2012 Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved.
Peter Sorg am Set von "Frankenweenie"
Animation in Schwarz-Weiß
Interview: Peter Sorg modelliert mit Licht
Herrlich verschroben ist Tim Burtons Schwarz-Weiß-Animationsabenteuer "Frankenweenie 3D". Für die stimmungsvollen Bilder der Horrorfilm-Hommage sorgt der deutsche Kameramann Peter Sorg. Im Interview mit Filmreporter.de spricht er über die Umsetzung des Animationsfilms und die Zusammenarbeit mit Regisseur Tim Burton. Zudem berichtet er, wie er in seiner Kindheit die Liebe zur Fotografie entdeckt hat.
erschienen am 25. 01. 2013
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Künstler unter sich: "Frankenweenie"-Regisseur Tim Burton und Kameramann Peter Sorg
Ricore: "Frankenweenie 3D" besitzt die für Tim Burton typische, schrullig-düstere Atmosphäre. Wie haben Sie sich diesem speziellen Stil angenähert?

Peter Sorg: Mir haben Tim Burtons Filme schon immer sehr gefallen. Einer meiner Lieblingsfilme ist "Ed Wood". Mit Filmen wie "Edward mit den Scherenhänden" und "Beetlejuice" bin ich quasi aufgewachsen. Was den visuellen Stil angeht, war ich ja bereits bei "Tim Burton's Corpse Bride - Hochzeit mit einer Leiche" dabei. Zudem hatte ich im Vorhinein ein paar Gespräche mit Tim Burton. Dabei hat er mit mir besprochen, wie er den Film sieht und dass die Kamera und das Licht die emotionale Seite des Films unterstreichen sollen. Daraufhin haben wir mit Animationsregisseur Trey Thomas einen Dreißig Sekunden-Test in Schwarz-Weiß gedreht. Die Aufnahmen haben Tim Burton sehr gefallen, so dass wir unseren Stil gefunden hatten.

Ricore: Wie umfangreich waren Burtons Anweisungen während der Realisierung des Films?

Sorg: Die Anweisungen hat er vor allem am Anfang bei unserem Gespräch gegeben. Zudem hatten wir den 1984er Kurzfilm als Leitfaden. Manche Einstellungen sind sehr ähnlich, obwohl der Kurzfilm Live-Action war und unser Film Stop-Motion ist. Der deutsche Expressionismus war auch eine Inspirationsquelle, der 1930er "Frankenstein", "Dracula" und "Der Wolfsmensch" sowie die alte Stummfilm-Version von "Faust". Mit der Kamera und dem Licht war Tim Burton immer sehr zufrieden und wenn er irgendwelche Kommentare hatte - was nicht sehr oft der Fall war - dann hat er sie direkt mitgeteilt. Insgesamt hat er mir sehr freie Hand gelassen. Tim Burton ist ein guter Regisseur, der seinen Leuten vertraut.

Ricore: Apropos Horror-Klassiker: Haben es heutige Horrorfilme schwerer, als Kunstwerke wahrgenommen zu werden, als die frühen Genre-Beiträge von Regisseuren wie Friedrich Wilhelm Murnau?

Sorg: Generell habe ich auch den Eindruck, dass das so ist. Filme wie "Nosferatu" von Murnau sind Klassiker und werden von Filmkennern und Filmschulen als künstlerische Darbietung gefeiert. Bei der breiteren Masse ist das vielleicht anders. Eigentlich sollte mich das aber nicht kümmern, denn Filme sind letztendlich dazu da, zu unterhalten, Gefühle zu wecken und möglicherweise zum Nachdenken anzuregen. Wie ein Horrorfilm oder speziell "Frankenweenie" wahrgenommen wird, hängt immer davon ab, wer es anschaut und wie derjenige es aufnimmt. Für mich ist es Kunst, vor allem bei einem Film wie "Frankenweenie", bei dem alles per Hand gemacht wird und viele Künstler gemeinsam etwas erschaffen. Für mich ist es eine gute Mischung aus Kunst und Handwerk.

Ricore: Welchen besonderen Herausforderungen muss man sich als Kameramann bei einem Animationsfilm im Gegensatz zu einem Realfilm stellen?

Sorg: Die Kameraarbeit ist nicht komplett anders, aber es gibt natürlich schon einige Unterschiede. Bei Stop-Motion liegt eine Herausforderung darin, dass alles sehr klein ist, so dass man alles auf einen kleineren Maßstab bringen muss. Dementsprechend muss man sich etwas einfallen lassen, um eine Szene so zu beleuchten, dass es wie bei einem großen Film aussieht. Zudem möchte man beim Drehen eines Stop-Motion-Films einen zweiten Take vermeiden, daher muss alles genau geplant sein. Eine große Herausforderung besteht auch darin, den einmal etablierten Look und die Atmosphäre in der gesamten Produktion beizubehalten, da es eineinhalb bis zwei Jahre dauert, bis man so einen Film fertig gedreht hat.

Ricore: Wie Sie eben erwähnt haben, wollte Tim Burton, dass die Kamera und das Licht die Emotionen widerspiegeln. Wie sind Sie dabei vorgegangen?

Sorg: Es ist schwer, in Worte zu fassen, wie man Emotionen anhand von Licht und Kameraführung ausdrückt. Es ist wichtig, was man zeigt. Doch oft ist es noch wichtiger, was man nicht zeigt, was im Schatten bleibt oder nur ein wenig aus den Schatten herausragt. Die Richtung des Lichts, der Kamerablickwinkel und natürlich die Wahl des Objektivs - das sind die Werkzeuge, die man als Kameramann hat, um Emotionen zu erzeugen. Das lernt man mit der Zeit.
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Peter Sorg und Tim Burton am Set von "Frankenweenie"
Ricore: Welche Rolle hat die Entscheidung in Schwarz-Weiß zu drehen in dieser Hinsicht gespielt?

Sorg: Bei Schwarz-Weiß konzentriert man sich mehr darauf, wie das Licht fällt und weniger auf die Farben. Man modelliert mehr mit dem Licht. Für mich ist das ein ganz anderes Empfinden, wie eine andere Welt, in die ich hineinschaue. Horror und Frankenstein assoziiere ich und vor allem Tim Burton mit Schwarz-Weiß.

Ricore: Im Kontrast zum klassischen Schwarz-Weiß steht der moderne Einsatz von 3D. Inwiefern hat der 3D-Effekt Ihre Herangehensweise beeinflusst?

Sorg: In 3D wurde erst hinterher konvertiert. Wir hatten nicht in 3D gefilmt, doch wir hatten es in Bezug auf die Komposition immer im Hinterkopf. Manche Einstellungen wirken in 3D besonders gut, das haben wir dementsprechend berücksichtigt. In technischer Hinsicht hatten wir Vordergrundobjekte, die näher an der Kamera sind. Die mussten wir separat filmen, vor einem Greenscreen. Dann mussten wir das Vorderteil wegnehmen und die Szene filmen. Als die Szene dann gefilmt war, mussten wir die Puppen rausnehmen und eine saubere Hintergrundplatte filmen. Das waren die technischen Aspekte, die für das 3D hilfreich sind. Beleuchtungstechnisch hatte ich immer im Kopf, dass ich mich nur auf das Wichtigste im Bild konzentrieren muss und es am Rand etwas dunkler lasse.

Ricore: Für die Fotografie soll Sie Ihr Vater bereits in jungen Jahren begeistert haben.

Sorg: Ja, ich bin damit aufgewachsen. Die Fotografie war ein Teil der Arbeit meines Vaters. Er hatte eine eigene Dunkelkammer und ich war von Anfang an immer dabei. Er hat hauptsächlich Schwarz-Weiß-Bilder gemacht. Vor allem sonntags haben wir dann die Bilder in seiner Dunkelkammer entwickelt. Das war natürlich sehr interessant, als ich fünf oder sechs Jahre alt war. Das ist irgendwie hängengeblieben. Wobei mich seine Fotografie nie so richtig berührt hat, bis auf die Porträts vielleicht. Hauptsächlich ging es mir darum, wie das Bild entsteht.

Ricore: Also die technische Komponente.

Sorg: So gesehen schon. Was das Künstlerische angeht, waren wir immer eher verschieden [lacht]. Was er fotografiert hat, hätte ich nicht unbedingt in der Art fotografiert.

Ricore: Wie kam es dazu, dass Sie über die Faszination am technischen Aspekt hinaus auch ein Interesse daran entwickelt haben, mit den Bildern Geschichten zu erzählen?

Sorg: Ich habe Fotografie studiert und bin dann im Kamera-Department gelandet, weil ich mit meiner Fotografie mehr als nur Standbilder machen wollte. Ich wollte Geschichten damit erzählen und habe im Kamera-Team gelernt, wie man das technisch und künstlerisch machen kann.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 25. Januar 2013
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