Concorde Film
Jesse Eisenberg beim Photocall zu "Die Unfassbaren - Now You See Me"
Interview: Jesse Eisenberg: "Die Unfassbaren - Now You See Me"
Jesse Eisenberg spielt gerne Figuren, die arrogant und unnahbar sind. Dass er im wahren Leben ganz anders sei, nämlich schüchtern und introvertiert, verriet der Schauspieler Filmreporter.de beim Gespräch zu "Die Unfassbaren - Now You See Me". Schauspielerei habe für ihn therapeutische Funktion. Im Film dürfe er sein, was er im wahren Leben nicht sei. In dem Thriller "Die Unfassbaren" ist Jesse Eisenberg ein Magier, der nicht nur die Zuschauer manipuliert, sondern auch die Polizei an der Nase herumführt.
erschienen am 14. 07. 2013
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Magisch: Jesse Eisenberg in "Die Unfassbaren - Now You See Me"
Gefährliche Zauberer?
Ricore Text: Sind Magier gefährliche Menschen?

Jesse Eisenberg: An sich sind Magier nicht gefährlich. Da sie aber Gedanken manipulieren können, haben sie das Potenzial, etwas Gefährliches tun. Als Schauspieler denke ich viel darüber nach. Neben Filmen spiele ich auch am New Yorker Theater. Wenn ich auf die Bühne gehe, wissen die Zuschauer, dass ich ein Schauspieler in einem ausgedachten Stück bin. Wenn aber ein Magier auf die Bühne geht, behauptet er, dass alles was er tut real ist, obwohl es das natürlich nicht ist. Das ist das Gefährliche. Die Beziehung zwischen Schauspieler und Publikum ist ehrlicher als die zwischen Magier und Publikum. Doch alle Magier, die ich kenne, sind sehr nette Leute.

Ricore: Für "Die Unfassbaren - Now You See Me" haben sie einige Kartentricks gelernt. Denken Sie, dass es Ähnlichkeiten zwischen dem Beruf eines Magiers und dem eines Schauspielers gibt?

Eisenberg: Ja, da gibt es einige Parallelen. In beiden Berufen muss man sein Publikum beeinflussen können. Vor kurzem habe ich mit Vanessa Redgrave am Theater gearbeitet. Vanessa ist eine Schauspielerin, die ihre Zuschauer in der Hand hat. Wenn das Publikum z.B. lacht, genügte schon ein Fingerschnippen von Vanessa, um sie verstummen zu lassen. Das ist auch die Aufgabe eines Magiers. Sie müssen in das Bewusstsein jedes Einzelnen dringen können. Wenn sie eine Person ansehen, müssen sie sicher sein, dass Augenkontakt besteht und die Person nicht mitbekommt, was er mit seinen Händen macht.

Ricore: Denken Sie denn an das Publikum, wenn Sie einem Film drehen?

Eisenberg: In einem Film mitzuspielen ist natürlich etwas anderes als auf der Bühne zu stehen. Filme können nachbearbeitet werden. Man hat Kontrolle darüber, wie man dem Zuschauer etwas präsentiert.

Ricore: Inwiefern unterscheidet sich die Schauspielerei in einem Film von der auf der Bühne?

Eisenberg: Wenn man auf der Bühne steht, hat man nur eine Chance, das Publikum zu überzeugen. Das erhöht den Druck enorm. Beim Film kann man verpatze Szenen noch einmal drehen oder später retuschieren.

Ricore: Sie haben für "Die Unfassbaren" eine Menge Zaubertricks gelernt. Geben sie manchmal Vorstellungen für Familie oder Freunde?

Eisenberg: Ich habe leider nicht genug Tricks gelernt, um eine ganze Show aufzuführen. Wenn ich eine Zaubershow veranstalten würde, wäre sie gerade mal 50 Sekunden lang. Ich wünschte, ich könnte genug Tricks, um eine ganze Vorstellung aufzuführen. Doch leider habe ich nicht genug Zeit dafür. Ich hatte nur ein paar Monate Zeit, um Tricks zu lernen, für die man sonst 25 Jahre benötigt.

Ricore: Hat Zauberei für Sie etwas an Magie verloren, seitdem Sie für "Die Unfassbaren" hinter ihre Kulissen sehen konnten?

Eisenberg: Nein gar nicht. Im Gegenteil, ich habe heute einen noch größeren Respekt vor der Zauberei. Die Kunst liegt nicht darin, dass man weiß, wie die Tricks funktionieren, sondern darin, sie aufzuführen. Da ich nun weiß, wie schwer es ist, die Tricks wirklich zu beherrschen, beeindrucken sie mich nur umso mehr. Es ist, als ob man den ganzen Tag Basketball spielen würde und dann abends im Fernsehen professionelle Basketballspieler sieht. Man denkt sich 'Wow, die sind toll. Das ist es, was ich den ganzen Tag versucht habe zu erreichen'. Wenn man aber keine Ahnung von Basketball hat und sich ein Profispiel ansieht, versteht man nicht, welche Kunst und was für ein hartes Training dahinter steckt. Durch das Versuchen und das Scheitern habe ich verstanden, wie schwer Zaubern ist.

Ricore: Viele Kinder träumen davon, zaubern zu können. Hatten Sie als Kind auch diesen Traum?

Eisenberg: Nein nicht wirklich! Mein Traum war es schon immer, auf der Bühne zu stehen, zu schauspielern und in Musicals aufzutreten.
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Jesse Eisenberg beim Photocall zu "Die Unfassbaren - Now You See Me"
Jesse Eisenbergs Magie
Ricore: Gibt es für Sie immer noch eine Filmmagie oder sind Sie schon zulange im Filmbusiness?

Eisenberg: Wenn ich Filme mache, denke ich nicht über die technischen Dinge nach. Ich konzentriere mich auf meinen Charakter. In "Die Unfassbaren" war es seltsam, da die Magie eine so große Rolle spielt. Wir hatten Angst, dass die Magie der Zaubershows zum Beispiel durch spektakulären Actionszenen und Explosionen verloren gehen könnte. Darum haben wir größtenteils auf Computereffekte verzichtet. Die meisten Szenen wurden klassisch gedreht. Es wäre schneller und einfacher gewesen Green Screens zu verwenden. Wir haben aber darauf verzichtet, weil es ohne authentischer wirkt.

Ricore: Ihr Charakter Atlas ist sehr arrogant. In der Vergangenheit haben Sie bereits öfters solche Charaktere verkörpert. Ist das Zufall oder gibt es einen Grund dafür?

Eisenberg: Ich mag es, arrogante Personen zu spielen, da ich privat viel schüchterner und in mich gekehrter bin. Normalerweise habe ich nicht die Gelegenheit, Leute anzuschreien. Durch diese Rollen kann ich meine Gefühle ausdrücken. Es ist sehr befreiend.

Ricore: Sehen Sie die Schauspielerei als Therapie?

Eisenberg: Ja, ich mag den Gedanken von Schauspielerei als Therapie. Früher in der Schule war ich oft traurig und weinte fast jeden Tag. Das kam natürlich nicht sehr gut an. Wenn man als Schauspieler eine traurige Rolle spielt, ist es sogar erforderlich, dass man Gefühle zeigt. Ich habe also den passenden Beruf für mich gefunden.

Ricore: Ist das auch der Grund warum sie zum Schauspielen gekommen sind? Haben Sie nach einer Möglichkeit gesucht, um mit ihren Gefühlen umzugehen?

Eisenberg: Genau! Ich wollte etwas tun können, um all meine Gefühle auszudrücken. Als ich mit der Schauspielerei anfing merkte ich, wie die Gefühle in der Schule immer weniger wurden. Es war sehr erleichternd für mich.

Ricore: "Die Unfassbaren" ist Ihr erster Actionfilm. Wie hat es Ihnen gefallen?

Eisenberg: Es macht Spaß. Es ist einfach Szenen zu drehen, in denen man nur herumrennen muss. Außerdem werden sie oft mit Stuntdoubeln gedreht. Die wirklich schwierigen Szenen sind die Emotionalen.

Ricore: Können Sie sich vorstellen, einen weiteren Actionfilm zu drehen?

Eisenberg: Ich weiß nicht genau. Es ist sicher angenehm, einen Film zu drehen, in dem mein Charakter nicht gequält wird und traurig ist. Außerdem macht es mich glücklich, zu rennen und über Mauern springen zu dürfen.

Ricore: Wie war die Zusammenarbeit mit Regisseur Louis Leterrier, der ein Experte für Actionfilme ist?

Eisenberg: Er ist großartig. Er ist nicht nur ein Experte für Actionfilme, sondern bemüht sich auch sehr um die Schauspieler. Ich musste in "Die Unfassbaren" also nicht nur umher rennen und über Dinge springen, sondern rennen und dann auf einer Mauer stehen und dem FBI zulächeln, weil ich sie ausgetrickst habe. Der Schwerpunkt des Films liegt den Charakteren und nicht auf den Actionsequenzen.
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Jesse Eisenberg, Isla Fisher, Woody Harrelson und Dave Franco sind die "Die Unfassbaren - Now You See Me"
Vanessa Redgrave ändert Text nicht
Ricore: Wie war es, wieder mit Woody Harrelson zusammenzuarbeiten? Ist es einfacher, wenn man sich bereits kennt?

Eisenberg: Ja, ich liebe seine Art zu arbeiten. Er ist ein lustiger Mensch und nimmt seinen Beruf sehr ernst. Er hat Millionen Ideen, wie man eine Szene drehen könnte. Außerdem ist er sehr intelligent. Es arbeitet hart daran, diese gleichgültige Haltung seiner Charaktere auf den Punkt zu bringen.

Ricore: Ist er auch im echten Leben ein lässiger Mensch?

Eisenberg: Nein, gar nicht! Er ist sehr intensiv und gefühlstief. Natürlich spielt er meistens eher lässige Charaktere, aber genauso oft stellt er auch intensive, ja Furcht einflößende Personen da.

Ricore: Neben Harrelson spielen Sie In "Die Unfassbaren" mit Schauspielgrößen wie Morgan Freeman und Michael Caine zusammen. Konnten Sie etwas von ihnen lernen?

Eisenberg: Ich habe definitiv viel von ihnen gelernt. Mit Vanessa Redgrave habe ich fünf Monate zusammen am Theater gespielt. Einmal habe ich sie gefragt, ob sie mir Tipps geben kann. Sie hätte mir sich viel erzählen können, aber das tat sie nicht. Schauspieler geben einander keine Verbesserungsvorschläge und das ist auch gut so. Ein anderes Mal habe ich Vanessa gefragt, ob sie mir bei einem Satz, der mir schwer viel, helfen könne und sie meinte: 'Vielleicht kannst du es auf diese Weise versuchen! '. Daraufhin habe ich den Satz so aufgeführt, wie sie es vorgeschlagen hatte, und es war das erste Mal, dass es funktionierte. Am meisten lernt man, wenn man mit Leuten zusammen arbeitet, die mehr Erfahrung haben.

Ricore: Einfach indem man sie beobachtet?

Eisenberg: Ja, einfach indem man ihnen zusieht. Ich habe außerdem gelernt, dass die wirklich guten Leute härter arbeiten als die anderen. Vanessa war jeden Tag um drei Uhr im Theater, obwohl die Vorstellung erst um acht Uhr anfing. Selbst nach vier Monaten ging sie sich immer noch jeden Tag ihren Text durch. Es ist also nicht so, dass man weniger hart arbeiten muss, wenn man gut ist. Ganz im Gegenteil.

Ricore: Und wie hoch ist der Anteil an Begabung in der Schauspielerei?

Eisenberg: Harte Arbeit spielt natürlich eine große Rolle. Mein Theaterstück, das vor kurzem aufgeführt wurde, schrieb ich vor sechs Jahren. Also kannte ich die Charaktere sehr gut, auch Vanessas Rolle. Als ich sah, wie sie die Figur interpretiert, wie hart sie daran arbeitet und so der Rolle leben einflößt, war ich beeindruckt. Menschen, die nicht aus der Schauspielbranche kommen, können schwer nachvollziehen, wie viel Arbeit hinter eine Rolle steckt. In der Schauspielschule gab es Leute, die wahnsinnig talentiert waren, aber keine Disziplin hatten. Ihr Schauspiel hat genauso wenig funktioniert wie das derjenigen, die sich total reinhängten, aber einfach kein Talent hatten. Um ein guter Schauspieler zu sein musst du das Glück haben, beides zu besitzen: Disziplin und Talent.

Ricore: Sie haben gerade von dem Theaterstück gesprochen, dass Sie geschrieben haben. Werden Sie in Zukunft auch Drehbücher schreiben oder sind sie als Autor mehr an Theaterstücken interessiert?

Eisenberg: Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem Verfassen von Theaterstücken und Drehbüchern. Meiner Erfahrung nach werden Theater-Manuskripte mit mehr Ernst behandelt. Als ich jünger war, schrieb ich auch Drehbücher. Doch die Zusammenarbeit mit Produktionsunternehmen war einfach furchtbar. Sie wollten, dass ich alles ändere, und zwar ohne Grund. Daraufhin hab ich angefangen, Theaterstücke zu schreiben. Als ich die Theater-Produzenten traf, fragte ich sie, ob sie etwas ändern wollten. Sie fragten nur 'Was wollen Sie denn ändern?' Ich sagte 'Nichts natürlich.' Und sie meinten: 'Perfekt!' Im Gegensatz zu Drehbüchern werden Theaterstücke als Vision des Autors wahrgenommen. Nicht einmal Vanessa Redgrave, die die beste Schauspielerin der Welt ist, wollte etwas an ihrem Text verändern.

Ricore: Sie verfassen die Stücke selbst und haben dadurch einen großen Einfluss auf die Besetzung. Haben Sie vor, für sich beim nächsten Mal eine größere Rolle zu schreiben?

Eisenberg: Ganz im Gegenteil, ich werde Stücke schreiben, in denen ich keine oder nur sehr kleine Rollen spielen werde. Es ist sehr anstrengend, jeden Abend in seinem eigenen Stück aufzutreten. Mein nächstes Theaterstück handelt von zwei Frauen. Eine von ihnen hat einen Freund, der nur selten einen Auftritt hat und wenn, dann ständig Witze reißt. Vielleicht werde ich mich in dieser kleinen Rolle besetzen.

Ricore: Sie werden dieses Jahr 30. Viele Leute denken, mit 30 sollte man heiraten und Kinder bekommen. Wie sehen Sie diesem Alter entgegen?

Eisenberg: Ich denke, 30 sein ist cool. Ich hab kein Problem damit, es gibt genug andere Leute, die sich deswegen Druck machen.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 14. Juli 2013
Zum Thema
Jesse Eisenberg hat jüdisch-ukrainisch-polnische Wurzel. Er wird am 5 Oktober 1983 im New Yorker Stadtteil Queens geboren. Seine Mutter arbeitet als Clown, sein Vater ist Professor. Eisenberg hat zwei Schwestern, Hallie Kate und Kerri Eisenberg. Zur Schule geht er in einem Vorort der Millionenmetropole. Sex für Anfänger" sein Spielfilmdebüt. Adventureland" und "Hunting Party - Wenn der Jäger zum Gejagten wird". 2010 wird das Biopic über Mark Zuckerberg "The Social Network" zum Kassenerfolg...
In Louis Leterriers "Die Unfassbaren - Now You See Me" begeistern die Zauberkünstler Michael Atlas (Jesse Eisenberg), Henley (Isla Fisher), Jack (Dave Franco) und Merritt Osbourne (Woody Harrelson) das Publikum von Las Vegas. Sie rauben eine Bank am anderen Ende der Welt aus, ohne den Raum zu verlassen. Dies macht den FBI-Agenten Dylan (Mark Ruffalo) und die Interpol-Beamtin Alma (Mélanie Laurent) auf den Fall aufmerksam. Doch sie misstrauen einander und verstricken sich immer tiefer in den..
2024