20th Century Fox
Sophie Nélisse und Nico Liersch in Berlin bei der "Bücherdiebin"-Premiere
"Lieber kein Filmkuss"
Interview: Sophie Nélisse und Nico Liersch
Sophie Nélisse und Nico Liersch wirken wie gute Freunde, als sie zum Interview erscheinen. Kurz bevor sie auf dem Sofa Platz nehmen, plappern sie noch aufgeregt miteinander. Die Dreharbeiten zu der Verfilmung des internationalen Bestsellers "Die Bücherdiebin", in der Sophie die Hauptrolle spielt, empfanden beide als aufregend. Vor allem, dass sie mit Geoffrey Rush drehen durften, den sie für seine Darstellung in "Fluch der Karibik" bewundern, freute die beiden Teenager. Eigentlich gab es nur eine Sache, die beiden nicht gefiel - und das war ihr Filmkuss.
erschienen am 13. 03. 2014
20th Century Fox
Sophie Nélisse, Emily Watson und Nico Liersch bei der Premiere von "Die Bücherdiebin"
Teddybär Brian Percival
Ricore Text: Vor dem Interview habt Ihr Euch noch das Anne Frank Zentrum angesehen. Wie war es da?

Sophie Nélisse: Es war sehr interessant, obwohl ich das Buch nicht kannte. Allerdings war ich in letzter Zeit in einigen Museen, die sich mit dem Thema Holocaust beschäftigen.

Ricore: Habt Ihr in der Schule schon über Anne Frank gesprochen?

Nico Liersch: Nein, noch nicht. Nur über den Zweiten Weltkrieg allgemein.

Ricore: Auch wenn der Film ein ernstes Thema hat, hattet Ihr bei den Dreharbeiten sicherlich Spaß. Könnt Ihr euch an ein lustiges Erlebnis erinnern?

Nélisse: Nico und mich hat Brian immer an einen Teddybär erinnert, weil er wegen der Kälte so eine dicke Winterjacke trug. Es hat uns großen Spaß gemacht, den Gummibär-Song zu singen, der eine echt nervige Melodie hat. Wir haben ihn extra umgedichtet.

Ricore: Und was war seltsam?

Nélisse: Es war ein komisches Gefühl diese Szenen zu drehen, in denen wir den rechten Arm heben müssen und dann Bücher ins Feuer werfen, umgeben von Männern in Uniformen.

Liersch: Ich fand das auch wirklich unheimlich. Wir lernen ja, dass dies eine der schlimmsten Gesten ist, die man machen kann. Und im Film werden die Kinder dazu aufgefordert, es zu tun.

Ricore: Ist es dir schwergefallen, diese Szene zu drehen?

Liersch: Ja, schon. Da war es wirklich wichtig den Unterschied zwischen Set und Wirklichkeit zu sehen. Es gab schließlich eine Zeit, in der das die Wirklichkeit war. Deswegen war es wichtig für mich am Ende der Szene das Wort "Cut" zu hören, damit ich wusste, dass ich jetzt wieder Nico Liersch bin und nicht mehr Rudi Steiner.

Ricore: Konntest Du Dich in Rudis Lage versetzen, dass es schwer für ihn war, das Geheimnis seiner Freundin zu bewahren?

Liersch: Klar, aber ich würde für einen Freund das Gleiche tun. Natürlich war es in der Zeit das größte Verbrechen, einen Juden im Keller zu verstecken und wenn Rudi sie verraten hätte, wären Liesel und ihre Eltern in ein Konzentrationslager deportiert worden.

Ricore: Wie war es mit Geoffrey Rush und Emily Watson?

Nélisse: (lacht) Ich wusste ehrlich gesagt zuvor gar nicht genau, mit wem ich drehe. Ich dachte es wäre Emma Watson. Aber ich war sehr froh mit ihr zu arbeiten, als ich herausfand, wer sie ist. Emily und Geoffrey sind zwei komplett unterschiedliche Schauspieler. Er kommt sehr leicht in seine Rolle. Zum Bleispiel kann er gerade etwas ganz anderes machen, dann sagt Brian "Action" und Geoffrey ist perfekt in seiner Rolle, Danach fällt sie sofort wieder von ihm ab und er führt wieder Zaubertricks vor. Emily hingegen ist eher ein Method-Actor. Sie blieb die ganze Zeit in ihrer Rolle und spricht mit deren Akzent. Aber es ist so spannend zu sehen, wie fokussiert sie ist.
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Sophie Nélisse gibt vor der Premiere auf dem Roten Teppich Autogramme
Sophie Nélisse: Wir in Montreal...
Ricore: In Amerika hast Du vor dem Start von "Die Bücherdiebin" auch mit dem früheren US-Präsident George W. Bush gesprochen. Wie war das?

Nélisse: Wir in Montreal wissen nicht so genau, was in der amerikanischen Politik passiert. Aber wir wissen, dass George W. Bush nicht sonderlich beliebt ist. Meine Mutter sagte zu mir: "Oh, du triffst Mr. Bush. Ich kann ihn nicht besonders leiden." Aber als ich ihn traf, waren er und seine Frau wirklich nett. Er hat mir sogar zwei Wochen später einen Brief geschrieben, in dem er mir das Foto schickte, das von uns gemacht wurde. Aber das bedeutet mir nicht viel, weil ich ja Kanadierin bin.

Liersch: Also ich würde schon gerne mal Barack Obama treffen.

Ricore: Du hast ja zuvor mit Til Schweiger in "Kokowääh 2" gespielt. War das anders?

Liersch: Komplett anders. Dadurch, dass "Die Bücherdiebin" eine internationale Produktion ist, war das Set viel größer, sehr viel größer. Natürlich ist Til Schweiger auch sehr bekannt, aber jetzt habe ich mit Geoffrey Rush gedreht. Ich bin ein großer Fan von ihm, und habe alle "Fluch der Karibik"-Filme gesehen. Und dann komme ich in den Wohnwagen am Set und da sitzt er, das war verrückt.

Ricore: Seid Ihr während der Dreharbeiten eigentlich auch zu Schule gegangen?

Nélisse: Meine Mutter ist Lehrerin, sie hat mich unterrichtet. Die Hausaufgaben wurden mir nachgeschickt.

Liersch: Ich hatte eine Privatlehrerin und stand natürlich auch in Verbindung mit meiner Schule.

Ricore: Wer sind Eure Vorbilder und was Eure Lieblingsfilme?

Nélisse: Meine Lieblingsfilme sind "Forrest Gump" und "Prisoners". Die tollste Schauspielerin ist natürlich Meryl Streep, ich bewundere sie. Und der beste Schauspieler ist Jake Gyllenhaal.

Liersch: Ich finde Matthias Schweighöfer am besten, der ist so lustig. Ich mag einfach seine Filme. "Schlussmacher" habe ich dreimal gesehen. Und Johnny Depp ist auch toll.

Ricore: Was für Filme wollt ihr in Zukunft drehen?

Nélisse: Ich will in "Fluch der Karibik" mitspielen, weil ich Johnny Depp auch so toll finde. Oder in einem "James Bond"-Film. Aber ich will der Bösewicht sein. Oder eine Komödie "Taffe Mädels", der war so lustig.

Ricore: Was sagen Eure Freunde dazu, dass Ihr jetzt Filmstars seid?

Nélisse: Das ist unterschiedlich. Meinen guten Freunden ist es egal, natürlich freuen sie sich, aber sie verhalten sich mir gegenüber deswegen nicht anders. Das ist mir wichtig. Aber an meiner Schule ist so ein Mädchen, die tut auf einmal so, als wären wir beste Freundinnen, dabei kenne ich sie eigentlich gar nicht. Früher hat sie mich nie beachtet, jetzt lauert sie mir an meinem Spinnt auf. Oder wenn ich unterwegs bin und ein Bild poste, schreibt sie darunter, dass sie mich total vermissen würde. Total bescheuert.

Liersch: Ich bin nicht mehr mit meinem richtigen Namen bei Facebook, weil ich da nur mit meinen echten Freunden befreundet sein möchte.
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Der dreizehnjährige Nico Liersch in Berlin bei der Premiere
Nico Liersch: niemals aufgeben
Ricore: Lest Ihr denn noch richtige Bücher oder geht bei Euch alles über elektronische Medien?

Nélisse: Natürlich lese ich Bücher, aber ich bin nicht so süchtig danach wie Liesel. Und ich lese echte Bücher, weil ich es mag, sie in der Hand zu halten.

Ricore: Habt ihr aus "Die Bücherdiebin" etwas gelernt?

Nélisse: Ja. Ich versuche jetzt Wörter anders wahrzunehmen und jeden Augenblick zu genießen.

Liersch: Ich denke, das Buch und der Film wollen vor allem jungen Menschen sagen, dass man niemals aufgeben soll, sondern dass es sich lohnt um eine Sache zu kämpfen.

Ricore: Kanntet Ihr das Buch vor den Dreharbeiten?

Nélisse: Ich hatte angefangen, habe es aber erst nach Drehende fertig gelesen. Aber das war ein bisschen seltsam, weil ich immer sein Gesicht [deutet auf Nico, der neben ihr auf dem Sofa sitzt] vor mir gesehen habe.

Ricore: Welche Szene ist euch beim Dreh am schwersten gefallen?

Nélisse: Das war der Kuss am Ende (lacht). Das war so peinlich. Wir waren doch wie Bruder und Schwester während der Dreharbeiten, steckten ständig zusammen, lachten und ärgerten uns. Und dann stand diese Szene an und wir haben den ganzen Tag kein Wort miteinander gewechselt.

Liersch: Stimmt. Das war echt schrecklich. Es ist zwar nur ein Filmkuss, aber trotzdem. Aber dann war es vorbei und wir haben beschlossen, nie wieder darüber zu reden.

Nélisse: Meine Mutter ärgert mich damit immer. Wenn wir Fotos machen, will sie immer, dass wir Händchen halten.

Ricore: Was sind Eure nächsten Projekte?

Nélisse: Ich werde bald in New York drehen, aber den Titel des Films darf ich noch nicht verraten.

Liersch: Ich habe noch nichts Neues. In Deutschland gibt es strenge Regeln, wie viel ich filmen darf. Ich bin ja erst 13 Jahre alt. Ich gehe jetzt erst mal wieder ordentlich zur Schule.

Ricore: Wolltest Du nicht ursprünglich als Sportlerin Karriere machen, Sophie?

Nélisse: Ja, ich habe geturnt seit ich vier Jahre alt war und für die Olympischen Spiele trainiert. Ungefähr 30 Stunden in der Woche. Aber jetzt habe ich mich doch für die Schauspielerei entschieden. Dafür spiele ich in meiner Freizeit jetzt Eishockey und Fußball. [Eine kleine Diskussion um Football, Soccer und Fußball entbrennt…].

Liersch: Hatte ich Dir erzählt, dass ich mit Fußball spielen aufgehört hab? Dafür spiele ich jetzt Handball.

Nélisse: Ist das nicht Football? Wo man den Ball mit der Hand wirft.

Liersch: Du meinst das mit dem eiförmigen Ball.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 13. März 2014
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Nico Liersch wird am 17. Juli 2000 geboren und spielt seine erste Kinorolle in Til Schweigers Erfolgskomödie "Kokowääh 2". Zuvor tritt der blonde Junge in zahlreichen TV-Produktionen auf. Er lebt mit seinen Eltern und seiner Schwester in München. In seiner Freizeit treibt Nico gerne Sport. Allerdings hat er das Fußballspielen mittlerweile gegen Handball eingetauscht. Nicos großes Vorbild ist Matthias Schweighöfer, er träumt davon, einmal in einem seiner Filme mitzuwirken.
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