Stefan Huhn/Ricore Text
James Franco auf dem Roten Teppich vor dem Gasteig in München
Schmaler Grat
Interview: James Franco bleibt sich treu
Wie nur wenige Hollywood-Schauspieler schafft James Franco den Spagat zwischen aufwendigen Blockbustern und kleinen Independent-Filmen. Sein Repertoire reicht von "Spider-Man" bis hin zu ambitionierten Werken wie "Howl - Das Geheul". Nun ist Franco mit "Die Fantastische Welt von Oz 3D" in einer der teuersten Produktionen aller Zeiten im Kino zu sehen. Filmreporter.de hat sich mit dem 34-Jährigen im Rahmen der 2013er 63. Berlinale über die Märchenadaption unterhalten. Dabei hat er uns unter anderem verraten, was für ihn die Magie des Kinos ausmacht.
erschienen am 8. 03. 2013
Walt Disney
James Franco gibt sich als Zauberer aus...
Ricore: Wie gefällt es Ihnen in Berlin?

James Franco: Sehr gut. Es ist schön, hier zu sein. Ich liebe Berlin.

Ricore: Nehmen Sie sich während der Berlinale Zeit für die Stadt?

Franco: Ich bin schon oft in Berlin gewesen. Dieses Mal hatte ich noch keine Zeit für die Stadt, weil ich erst heute Morgen angekommen bin und noch einiges in der Galerie zu erledigen hatte.

Ricore Text: Was meinen Sie damit?

Franco: Es wird morgen eine Kunstausstellung geben, auf der einige meiner Projekte zu sehen sind: Gemälde, Video-Installationen und Fotografien. Das sind Arbeiten, die in den letzten anderthalb Jahren entstanden sind.

Ricore: Wie schaffen Sie den Spagat zwischen solchen Kunstprojekten und großen Blockbustern wie "Die Fantastische Welt von Oz 3D".

Franco: Als Schauspieler bin ich immer dann am besten, wenn ich entspannt bin. Entspannung finde ich, wenn ich neben der Schauspielerei auch andere Sachen machen kann wie malen, lesen und ähnliches. Wenn ich am Set eines Films bin, miete ich mir für gewöhnlich zwei Hotelzimmer, eines zum Schlafen, das andere zum Malen. Wenn ich schauspiele, dann habe ich noch immer genug Energie, um mich anderen Dingen zu widmen. Etwas anderes ist es, wenn ich Regie führe. Dann konzentriere ich mich ganz auf das Projekt.

Ricore: Gibt es bei ihrer Vielseitigkeit etwas, das Sie am liebsten oder am besten tun?

Franco: Mit macht es großen Spaß, vieles auf einmal zu machen. Mich interessiert, wie die verschiedenen Bereiche miteinander interagieren. Die Disziplin, die mir jedoch am meisten Freude macht, ist Regie zu führen. Hier hat man viele Menschen um sich, Menschen, die man liebt, die kreativ sind und mit denen man gerne zusammenarbeitet. Außerdem mache ich als Regisseur nur Filme, deren Themen mich interessieren. Daher ist das Regieführen meine liebste Beschäftigung.
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James Franco gibt sich als Zauberer aus...
Ricore: Dass Sie den Beruf des Regisseurs nur aus Spaß machen, wie in den Medien zu lesen war, stimmt also nicht.

Franco: Nein, das ist keinesfalls eine launische Beschäftigung. Ich führe Regie nicht aus Spaß, mir macht diese Arbeit einfach am meisten Spaß. Das ist ein Unterschied. Am meisten liebe ich den Akt des Filmemachens. Man ist von Freunden umgeben und hat eine gemeinsame Mission, geht gemeinsam Probleme an. Das gefällt mir sehr.

Ricore: Wie schwer fällt es Ihnen, zwischen den unterschiedlichen Disziplinen zu wechseln?

Franco: Das fällt mir nicht besonders schwer. Als ich nach etwa acht Jahren Schauspielerei an die Universität ging, um Englisch und Kunst zu studieren, hatte ich das Gefühl, meine Identität als Schauspieler aus meiner künstlerischen Tätigkeit heraushalten zu müssen. Ich dachte, wenn ich diese zwei Welten mische, werden die Leute meine Kunst so betrachten, wie sie meine Filme betrachten. Ich hatte Angst, dass sie mich als Künstler nicht ernst nehmen würden. Im Laufe der Zeit habe ich aber erkannt, dass ich die größte Energie dadurch erzeugen kann, indem ich alle Seiten meiner Persönlichkeit zusammentue. Ich mag es, wenn die unterschiedlichen Bereiche sich überlappen.

Ricore: Wurden Sie von Regisseur Sam Raimi aufgrund Ihrer Regie-Erfahrung anders behandelt als andere Schauspieler?

Franco: Ich denke schon und zwar in dem Sinne, als wir ein tolles Verhältnis zueinander haben. "Die Fantastische Welt von Oz" ist bereits unser vierter gemeinsamer Film. Die Arbeit mit Sam ist tatsächlich eine Zusammenarbeit. Sicher arbeitet er auch mit anderen Schauspielern eng zusammen. Dennoch habe ich das Gefühl, dass er mich mehr als andere am Arbeitsprozess teilhaben lässt. Er räumt mir Mitspracherecht ein und das liegt sicher daran, dass ich auch Regie führe. Wir reden sehr viel über Filme, und das nicht nur in einem Regisseur-Schauspieler-Verhältnis, sondern als zwei Regisseure.

Ricore: Mit Raimi haben Sie mit der "Spider-Man"-Trilogie eines der erfolgreichsten Filmreihen der letzten Jahre gedreht. Was halten Sie von der sich immer stärker ausprägenden Hollywood-Strategie, auf Fortsetzungen zu setzen, anstatt neue Projekte zu riskieren?

Franco: Wenn man eine Welt mit funktionierenden Charakteren geschaffen hat, dann ist es keine Schande, das weiterzuentwickeln. Fortsetzungen sind immer dann nervend, wenn man das Gleiche tut wie in der vorausgehenden Episode, einfach nur etwas größer. Es ist dann offensichtlich, dass sie nur wegen des Geldes entstanden sind. Grundsätzlich sind Fortsetzungen aber kein Verbrechen. Wir können uns darüber beschweren, dass die großen Studios auf Nummer sicher gehen wollen. Anderseits sollte man ihnen das nicht übel nehmen. Das Filmgeschäft wird nicht umsonst als Filmgeschäft bezeichnet. Es steckt eine Menge Geld darin.

Ricore: Ein Großteil des Geldes wird bei aufwendigen Filmen heutzutage in die Computer-Effekte gesteckt. Bei "Die Fantastische Welt von Oz" mussten Sie bestimmt sehr oft vor der Green Screen agieren.

Franco: Eigentlich nicht. Die Arbeit war eine Kombination aus realen Sets und Green Screens. Einerseits hatten die Schauspieler echte Kulissen, in denen sie agieren konnten. Andererseits gab es im Hintergrund Green Screens, auf denen die Leute von der Abteilung für Digital-Effekte die fantastische Welt projizieren konnten. Im Ergebnis ist die Interaktion der Schauspieler mit den digital erzeugten Figuren sehr authentisch ausgefallen.
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Mila Kunis mit James Franco in "Die Fantastische Welt von Oz"
Ricore: Wie ist ihr Verhältnis zu Märchen?

Franco: Als ich klein war, machten sie einen großen Teil meines Lebens aus. Ich las alle "Oz"-Bücher und natürlich J.R.R. Tolkien. Ich liebte Fantasy-Geschichten. Es ist verrückt als Erwachsener nun die Welt zu bewohnen, in die man sich als kleiner Junge hineingeträumt hatte. Ähnlich war das mit Allen Ginsberg. Ich las ihn in der Oberschule und bewunderte ihn sehr. Plötzlich hatte ich die Möglichkeit, ihn zu spielen - wow. Genau wie James Dean, den ich auch sehr bewundere. Es ist etwas Besonders, in etwas einzutreten, wovon man als kleiner Junge geträumt hat.

Ricore: Auch weil man die Möglichkeit hat, tiefer in das Thema oder die Persönlichkeitsstruktur einzudringen.

Franco: Mit gefällt die Vorstellung, beim Schauspielen bzw. beim Schaffen etwas zu lernen. Ich gebe zum Beispiel ein Seminar für kreatives Schreiben. Darin können die Studenten ihre eigenen Texte oder Drehbücher präsentieren. Wäre es ein konventionelles Seminar, würden die Studenten ein Buch lesen und daraufhin Aufsätze darüber schreiben. Bei mir adaptieren sie eine Vorlage zu einem Drehbuch und lesen es der Klasse vor. Auf diese Weise kann man das Buch, die Charaktere und die Sichtweise des Autors besser verstehen. Es ist eine Erkenntnis durch den Akt der Schöpfung.

Ricore: Wie viel Magie steckt für Sie noch im Kino?

Franco: Für mich ist es keine Magie, im Dunkeln eines Kinosaals zu sitzen. Es ist vielmehr frustrierend. Ich hasse es, außenvor gelassen zu werden. Ich hatte lange das Gefühl, dass Regisseure ein Geheimnis aus dem Filmemachen machen und diese vor anderen Menschen verstecken. Das nervte mich. Ich wollte mitten drin im Geschehen sein. Die Magie des Kinos liegt für mich darin, Neues auszuprobieren, Themen anzusprechen, die noch niemand zuvor angesprochen hat.

Ricore: Wie wichtig ist für Sie der kommerzielle Erfolg eines Films?

Franco: Jemand hat mir mal gesagt, dass es in meiner Karriere einen Bereich geben sollte, der heilig ist. Das ist für mich das Filmemachen. Ich kann durchaus kommerzielle Projekte machen, mit denen ich erfolgreich bin und für die ich gut bezahlt werde. Wenn ich aber Regie führe, dann mache ich das nicht für jemand anders. In dieser Funktion wähle ich ausschließlich Projekte, die zwar nicht besonders kommerziell sind, die mir aber am Herzen liegen. Erfolg wird für mich nicht dadurch definiert, dass ich eine Menge Geld verdiene, sondern dass ich aufrichtig gegenüber dem Stoff bin.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch
erschienen am 8. März 2013
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James Franco wird am 19. April 1978 im kalifornischen Palo Alto geboren. Sein Literaturstudium an der University of California unterbricht er für eine achtjährige Schauspielausbildung. Später kehrt er an die Universität zurück und holt seinen Abschluss nach. Nach der kurzlebigen Serie "Voll daneben voll im Leben" macht er 2001 mit dem Fernsehfilm "James Dean - Ein Leben auf der Überholspur" auf sich aufmerksam. Für die Rolle der titelgebenden Schauspiellegende wird Franco 2002 mit dem..
2024