Walt Disney
Zoomania-Regisseure Byron Howard und Rich Moore
Tiere mit ihren typischen Charakteristika
Interview: Byron Howard und Rich Moore zu "Zoomania"
Eine kleine Häsin mischt die Stadt auf. Judy, klein, zäh und ehrgeizig, träumt von einer Karriere als Polizistin. Sehr zum Vergnügen ihrer stämmigen tierischen Kollegen, unter denen sie wie ein Zwerg wirkt. Macht nichts, Judy, zunächst zum Verteilen von Strafzetteln abgestellt, ist bald dem großen Verbrechen auf der Spur. An ihrer Seite, mehr oder weniger freiwillig, Fuchs Nick. Byron Howard und Rich Moore stehen hinter dem tierischen Vergnügen "Zoomania 3D" von Disney, dessen Geschicke von "Toy Story"-Erfinder John Lasseter geleitet werden. Byron Howard inszenierte zuvor "Bolt - ein Hund für alle Fälle" und "Rapunzel - Neu verföhnt”, Rich Moore stand hinter "Ralph reichts".
erschienen am 9. 03. 2016
Walt Disney
Zoomania-Regisseur Byron Howard
Byron Howard: Agenten-Filme gibt es wie Sand am Mee
Ricore Text: Wie lange brauchen Sie von der Idee bis zum Film?

Byron Howard: Nach der PR-Tour für meinen letzten Film habe ich John Lasseter fünf Ideen vorgestellt. Darunter war ein Projekt um eine durchgeknallte Katze, welche die Weltherrschaft anstrebte. John hat sie abgeschmettert. Ihm gefiel nur die Idee, eine Story mit sprechenden Tieren aufzulegen.

Rich Moore: Wir skizzierten ihm dann einen klassischen Agenten-Thriller. Auch diese Idee fiel sang und klanglos durch.

Ricore: Was sprach für Lasseter dagegen?

Howard: Agenten-Filme gibt es wie Sand am Meer in allen Varianten. Natürlich sind wir eitel und waren für ein paar Tage beleidigt. Nach ein paar Tagen muss man drüber wegkommen.

Moore: Es gehört zu unserem Job, dass das Studio sich nicht für die Story erwärmen kann, die uns unter den Nägeln brennt. Umso dankbarer sind wir allen, die uns vom Potential von "Zoomania" überzeugten, das wir zunächst nicht erkannt hatten. Wir waren überrascht, wie viele absurde und verrückte Einfälle schnell zusammenkamen.

Ricore: Im Kern greifen Sie auf die klassischen Fabeln von Äsop zurück?

Moore: Als Kind habe ich die Fabeln und ihre Verfilmungen geliebt. Ohne dass ich das damals merkte, lehrten sie mich etwas über mich selbst. Ich ertappe mich auch ständig dabei, dass ich in guten Filmen Ratschläge für mein Privatleben zu finden.

Howard: Der Einfluss von Filmen und meiner Eltern auf meine moralischen und ethischen Vorstellungen hält sich die Waage. In Filmen finden wir Vorbilder oder folgen Schurken, deren Verhalten uns abstößt. Bei Disney sind wir uns dieses Effekts bewusst. Deshalb wägen wir unsere Geschichten genau ab.

Moore: Das Studio 92 Jahren 55 Filme realisiert. Viele sind Klassiker geworden, weil sie zeitlose Werte vermitteln. Daher fragen wir uns ständig, erreichen wir mit dem Film wirklich die Botschaft, die wir wollen.
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Zoomania-Regisseur Rich Moore
Rich Moore: fünf Test-Screenings mit Publikum
Ricore: Sie verlassen sich aber auch auf etliche Test-Screenings?

Moore: Wir haben zwölf Versionen mit langen Passagen bei einer Gruppe von 40 Leuten aus dem Studio getestet, und fünf Test-Screenings mit Publikum hinter uns. Das Feedback hat uns weiter gebracht, auch wenn es für den einzelnen Mitarbeiter sehr hart war. Wir haben zum Beispiel die Hälfte einer Version komplett in den Papierkorb geschmissen. Für die Mitarbeiter, die mehr als ein Jahr gearbeitet hatten, war es schwer zu akzeptieren, warum wir wieder alles auf Anfang setzten.

Howard: In der ersten Fassung stand der Fuchs Nick im Zentrum. Die Zuschauer fanden ihn lustig, aber die Geschichte hat nicht funktioniert. Durch die Testergebnisse erkannten wir das Problem. Er führte die Zuschauer durch die Stadt, dass er im Grunde seines Herzens hasste. Sein Gefühl bestimmte den Eindruck des Publikums. Und das war das Gegenteil von dem, was wir brauchten. Die Lösung lag dann nahe. Zoomania wird von der Optimistin Judy entdeckt, einem Kaninchen vom Lande, für das die Stadt die Erfüllung aller Träume ist.

Ricore: In einer der brillantesten Szenen des Films, bringen bürokratische Faultiere bei der Zulassungsstelle für Autos Judy zur Verzweiflung. Wie setzt man solch verrückten Einfall um?

Howard: Die Idee lag ja nahe, das Gerüst der Szene stand nach einem Tag. John Lasseter fand die Idee urkomisch. Wir haben gemeinsam die Szene ausgetüftelt. Dann begann der mühselige Prozess, den ich immer mit der Arbeit eines Schäfers vergleiche: Du hast dein Schäfchen durch jede einzelne Phase der Produktion geleiten, ohne dass eine verloren geht. Bei der Faultierszene war das Timing entscheidend. Im Animationsprozess stellte sich heraus, dass die Pausen, die wir im Storyboard gelassen hatten, nicht lang genug waren. Also wurde die Szene länger und länger. Und rutschte das Herz in die Hose. Dann haben wir sie unserer Crew und kurz darauf auf dem Annecy International Animation Film Festival vorgestellt. Sie ist eingeschlagen wie eine Bombe.

Ricore: Ist das der Luxus beim Animationsfilm, dass man quasi bis zum Start noch ändern kann?

Moore: John Lasseter sagt immer, wir beenden einen Film nie. Wir stellen die Arbeit ein, weil der Starttermin vor der Tür steht. Jetzt entdecke ich jeder Sichtung des Films Kleinigkeiten, die noch zu ändern wären.
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Zoomania (Zootopia, 2016)
Back to the Roots?
Ricore: Zum Beispiel?

Moore: Wenn Judy mit ihren Eltern skypt, zeigt ihre Uhr fünf Minuten lang die gleiche Zeit an.

Howard: Andererseits verstecken unsere Leute gerne was im Film. Seien es Animatoren oder Mitglieder des Layout-Teams. Die Zahlen auf der Pfadfinder- Uniform von Nick sind das Geburtsdatum unseres Character-Designers.

Ricore: Mit der Renaissance des 3-D-Films war es das Bestreben im Animationsfilm, die Figuren so real wie möglich zu gestalten. In ihren Filmen deutet sich ein Back to the Roots an?

Howard: Wenn ich das realistische Abbild eines Tieres oder eines Menschen sehen will, gehe ich in einen Realfilm. Ich sehe keinen Sinn in dem Wettlauf, animierte Figuren zu perfektionieren. Der Reiz eines Animationsfilms ist doch, dass ich Tiere mit ihren typischen Charakteristika auf die Leinwand bringe, in deren Verhalten sich die Zuschauer wieder erkennen. Da bin ich wieder ganz bei Äsop.

Ricore: Zugleich gelingt es Ihnen auch, die Filme für Erwachsene attraktiver zu machen?

Howard: In diesem Anspruch hat uns John Lasseter bestärkt. Unsere Filme sollten alle Altersgruppen ansprechen. Die Anspielungen an den "Paten" oder "Breaking Bad" verstehen hoffentlich nur die Erwachsenen.

Moore: Bei der ersten Vorführung in Brüssel amüsierte sich ein kleiner Junge köstlich. Er verstand die Witze über Bürokratie wohl kaum. Er lachte, weil sein Vater ihn angesteckt hatte.

Ricore: Danke für Interview.
erschienen am 9. März 2016
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In der animierten Kriminalkomödie liegen Sahara Square und Tundratown dicht beieinander, damit große Tiere wie Elefanten mit kleinen Tieren wie Spitzmäusen zivilisiert nebeneinander wohnen können. Sie laufen auf zwei Beinen, bedecken ihr Fell und zeichnen sich auch sonst durch Eigenschaften aus, die der Mensch ihnen seit Jahrhunderten in seinen Fabeln gab.
2024