Stefan Huhn/Ricore Text
Elyas M'Barek auf der Premiere von "Türkisch für Anfänger" in München
Rüpel wird Erfolgsgarant
Interview: Elyas M'Barek kriegt die Kurve
Nach dem Erfolg von "Türkisch für Anfänger" haben Regisseur Bora Dagtekin und Hauptdarsteller Elyas M'Barek mit "Fack ju Göhte" wieder die deutschen Kinogänger im Visier. M'Barek verkörpert in der Komödie einen entlassenen Häftling, der in einer Gesamtschule seine Beute ausgraben will. Zur Tarnung heuert er als Aushilfslehrer an. Im Interview mit Filmreporter.de spricht der 31-Jährige über seine Erfahrung mit Schulen, seine Aktivitäten auf Facebook und verrät, ob es ihn nach Hollywood zieht.
erschienen am 5. 11. 2013
Constantin Film
Elyas M'Barek in "Fack ju Göhte"
Durchwachsene Schulzeit, Herr M'Barek?
Ricore Text: Herr M'Barek, wie sind Ihre Erinnerungen an die Schule?

Elyas M'Barek: Meine Schulzeit war sehr durchwachsen. Ich bin mehrmals sitzengeblieben und musste öfters die Schule wechseln. Ich hatte in der Pubertät einfach keine Lust auf Schule. Ich war ein Verweigerer. Irgendwann hat sich das geändert. Ich verspürte einen richtigen Motivationsschub und war bald sogar Klassenbester. Insofern war ich in der Schule alles, vom Versager bis hin zum Streber. In diesem Sinne sind meine Erinnerungen an die Schule durchaus positiv.

Ricore: Woher kam der Motivationsschub?

M'Barek: Ich dachte mir: Wenn ich die letzte Ausfahrt nicht nehme, dann lande ich irgendwann unter der Brücke. Genau wie mir das einige Menschen prophezeit hatten. Und so setzte ich mich hin und lernte sogar Mathematik schätzen.

Ricore: Sie spielen in "Fack ju Göhte" einen vermeintlichen Lehrer, der verhaltensauffällige Schüler in den Griff kriegen muss. Hat es in Ihrer Schulzeit Lehrer gegeben, die sie in positiver oder negativer Hinsicht geprägt haben?

M'Barek: Ich hatte durchweg tolle Lehrer. Erst gestern habe ich eine E-Mail von meinem alten Deutschlehrer bekommen. Er schrieb, dass er meine Karriere verfolgt und sich auf meinen neuen Film freue. Er sei sehr stolz, dass ich zum ersten Mal einen Lehrer spiele. Er wird sich wundern, wenn er den Film sieht (lacht). Jedenfalls freute ich mich sehr über seine E-Mail. Ich habe ihn in sehr guter Erinnerung behalten.

Ricore: Das heißt, Sie spielten den Lehrern früher keine Streiche?

M'Barek: Nein, gar nicht. Ich fand Streiche immer sehr uncool. Den einzigen Streich, den ich spielte, war das Schwänzen. Und selbst das hielt sich in Grenzen. Wenn ich schwänzte, wusste ich nie, was ich mit mir anfangen sollte. Mir war total langweilig. Da hocke ich mich lieber in der Schule hin und schlief.

Ricore: Wie sah Ihre Verweisakte aus?

M'Barek: Es gab sehr viele Verweise. So viele, dass sich meine Eltern daran gewöhnten und ich dafür irgendwann keinen Ärger mehr bekam. Der erste Verweis war schlimm, beim fünften dachten meine Eltern wohl, da ist Hopfen und Malz eh verloren.

Ricore: Was waren die Gründe für die Verweise?

M'Barek: Meistens war ich zu vorlaut. Ich wollte immer das letzte Wort haben (lacht).
Constantin Film
Elyas M'Barek in "Fack ju Göhte"
Kreative Zusammenarbeit mit Bora Dagtekin
Ricore: Wie haben Sie sich auf "Fack ju Göhte" vorbereitet?

M'Barek: Ich war insofern von Anfang in die Drehbucharbeit eingebunden, als ich von meinem guten Freund Bora Dagtekin regelmäßig über den Stand der Dinge informiert wurde. Wir sprachen sehr viel über meine Figur, den mir Bora auf den Leib geschrieben hat. Das war eine Maßanfertigung. Das Skript war so perfekt geschrieben, dass alles von Anfang an klar war. Darüber hinaus ging ich als Vorbereitung nicht zur Schule, um Lehrer zu studieren. Es wäre auch falsch gewesen, da Zeki Müller keine Ahnung von dem hat, was er tut.

Ricore: Bora Dagtekin sagte, dass Softie-Rollen für Sie eine Verschwendung wären. Hat er Recht?

M'Barek: Er meint damit wohl, dass zu mir vor allem Figuren passen, die ein bisschen auf die Kacke hauen. Rollen, die ein bisschen härter und krasser sind. Das finde ich auch interessanter als Softie-Figuren. Die finde ich langweilig.

Ricore: Sie mochten also die Rolle eines Rüpels in "Fack ju Göhte".

M'Barek: Das war das Beste an diesem Film. Es ist schön, sich in einer Rolle ausleben zu können und Dinge zu tun, die man im normalen Leben niemals machen würde. Zeki Müller schießt mit Paintball-Gewehren auf seine Schüler, er beleidigt und schlägt sie. Er trinkt Bier im Unterricht, lässt die Schüler Pornofilme schauen, usw. Natürlich ist das alles sehr überspitzt dargestellt und es war schön, das vor der Kamera auszuleben.

Ricore: Zur heutigen Jugendkultur gehört die intensive Aktivität in Social-Network-Plattformen wie Facebook und Twitter. Wie stehen Sie dazu?

M'Barek: Ich nutze das alles auch. Ich habe eine Facebook-Fanseite, die ich selber führe und darauf auch regelmäßig Sachen poste. Ich bin ein Fan von sozialen Medien und habe neben Facebook auch einen Twitter- und Instagram-Account. Ich finde es schön, dass man sich im Internet ein eigenes Reich erschaffen und selber bestimmen kann, was dort passiert. Außerdem hat man einen direkten Zugang zu den Menschen, die sich für einen interessieren. Ich finde es großartig.

Ricore: Können Sie den Ansturm der Fans auf Ihre Seite noch verwalten?

M'Barek: Die Seite steigt stetig. Es macht mir großen Spaß. Man erreicht mit einem Klick viele Menschen. Manchmal verlose ich bestimmte Sachen oder ich verschenke etwas. Es kommt auch vor, dass wir Fans auf Kinotouren einladen. Und jedes Jahr stellen wir Adventskalender online, bei dem man etwas gewinnen kann. Soziale Medien sind eine Möglichkeit, den Fans etwas zurückzugeben. Ich mache hier nicht nur Werbung für meine Filme, sondern lasse die Menschen an den Dingen teilhaben, die ich erlebe. Bisher habe ich dafür nur positives Feedback bekommen.
Constantin Film
Karoline Herfurth und Elyas M'Barek in "Fack ju Göhte"
Elyas M'Barek: wie liefs mit Karoline Herfurth?
Ricore: Die weibliche Hauptrolle in "Fack ju Göhte" verkörpert Karoline Herfurth. Wie empfanden Sie die Zusammenarbeit mit ihr?

M'Barek: Karoline ist die tollste Kollegin, die ich je hatte. Sie ist eine so unfassbar präzise und talentierte Schauspielerin. Es war eine Ehre und eine Freude, mit ihr drehen zu dürfen.

Ricore: Zwischen ihnen soll es am Set zu harmonisch zugegangen sein.

M'Barek: Ja, das war wirklich so. Karoline sagte einmal zu mir: 'Elyas, wir verstehen uns zu gut. Es gibt überhaupt keine Spannungen.' Dann bot ich ihr einen Streit an, aber sie wollte nicht wirklich drauf eingehen. Und so blieb es weiterhin harmonisch (lacht).

Ricore: Sie mussten für die Rolle trainieren und strikt Diät halten. Wie kann man das in München erfolgreich schaffen, wo es hier doch so viele gute Restaurants gibt.

M'Barek: Man muss einfach ein bisschen Disziplin aufbringen und immer daran denken, dass man ein Ziel hat. Dann freut man sich auch über Szenen, in der man in Badehosen zu sehen ist. Außerdem hatte ich einen tollen Münchner Trainer, mit dem ich ein halbes Jahr lang trainiert hatte. Wenn einem beim Training jemand zur Seite steht, dann ist es einfacher, als alleine zu trainieren.

Ricore: Mit Bora Dagtetin sind sie nicht nur befreundet, sie verbindet auch eine kreative Partnerschaft. Wird es auch in Zukunft gemeinsame Projekte geben?

M'Barek: Wir haben bereits mehrere Projekte zusammen gemacht und hoffen beide, dass wir auch in Zukunft weiter zusammenarbeiten werden. Wir denken jetzt schon über "Türkisch für Anfänger 2" nach. Vielleicht gibt es irgendwann "Fack ju Göhte 2". Bora trägt einen unermesslichen Ideenschatz in sich. Insofern lasse ich mich gerne überraschen, was er als nächstes aus dem Hut zaubert.

Ricore: Haben Sie auch schon Hollywood anvisiert?

M'Barek: Ich werde so oft darauf angesprochen. Das ist für mich kein Thema. Ich will mich in meiner Karriere überraschen lassen und freue mich über jedes tolle Angebot. Im Laufe der Jahre habe ich die Erfahrung gemacht: Wenn man keine Pläne hat, wird man auch nicht enttäuscht. Abgesehen davon finde ich, dass man in Deutschland tolle Filme machen kann. So lange ich hier Filme wie "Fack ju Göhte" drehen kann, habe ich kein Verlangen danach, ins Ausland zu gehen. Ich bin sehr froh darüber, in meiner Lieblingssprache Deutsch spielen zu dürfen.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch
erschienen am 5. November 2013
Zum Thema
Fack ju Göhte (Kinofilm)
Zeki Müller (Elyas M'Barek) wird nach 13 Monaten Haft entlassen. Stripperin Charlie (Jana Pallaske) hat er viel Geld anvertraut, welche dieses zur Aufbewahrung auf der Baustelle einer Schule vergraben hat. Zu Zekis Unglück wurde der Platz bereits verbaut. Um an seine Beute heranzukommen, sichert sich der Kleinkriminelle einen Platz als Aushilfslehrer. Neben frechen Schülern und verbrauchten Kollegen lernt Zeki auch die bizarre Junglehrerin Lisi Schnabelstedt (Karoline Herfurth), welche ihn in..
Elyas M'Barek wird am 29. Mai 1982 in München als Sohn eines Tunesiers und einer Österreicherin geboren. Seine Leidenschaft zum Schauspielen entdeckt er in einer Schultheatergruppe. Mit der Fernsehserie "Türkisch für Anfänger" macht er sich dem breiten Fernsehpublikum bekannt und wird dafür 2006 mit dem Bora Dağtekin fürs Kino adaptiert und ebenfalls ein großer Erfolg. Elyas M'Barek ist in vielen Fernsehrollen zu sehen, so in "Doctor's Diary - Männer sind die beste Medizin". Aber auch auf..
2024