Universal Pictures International
Jeremy Renner schick in Schwarz auf der Premiere von "Das Bourne Vermächtnis"
'Ich bin Überlebenskünstler'
Interview: Jeremy Renner liebt Herausforderungen
Er schafft einen der bemerkenswertesten Karrieresprünge Hollywoods. Lange lebt Jeremy Renner am Existenzminimum, hangelt sich von einem kleinen Auftritt zum anderen, aber der große Durchbruch will ihm nicht gelingen. Dann bietet ihm Kathryn Bigelow die Hauptrolle in "Tödliches Kommando" an. Das Anti-Kriegs-Drama beschert ihm nicht nur zahlreiche Preise, es macht ihn auch schlagartig bekannt. Es folgen Auftritte in Blockbustern wie "Mission: Impossible - Phantom Protokoll" und "Marvel's The Avengers (3D)". Nun ist er bei "Das Bourne Vermächtnis" auch noch in die Fußstapfen von Matt Damon getreten. Filmreporter.de hat sich mit dem 41-Jährigen darüber unterhalten und nachgefragt, wie er die Herausforderung gemeistert hat.
erschienen am 13. 09. 2012
Universal Pictures International
Jeremy Renner in "Das Bourne Vermächtnis"
Ricore: Wie groß sind die Fußstapfen an, in die Sie nach drei "Bourne"-Thrillern treten?

Jeremy Renner: Wir haben die vorausgegangenen Filme weniger als große Fußstapfen betrachtet, sondern als Ausgangspunkt, von dem aus wir neue Ansätze wagen konnten. Wir wollten mit neuen Farben auf eine neue weiße Leinwand malen. Wir hatten das große Glück, dass die drei vorausgegangenen Teile die Marschrute vorgaben und die Action sowie den Ton der Filmreihe bestimmten. Auf dieser Grundlage konnten wir uns kreativ austoben.

Ricore: Was war für Sie die größte Herausforderung in dem physisch sehr anspruchsvollen Action-Thriller? Jeremy

Renner: Sicherlich waren die Kampfszenen sehr anstrengend, haben aber auch am meisten Spaß gemacht. Auf jeden Fall haben sie die meiste Zeit beansprucht, weil ihre Umsetzung sehr schwierig ist. Kampfszenen im Film ist wie tanzen. Man ist nur so gut wie derjenige, mit dem man kämpft. Es war anstrengend, aber ich habe es sehr genossen.

Ricore: Stimmt es, dass Sie zur Vorbereitung fernöstliche Kampfsportarten trainiert haben?

Renner: Ja, wir haben verschiedene Kampfsportarten im Film angewandt. Eine war eine philippinische Stockkampf-Disziplin. Wir ließen die Stöcke weg und kämpften mit den Händen. Außerdem wandten wir die israelische Kampfsportart Krav Maga an. Es waren Disziplinen, die vor allem schnell und effizient aussehen sollten.

Ricore: Regisseur und Drehbuchautor Tony Gilroy sagte, dass er vor allem die Charaktere des Films herausarbeiten wollte. Wir schwierig war es für Sie als Schauspieler, einen runden Charakter innerhalb der Action- und Franchise-Erwartungen zu kreieren?

Renner: Der Film hat tatsächlich einige dramatische Szenen, die sehr wichtig für den Film sind. In einem Actionfilm sind sie umso wichtiger, weil man in diesem Genre nicht genug Zeit hat, um einen Zugang zu einer Figur zu finden. Sie durften also auf keinen Fall fehlen.

Ricore: Wo ziehen Sie für sich die Grenze zwischen den Stunts, die Sie selber machen und solchen, die zu gefährlich sind?

Renner: Ich treibe mich jeden Tag an, die Actionszenen selbst darzustellen. Andererseits habe ich viel zu viele Leute um mich herum, die nicht wollen, dass ich mir wehtue (lacht). Sie machen sich Sorgen um meine Sicherheit. Da kann die Trennlinie zwischen dem, was ich tun darf und nicht, sehr früh einsetzen. Bei "Bourne" fing das schon mit dem Regen in Manila an als ich mit dem Motorrad ohne Helm aber mit Rachel auf dem Hintersitz fahren musste. Das war zu gefährlich. Man hatte keine Angst, dass uns was passiert, wollte das Risiko aber nicht eingehen.
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Das Bourne Vermächtnis
Ricore: Wie waren die Dreharbeiten mit den Wölfen?

Renner: Die haben großen Spaß gemacht. Es sind sehr schöne Kreaturen, die andererseits aber auch sehr bösartig sein können. Wir hatten aber großartige Tiertrainer, denen wir vertrauen konnten. Außerdem hatten wir neben echten auch Hybridwölfe oder Hunde, die wie Wölfen aussahen. Es waren sehr schöne Drehabreiten vor einer großartigen Naturkulisse.

Ricore: Was haben Sie über Wölfe gelernt?

Renner: Sie können deine Freunde sein, wenn du einen Sack voll Fleisch hast (lacht).

Ricore: Der Film zeigt, wie Menschen vom Militär für deren Zwecke genetisch manipuliert werden. Wie nah ist das Szenario an der Wirklichkeit?

Renner: Das ist etwas, das noch auf uns zukommen wird. Da bin ich mir sicher. In bestimmten Formen tritt das ja schon heute auf. Ob genetisches Doping allerdings bereits angewandt wird, kann ich nicht sagen. Der Film erhebt aber nicht den Anspruch, authentisch zu sein, sondern plausibel. Das macht ihn so interessant. Er zeigt eine Wirklichkeit, die in einer Entwicklungslinie mit dem Steroiden-Doping in den 1980er Jahren steht. Überhaupt ist die Doping-Praxis im Profisport der Ausgangspunkt für die Hypothese des Films, wie genetisches Doping aussehen könnte. Das Ergebnis sind keine Superhelden, sondern Menschen, die etwas schneller denken und laufen können.

Ricore: "Das Bourne Vermächtnis" ist nicht nur ein Actionfilm mit ernstem Thema, er hat auch einige leichte Momente, in denen Sie auch mal lächeln. Man kann sich Jeremy Renner auch in einer romantischen Komödie vorstellen. Wäre das ein Genre für Sie?

Renner: (lacht) Nein, ich bin mir ziemlich sicher, dass ich in absehbarer Zeit keine romantische Komödie machen werde. Ich wähle meine Rollen aber nicht nach Genres aus. Ich suche vielmehr die schauspielerische Herausforderung.
Marvel. All Rights Reserved.
Jeremy Renner wird als Hawkeye zum Mitglied der Avengers
Ricore: Inwiefern unterscheiden sich Ihre Herangehensweisen an komödiantischen gegenüber ernsten Rollen?

Renner: Die Herangehensweise ist immer die Gleiche. Es geht immer um Wahrheit. Der Grund, wieso ich Hawkeye in "Marvel's The Avengers" spielen wollte, war die Tatsache, dass er ein menschliches Wesen ist. Er ist ein Mensch und kein Superheld. Ich weiß nicht, wie Chris Hemsworth es hingekriegt hat, Thor darzustellen. Ich würde mich totlachen, wenn ich die ganze Zeit einen Hammer hätte schwingen müssen. Chris machte das großartig. Es sieht bei ihm sehr glaubwürdig aus. Ich mochte Hawkeye lieber. Er ist ein einfacher Kerl, mit dem ich mich identifizieren konnte. Es geht mir in meinen Rollen um Wahrheit und Ehrlichkeit.

Ricore: Sie sind nicht nur ein erfolgreicher Schauspieler, sondern auch ein talentierter Musiker. Welche Rolle spielt die Musik in ihrem Leben?

Renner: Sie spielt eine sehr große Rolle. Ich mache bereits sehr lange Musik, sie ist für mich eine alte Geliebte. Musik ist für mich etwas Persönliches, aber ich möchte sie nicht kommerziell betreiben. Ich tue es einfach, auch wenn ich nur unter der Dusche singen müsste.

Ricore: Das heißt, Sie haben keine Absicht, öffentlich aufzutreten?

Renner: Das kommt schon manchmal vor. Letztes Wochenende habe ich etwa mit Freunden gespielt. Das hat Spaß gemacht. Aber ich habe keine Pläne, das professionell auszuüben.

Ricore: Vor "Tödliches Kommando" waren Sie an einem Tiefpunkt angelangt, Sie sollen sogar fast obdachlos gewesen sein. Kommt Ihnen das Leben nicht manchmal surreal vor, wenn Sie Ihre jetzige Situation mit Ihrer Vergangenheit vergleichen?

Renner: Ich bin ein Überlebenskünstler. Als Kind habe ich immer gearbeitet und das mache ich auch heute. Ich bin ein Arbeiter, ich mag es zu arbeiten und ich brauche die Arbeit. Das haben Männer im Blut, oder nicht? Sie müssen auf die Jagd gehen, während den Frauen mehr die Erziehung liegt. Das ist sehr weit hergeholt, ein Fünkchen Wahrheit liegt aber dennoch in dem Gedanken verborgen.
Paramount Pictures
Jeremy Renner in "Hänsel & Gretel: Hexenjäger"
Ricore: Wie hat sich Ihr Leben in den letzten drei, vier Jahren verändert?

Renner: Es gibt mehr Anzüge und mehr Krawatten. (lacht) Nein, ich habe viel mehr Arbeit. Sonst hat sich nicht viel geändert.

Ricore: ... und sie werden häufiger auf der Straße erkannt.

Renner: Ja, das stimmt. Das kommt noch hinzu. Das ist neu für mich und fühlt sich noch immer seltsam an. Trotzdem ist das einer der coolen Aspekte meiner Karriere. Wenn dir ein siebenjähriger Junge nachläuft und sagt, dass du doch der Mann aus "Avengers" seist - das ist großartig.

Ricore: Eines Ihrer nächsten Projekte ist "Hänsel & Gretel: Hexenjäger". Können Sie uns Näheres über den Film sagen?

Renner: Die Dreharbeiten sind bereits abgeschlossen. Sie fanden unter anderem hier in Berlin statt, Anfang Januar 2013 soll der Film in die US-Kinos kommen. Wir nahmen den Stoff der Gebrüder Grimm als Ausgangspunkt für eine Neuinterpretation, indem wir die Handlung 15 Jahre nach dem Ende des Original-Märchens ansetzten. Hänsel und Gretel verdienen ihr Geld damit, Jagd auf Hexen zu machen. Als ich das Drehbuch las, dachte ich: 'Was für eine großartige Idee, ich möchte unbedingt Teil davon sein'.

Ricore: Es wäre eine interessante Idee, für einen möglichen fünften Teil der "Bourne-Reihe" Jason Bourne und ihren Charakter Aaron Cross zu vereinen. Was halten Sie davon?

Renner: Das ist nicht meine Entscheidung, aber die Idee finde ich super. Das Schöne an "Das Bourne Vermächtnis" ist, dass er diesbezüglich recht offen bleibt. Es ist das schönste Kompliment, das die Macher des Films bekommen können, wenn die Zuschauer neugierig auf den nächsten Teil sind und die gleiche Frage stellen.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch
erschienen am 13. September 2012
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