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Eric Bana, Hauptdarsteller von München
Eric Bana über Fanatismus im Auftrag Gottes
Interview: Nichts als Geschichtsverfälschung?
Am 06. September 1972 werden während der olympischen Spiele in München elf Mitglieder der israelischen Nationalmannschaft von einem palästinensischen Geiselkommando hingerichtet. Steven Spielberg schildert in seinem packenden Thriller "München" die Reaktion Israels auf das blutige Massaker und erzählt von einer Gruppe Auserkorener, die im Auftrag des Staates Rache an den Drahtziehern üben. Doch was die eine Hälfte der Kritiker als packendes Meisterwerk bezeichnet, beschimpft die andere als pure Fiktion. Wir sprachen mit Hauptdarsteller Eric Bana über das kontroverse Werk.
erschienen am 29. 01. 2006
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Eric Bana auf Promotour zu "München" in München
Ricore: Mr. Bana, im Zuge Ihrer Vorbereitung trafen Sie angeblich den wirklichen Geheimdienstoffizier und Anführer des israelischen Vergeltungskommandos. Was haben Sie von ihm gelernt?

Eric Bana: Ich habe versucht, seine Infos und Anekdoten, seine Gedanken und Gefühle in mir aufzusaugen. Das hat geholfen, ihn nicht als eindimensionalen Killer zu sehen, sondern als Menschen.

Ricore: War der Rachefeldzug gerechtfertigt?

Bana: Wenn du mich schlägst, hau ich zurück. Es ist schwer, da Alternativen zu finden, die einen Konflikt nicht aufschaukeln. Lösungen dieser Art sind immer kompliziert. Ich beurteile als Unbeteiligter auch ungern die Entscheidungen anderer, weil sie immer auf individuellen und schwer nachvollziehbaren Beweggründen basieren. Das gilt auch für die Reaktion Israles auf die Attentate.

Ricore: Man wirft "München" vor, genau diese Reaktion Israels nicht wahrheitsgetreu zu schildern...

Bana: Als Filmemacher ist es in erster Linie unsere Verantwortung, die Zuschauer zu unterhalten. Im Übrigen ist es ein historisch belegter Fakt, dass Israel auf die Anschläge reagiert hat und dass im Zuge dessen einige der palästinensischen Terroristen ums Leben gekommen ist. Wie wird die Punkte miteinander verknüpft haben, lag allerdings in unserem eigenen Ermessen.

Ricore: Die Branche munkelt, Steven Spielberg würde gerade wegen dieser kritischen Stimmen auf das Gros seiner Pressetermine verzichten...

Bana: Ich weiß, dass Steven dieser Film sehr am Herzen liegt. Er geht mit den Reaktionen um, wie er es für richtig hält. Ich will diese Frage nicht für ihn beantworten, kann aber verstehen, warum er sich so verhält.

Ricore: Hat sich Ihre Einstellung zum Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern durch diesen Film verändert?

Bana: Der Konflikt betrübt mich mehr als je zuvor. Wenn man in Australien aufwächst, lernt man nicht viel über die Geschichte und Politik des mittleren Ostens. Als ich die Rolle bekam, musste und wollte ich da einiges aufholen. Je mehr ich lernte, desto mehr verstand ich die Komplexität der Probleme, desto größer wurde meine Frustration. Denn eines ist klar: Gäbe es eine offensichtliche Lösung, wäre der Konflikt schon lange vom Tisch.

Ricore: Welcher Religion gehören Sie an?

Bana: Ich bin katholisch, aber alles andere als streng gläubig.
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Leben und sterben in: "München"
Ricore: Sie würde also nicht für Ihren Glauben kämpfen?

Bana: Ich würde eher für mein Land oder mein Football-Team in den Krieg ziehen! (lacht)

Ricore: Als Geheimagent sprechen Sie unter verdeckter Identität immer wieder in deutscher Sprache. Warum klingt das so gekonnt?

Bana: Weil meine Mutter in Deutschland geboren wurde! Deshalb habe ich auch bereits mehrmals ihre Heimat bereist. Ich gehöre zu der glücklichen Sorte Mensch, bei denen man Ping Pong mit der Nationalität spielen kann. Ich bin schwer einem Land zuzuordnen, und das, obwohl ich trotz meiner europäischen Wurzeln in Australien geboren und aufgezogen wurde.

Ricore: Wie war die Zusammenarbeit mit Moritz Bleibtreu, Meret Becker und Hanns Zischler, die allesamt im Film zu sehen sind?

Bana: Großartig! Wir hatten eine tolle internationale Besetzung, die dem Film sehr geholfen hat. Ich hatte nie das Gefühl, einen Hollywood-Film zu drehen, alles wirkte wie eine sehr aufwendige europäische Produktion. Hanns Zischler ist als Teil des Mordkommandos ja fast ständig an meiner Seite zu sehen, die Szenen mit den anderen beiden haben wir in Budapest gedreht.

Ricore: Welche weiteren Länder haben Sie im Zuge des Drehs bereist?

Bana: Das meiste haben wir auf Malta gedreht, ein wenig auch in New York und Paris.

Ricore: Auf Originalaufnahmen vom Münchner Olympiastadion wurde allerdings verzichtet. Warum?

Bana: Wären wir nach München gekommen, hätten wir viele andere Drehorte auslassen müssen. Man muss manchmal schmerzhafte Kompromisse eingehen, die aber letztlich der Gesamtheit der Geschichte dienen.

Ricore: Sie spielen in "München" auch an der Seite des neuen James Bond-Darstellers Daniel Craig. Zur Zeit der Dreharbeiten soll man auch Sie für die Rolle des britischen Geheimagenten in Erwägung gezogen haben...

Bana: Er bekam das Angebot während der Dreharbeiten und hat es sogar mit mir diskutiert. Dass ich einer der engeren Kandidaten war, ist völliger Unsinn. Ich habe nie auch nur ein einziges Wort mit den Verantwortlichen geredet und immer wieder verlauten lassen, dass ich weder für die Rolle angefragt wurde, geschweige denn Verhandlungen geführt hätte. Aber niemand hat mir geglaubt. Im Gegenteil: Je mehr ich dementierte, desto mehr brachte mich die Presse ins Rennen. (lacht)
erschienen am 29. Januar 2006
Zum Thema
Der Schauspieler und Drehbuchautor mit kroatisch-deutscher Abstammung wird am 9. August 1968 in Melbourne, Australien, geboren. Die Synchronstimme in "Findet Nemo"(2003) war wohl nicht der Höhepunkt der Künstlerkarriere Eric Banas. Der Hauptrolle in "München" und jener in "Troja" (2004) verdankt er seine internationale Berühmtheit. Letztere erhielt er nur durch die Empfehlung Brad Pitts. 1997 wurde er mit der selbstproduzierten Comedy-Serie "Eric" zu Australiens berühmtesten Komödianten..
München (Kinofilm)
Ausgangspunkt für Steven Spielbergs ist der Anschlag der palästinensischen Terrororganisation "Schwarzer September" auf israelische Sportler bei den Olympischen Spielen 1972 in München. Er thematisiert jedoch vornehmlich das "Danach", die (fiktiven) israelischen Vergeltungsmaßnahmen. Spielberg engagierte für das brisante, nur teilweise auf den historischen Tatsachen beruhende Geschichte unter anderem Eric Bana ("Troja"), der frisch gekürte 007-Daniel Craig und Geoffrey Rush ("Fluch der..
2024