent exakt wie ich in meiner Rolle gewesen wäre.

Ricore: Sie haben ja auch in Til Schweigers Thriller "Schutzengel" mitgespielt. Wie ist die Arbeit mit Til Schweiger?

Wilde: Sensationell. Also von einem Regisseur und Produzenten dieser Art müssten wir viel mehr haben. Dann müssten wir nicht mehr neidvoll nach Amerika rüberschauen. Mit Filmen wie "Knockin' on Heaven's Door" hat er in Deutschland wirklich Türen für gute Filme geöffnet. Außerdem sieht der Mann so granatengut aus. Am Set von "Schutzengel" habe ich gemerkt, dass Til Schweiger genau weiß was er will. Und ich glaube, der Film wird richtig gut funktionieren. Da geht es echt zur Sache. Es ist auf jeden Fall ein Männerfilm, aber er könnte Frauen aufgrund der interessanten Darsteller auch gefallen. Schweiger hat den Film übrigens den Soldaten in Afghanistan gezeigt und die waren wohl alle sehr berührt. Und Schweigers Tochter Luna hat eine unglaublich gute Leistung abgeliefert, wie überhaupt alle Darsteller des Films.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 8. Oktober 2012
Zum Thema
Tim Wilde wird in Stralsund in der Deutschen Demokratischen Republik geboren. Nach der Schule macht er zunächst eine Ausbildung zum Heizungsmonteur. Später versucht er sich als Marinetaucher, wird aber wegen diverser Vergehen aus der Volksmarine entlassen. Mitte der 1980er Jahre zieht Wilde nach Berlin, um sich mit verschiedenen Gelegenheitsjobs über Wasser zu halten. Seinen Traum im Westen zu leben erfüllt er sich, indem er über die Prager Botschaft der Bundesrepublik Deutschland nach..
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