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Sean Penn ist "The Gunman"
'Ich wollte keine Eintagsfliege sein'
Interview: Sean Penn meint es ernst
Sean Penn ist einer der kantigsten, vielseitigsten und talentiertesten Charakterdarsteller seiner Generation. Zwei Mal hat er den Oscar bereits gewonnen. Nun versucht er sich auf seine alten Tage als Action-Darsteller. 'Geri-Action' nennt man diesen Trend des Hollywood-Actionfilms, in der betagte Herren in Rambo-Manier die Welt oder wenigstens ihr eigenes oder das Leben ihrer Lieben retten. "The Gunman" ist Penns erster echter Ausflug ins Action-Genre. Darin spielt er einen ehemaligen Söldner, der wieder zur Waffe greifen muss. Im Interview mit Filmreporter.de spricht der 54-Jährige über seine Karriere, Hollywood und Politik.
erschienen am 28. 04. 2015
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Sean Penn ist "The Gunman"
Ich schau von Film zu Film
Ricore Text: "The Gunman" ist Ihr erster klassischer Actionfilm. Wollen Sie in Ihren alten Tagen noch ein Actionstar werden?

Sean Penn: Nein, ich bin eher der Typ, der von Film zu Film schaut. Ich schätze im Moment bin ich in der so genannten 'Geri-Action'-Phase. Damit bezeichnet man Actionfilme mit alten Männern ['Geri-Action' ist ein Komposita aus den Wörtern 'geriatric', betagt, und Action; Red.]

Ricore: Woran liegt es, dass die Actionszenen hier anders wirken als in anderen Filmen des Genres?

Penn: Ich mochte das Kämpfen im Stil von Krav Maga. Sie unterscheidet sich von anderen Kampfkünsten, da sie nicht auf sportlichen Grundlagen aufbaut. Ich wollte den taktischen Aspekt des Kämpfens zeigen.

Ricore: Der Film beinhaltet eine Stierkampf-Szene und ist überwiegend in Barcelona angesiedelt. Das Problem ist nur: in Katalonien ist der Stierkampf seit 2012 verboten.

Penn: Ja, das stimmt. Wir nahmen uns die Freiheit genommen, den Stierkampf in Katalonien wiedereinzuführen. Dafür möchte ich mich entschuldigen.

Ricore: Ist "The Gunman" ein Film mit einer politischer Botschaft?

Penn: Es ist kein politischer Film. Wir fanden es aber wichtig, ein Land zu zeigen, in dem ein Genozid stattfindet. Das öffnet einigen Zuschauern vielleicht die Augen, selbst wenn das nur auf einer unterbewussten Ebene stattfinden würde. Wenn man nur erwähnt, dass in Kongo oder sonst wo Menschen ausgebeutet werden, dann ist das eine tolle Botschaft. Wir reflektieren im Film über die Welt, wir versuchen nicht sie zu ändern.

Ricore: Waffen spielen in diesem Actionfilm naturgemäß eine große Rolle. Sie wurden zuletzt für ihre Waffensammlung kritisiert. Was ist Ihre Meinung in Bezug auf Waffen in Unterhaltungsmedien?

Penn: Das Problem mit Zitaten ist, dass sie meist verfälscht werden. Wir befinden uns im schlimmsten Stadium dessen, wie Aussagen falsch wiedergegeben werden. Das führt zu großen Problemen. Was diesen "The Gunman" angeht, hatte ich keine Probleme mit dem Thema Waffen. Und meine Einstellung zu Waffen im Allgemeinen würde diesen Rahmen sprengen.
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Schauspieler mit Ecken und Kanten: Sean Penn ("The Gunman")
Sean Penn: 'Ich war kein echter Schauspieler'
Ricore: "The Gunman" spielt auch in Südafrika. Ihre Freundin Charlize Theron kommt aus diesem Land. Hat sie sich vor den Dreharbeiten zum Film Ihnen als Touristenführer angeboten?

Penn: Lassen Sie uns kurz annehmen, ich wäre nicht hier. Würde ich dann lesen wollen, wie jemandes Freundin ihn mit einen Land vertraut macht, wo er grade einen Film dreht? Wir haben nicht viel in Südafrika gedreht. Der meisten Drehs fanden in Barcelona und London statt.

Ricore: Glauben Sie, dass die vielen humanitären Krisen von Hollywood in naher Zukunft öfters thematisiert werden?

Penn: Wir befinden uns tatsächlich in einer der größten humanitären Krise aller Zeiten und ich glaube, dass viele Drehbücher sich mit bestimmten Aspekten dieses Phänomens befassen werden. Gewisse Elemente hatten mich auch bei "The Gunman" interessiert.

Ricore: Sie sind mit Rob Lowe und Charlie Sheen befreundet, mit denen Sie in der Filmbranche quasi groß geworden sind. Dennoch hat man bei Ihnen das Gefühl, dass Sie die Schauspielerei ernster nehmen.

Penn: Um eines klarzustellen: Rob Lowe kannte ich nicht. Charlie lernte ich durch meinen jüngeren Bruder kennen. Ich wusste, dass diese Jungs in meiner Nachbarschaft sind und ich war fasziniert davon, was sie taten. Dann kam die große Welt und ich fing mit der Schauspielerei an. Sie haben Recht, ich nahm den Beruf von Anfang an sehr ernst. Ich schätze, ich wollte nicht eine weitere Eintagsfliege sein.

Ricore: Wie hat sich Ihr Selbstverständnis als Schauspieler in den Jahren entwickelt?

Penn: Ursprünglich war ich kein echter Schauspieler. Ich musste mich immer wieder innerhalb der Projekte, die mir angeboten wurden, erst befreien. Das war eine harte Arbeit. Je öfter man etwas tut, umso mehr wird es zu einem unbewussten Prozess. Ich mag das Gefühl, auf etwas Neues vorbereitet zu sein. Ich denke oft an Clint Eastwood, der wie ein Jazz-Musiker von jedem Einzelnen erwartet, dass er einfach anfängt zu spielen. Dafür muss jedoch jeder sein Werkzeug mitbringen.
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Sean Penn hat selbst eine Waffensammlung, will sich dazu aber nicht äußern
Der Fremdkörper?
Ricore: Sind sie als Regisseur genauso?

Penn: Bei mir ist der Arbeitsprozess bei jedem Film anders. Das hängt vom Erfahrungshorizont der Schauspieler ab.

Ricore: Bei der Oscar-Verleihung sagten sie, dass Filme, die keinen kommerziellen Erfolg haben, dennoch großartig sein können.

Penn: Meistens mag ich populäre Filme nicht besonders. Diesbezüglich fühle ich mich wie ein Fremdkörper gegenüber dem Rest der Welt.

Ricore: Wären Sie wieder an Bord, wenn "The Gunman" zu einem Franchise ausgebaut werden würde?

Penn: Ich schaue nie über die jeweiligen Filme hinaus. Ich wünsche diesem Film das Beste, viele Menschen haben sehr hart daran gearbeitet. Ich habe gerade einige Projekte angeboten bekommen, bei denen ich gerne Regie führen würde. Darauf konzentriere ich mich jetzt in erster Linie.

Ricore: Können Sie etwas über ihre karikative Arbeit sagen? Wie geht es Ihrer Hilfsorganisation JP/HRO heute?

Penn: Wir begannen mit 30 Amerikanern. Nach dem Erdbeben 2010 verteilten wir Morphium an die Menschen. Heute besteht die Organisation aus 350 Mitarbeitern, die meisten von ihnen sind Haitianer. Sie gliedert sich in mehrere Bereiche: Bildung, Umsiedlung, Gesundheit, Technik und so weiter. Unser erstes Camp fasste 60.000 Menschen. Sie wurden alle umgesiedelt. Nach der Katastrophe waren es über 1,6 Millionen Menschen, die ein neues Zuhause brauchten! Heute sind es im ganzen Land noch ca. 65.000.

Ricore: Sie gelten als Mensch, der sich auch politisch positioniert. Die Academy wurde dieses Jahr für ihren Mangel an Vielseitigkeit kritisiert. Wie stehen Sie dazu?

Penn: Es ist zu dumm, den Mangel an Vielseitigkeit zu kritisieren und nicht zu erkennen, dass wir keine Filme wie "Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)" hätten, wenn wir tatsächlich ein Vielseitigkeits-Problem hätten.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 28. April 2015
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2024