Ricore: "Frankenweenie 3D" besitzt die für Tim Burton typische, schrullig-düstere Atmosphäre. Wie haben Sie sich diesem speziellen Stil angenähert?
Peter Sorg: Mir haben Tim Burtons Filme schon immer sehr gefallen. Einer meiner Lieblingsfilme ist "
Ed Wood". Mit Filmen wie "
Edward mit den Scherenhänden" und "
Beetlejuice" bin ich quasi aufgewachsen. Was den visuellen Stil angeht, war ich ja bereits bei "
Tim Burton's Corpse Bride - Hochzeit mit einer Leiche" dabei. Zudem hatte ich im Vorhinein ein paar Gespräche mit Tim Burton. Dabei hat er mit mir besprochen, wie er den Film sieht und dass die Kamera und das Licht die emotionale Seite des Films unterstreichen sollen. Daraufhin haben wir mit Animationsregisseur Trey Thomas einen Dreißig Sekunden-Test in Schwarz-Weiß gedreht. Die Aufnahmen haben Tim Burton sehr gefallen, so dass wir unseren Stil gefunden hatten.
Ricore: Wie umfangreich waren Burtons Anweisungen während der Realisierung des Films?
Sorg: Die Anweisungen hat er vor allem am Anfang bei unserem Gespräch gegeben. Zudem hatten wir den 1984er Kurzfilm als Leitfaden. Manche Einstellungen sind sehr ähnlich, obwohl der Kurzfilm Live-Action war und unser Film Stop-Motion ist. Der deutsche Expressionismus war auch eine Inspirationsquelle, der 1930er "
Frankenstein", "
Dracula" und "
Der Wolfsmensch" sowie die alte Stummfilm-Version von "Faust". Mit der Kamera und dem Licht war Tim Burton immer sehr zufrieden und wenn er irgendwelche Kommentare hatte - was nicht sehr oft der Fall war - dann hat er sie direkt mitgeteilt. Insgesamt hat er mir sehr freie Hand gelassen. Tim Burton ist ein guter Regisseur, der seinen Leuten vertraut.
Ricore: Apropos Horror-Klassiker: Haben es heutige Horrorfilme schwerer, als Kunstwerke wahrgenommen zu werden, als die frühen Genre-Beiträge von Regisseuren wie Friedrich Wilhelm Murnau?
Sorg: Generell habe ich auch den Eindruck, dass das so ist. Filme wie "
Nosferatu" von Murnau sind Klassiker und werden von Filmkennern und Filmschulen als künstlerische Darbietung gefeiert. Bei der breiteren Masse ist das vielleicht anders. Eigentlich sollte mich das aber nicht kümmern, denn Filme sind letztendlich dazu da, zu unterhalten, Gefühle zu wecken und möglicherweise zum Nachdenken anzuregen. Wie ein Horrorfilm oder speziell "Frankenweenie" wahrgenommen wird, hängt immer davon ab, wer es anschaut und wie derjenige es aufnimmt. Für mich ist es Kunst, vor allem bei einem Film wie "Frankenweenie", bei dem alles per Hand gemacht wird und viele Künstler gemeinsam etwas erschaffen. Für mich ist es eine gute Mischung aus Kunst und Handwerk.
Ricore: Welchen besonderen Herausforderungen muss man sich als Kameramann bei einem Animationsfilm im Gegensatz zu einem Realfilm stellen?
Sorg: Die Kameraarbeit ist nicht komplett anders, aber es gibt natürlich schon einige Unterschiede. Bei Stop-Motion liegt eine Herausforderung darin, dass alles sehr klein ist, so dass man alles auf einen kleineren Maßstab bringen muss. Dementsprechend muss man sich etwas einfallen lassen, um eine Szene so zu beleuchten, dass es wie bei einem großen Film aussieht. Zudem möchte man beim Drehen eines Stop-Motion-Films einen zweiten Take vermeiden, daher muss alles genau geplant sein. Eine große Herausforderung besteht auch darin, den einmal etablierten Look und die Atmosphäre in der gesamten Produktion beizubehalten, da es eineinhalb bis zwei Jahre dauert, bis man so einen Film fertig gedreht hat.
Ricore: Wie Sie eben erwähnt haben, wollte Tim Burton, dass die Kamera und das Licht die Emotionen widerspiegeln. Wie sind Sie dabei vorgegangen?
Sorg: Es ist schwer, in Worte zu fassen, wie man Emotionen anhand von Licht und Kameraführung ausdrückt. Es ist wichtig, was man zeigt. Doch oft ist es noch wichtiger, was man nicht zeigt, was im Schatten bleibt oder nur ein wenig aus den Schatten herausragt. Die Richtung des Lichts, der Kamerablickwinkel und natürlich die Wahl des Objektivs - das sind die Werkzeuge, die man als Kameramann hat, um Emotionen zu erzeugen. Das lernt man mit der Zeit.