Senator Film Verleih
Christiane Paul in: Reine Formsache
Christine Paul über Kinder, Karriere, Kiez
Interview: Berliner Schnauze mit Stil
Sie studierte Medizin und drehte in den Semesterferien Filme. Doch vor zwei Jahren hat sich Christiane Paul endgültig für die Schauspielerei entschieden und ist im gegenwärtigen Kino bereits sehr präsent. Regisseure wie Fatih Akin und Joseph Vilsmaier haben ihr Talent erkannt.Jetzt ist sie kurz nacheinander mit "Im Schwitzkasten" und "Reine Formsache" in den deutschen Kinos zu sehen. Wir trafen die sympathische Darstellerin und Mutter in München.
erschienen am 16. 04. 2006
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Liebe ist für Christiane Paul und Marc Hosemann sicher keine Formsache...
Ricore: Sie waren gestern Abend in der Maximilianstraße aus. Gehen Sie nicht eher in alternativere Läden?

Paul: Christiane Ich war gestern geschäftlich aus, aber die alternativen Zeiten sind wohl vorbei. Ich war ewig nicht mehr tanzen. Ich bin sehr viel beruflich unterwegs und wenn ich mal weggehe, ist das eigentlich nicht mehr privat. Dennoch nutze ich dann die Gelegenheit. Mit Kind geht das halt auch nicht so gut.

Ricore: Wohnen Sie in Berlin im szenigen Osten?

Paul: Ich wohne im Westen, in Schöneberg. Das Szenige interessiert mich nicht mehr. Ich hatte auch mal eine Zeit, wo ich dachte, ich muss unbedingt zum Prenzlauer Berg ziehen. Damals fand ich aber keine Wohnung und bin heute sehr froh darüber. Es ist mir zu anstrengend, gerade mit Kind. Allerdings hat es, gerade was den kreativen Bereich betrifft, schon einen anderen Input als vielleicht Zehlendorf, obwohl viele Kollegen dorthin ins Grüne gezogen sind. Ich habe in Schöneberg einen angenehmen Kiez mit Leuten in meinem Alter, die in ähnlichen Bereichen arbeiten wie ich. Ich habe einen Park vor der Tür und das ist sehr angenehm.

Ricore: Ist es anders mit Kind in Berlin zu wohnen?

Paul: Ich glaube, man wünscht sich für ein Kind Freiraum, viel Grün und gute Luft um das Kind in die freie Wildbahn lassen zu können, ohne Angst zu haben. Dieser Wunsch entwickelt sich einfach, wenn man Kinder hat. Manchmal wird dann Berlin ganz schön viel. Gerade im Sommer ist es ein ziemlicher Moloch. Aber Berlin hat ja auch grüne Gegenden. Das ist auch der Grund, warum ich nicht in Mitte oder Prenzlauer Berg wohnen möchte, obwohl ja gerade das der kinderreichste Ort ganz Deutschland sein soll. Für ein Wochenende ist das mal nett, aber auf Dauer ist das zu ungrün und zu voll. Aber so ist das eben - wenn man Kinder hat, sieht man viele Dinge anders. Es geht nicht mehr nur um einen selbst.
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Wie der Vater? Christiane Paul ist als Mutter streng und liebevoll
Ricore: Sind Sie eine strenge Mutter?

Paul: Ich glaube ja, nicht immer konsequent, aber doch eher streng.

Ricore: Sie sind selbst auch eher streng erzogen worden?

Paul: Streng aber liebevoll, hat mein Vater immer gesagt. Ich glaube so in der Art war es auch.

Ricore: Sie sind eine ausgebildete Medizinerin, haben sich aber letztlich doch für die Schauspielerei entschieden. Warum?

Paul: Das hatte zum einen persönliche Gründe, zum anderen war es nicht möglich, beides unter einen Hut zu bringen. Die Entscheidung stand aus und jetzt habe ich mich entschieden. Ich bin total froh, dass ich jetzt tatsächlich seit zwei Jahren aus der Medizin raus bin und nicht mehr darüber nachdenken muss. Ich hatte immer Angst, dass das nicht klappt. Außerdem bin ich ja auch nicht wirklich lange Ärztin gewesen. Ich kann mich gar nicht Ärztin nennen, weil ich kaum Berufserfahrung habe. Eineinhalb Jahre mit Unterbrechung sind nichts, ich vergesse die ganzen Fachbegriffe auch wieder. Jetzt habe ich es abgelegt und das hätte ich selbst nicht gedacht. Das hat wohl auch mit den sehr vielen positiven Erfahrungen der letzten Jahre zu tun, mit der Arbeit, die ich machen konnte und dass ich mich total gut fühle. Ich fange an, mich als Schauspielerin zu fühlen und auch so zu definieren.

Ricore: Was hat Sie an der Rolle der verheirateten, selbstbewussten "Noch-Ehefrau" in "Reine Formsache" gereizt?

Paul: Ich sehe Pola nicht als verheiratete, selbstbewusste Ehefrau. Eher als eine Frau, die liebt, aber mit ihrem Mann leider nicht mehr klar kommt und sich scheiden lassen will. Ich sehe die beiden auch nicht als klassisches Ehepaar wie Bastian Pastewka und Floriane Daniel. Pola und Felix sind eher ein flippiges Paar, das irgendwann beschlossen hat, zu heiraten. Sie hatten eine intensive Liebesbeziehung, gerade mit Felix' Filou-Verhalten. Pola will dann jedoch wissen, wo es hingeht im Leben. Felix war dazu aber noch nicht in der Lage, deshalb ist die Beziehung gescheitert.
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Christiane glaubt zwar nicht an zweite Chancen...
Ricore: Was halten Sie von "zweiten Chancen"?

Paul: Es ist lustig, ich persönlich glaube nicht an zweite Chancen, aber ich habe einen sehr guten Freund, der das gemacht hat. Und sie leben jetzt besser zusammen als je zuvor. Sie haben es trotz ihrer Probleme geschafft. Obwohl ich selbst nicht daran glaube, finde ich das toll. Sie sind jetzt mit einem Jahr Unterbrechung 12 oder 13 Jahre zusammen.

Ricore: Glauben Sie an dauerhafte Beziehungen in der heutigen Zeit?

Paul: Ich wünsche es mir total, aber ich habe durch mein eigenes Leben erfahren, dass ich Dinge gelebt habe, die ich mir eigentlich anders vorgestellt habe. So bin ich nun vorsichtiger. Die Zeiten haben sich verändert, wir sind anders als noch unsere Mütter und Großmütter. Wir leben ganz andere Beziehungsmuster, haben andere Ansprüche an das Leben. Ob besser oder schlechter ist dabei vollkommen irrelevant.

Ricore: In "Reine Formsache" sind drei Ehemodelle vorgestellt. Mit welcher könnten Sie sich am besten identifizieren?

Paul: Schon mit der flippigen Beziehung von Felix und Pola. Aber ich habe ja auch ein Kind und entspreche daher dem Familienmodell von Pastewka und Daniel. Die meisten leben wohl auch eher deren klassisches Modell. Ich finde es toll, wie sie das im Film hinkriegen. Die meisten kennen das ja, dass man nicht mehr den Wert des Partners schätzt. Man weiß nicht mehr, weshalb man sich einmal verliebt hatte. Man geht so im Alltag mit Kindern und Beruf unter, vergisst schnell, warum man genau diesen Menschen so liebenswert fand.

Ricore: Sie sind wieder mit einem Arzt zusammen und nicht mit einem Schauspieler. Spricht das für den Wunsch nach geregelter Lebensweise?

Paul: Nein, das ist wirklich reiner Zufall. Er ist zwar Arzt, aber deswegen nicht weniger speziell und interessant. Es ist ja eine Charakterentscheidung. Ich war auch mal mit einem Schauspieler, mit einem Musiker und einem Maler liiert. Natürlich steht der Beruf für eine Art der Persönlichkeit, das ist sicherlich richtig, aber es hat doch vorrangig mit der Person zu tun. Es ist einfach Zufall, dass es jetzt so ist. So extreme Berufe wie Schauspieler oder Arzt fordern einen ja doch anders. Man hat keinen normalen achtstündigen Bürotag und das versteht ein Partner vielleicht nicht so leicht. Es ist viel einfacher, wenn jemand den Beruf aus eigener Erfahrung kennt.
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Kennt die Band "Hund am Strand" nicht
Ricore: Trifft dann doch der Spruch "Gleich und gleich gesellt sich gern." zu?

Paul: Eine gewisse Gleichartigkeit ist schon gut, weil man auf einer Art "Wellenlänge" ist. Es kann aber auch problematisch sein, wenn man dann keinen anderen Input und keine andere Blickweise bekäme. Es ist also nicht unbedingt entscheidend, ähnlich zu sein, aber sicher ist es manchmal hilfreich. Bei mir ist es nun eher Zufall.

Ricore: Kennen Sie die Berliner Band "Hund am Strand"? Deren Sänger sagte in einem Interview, er wäre die männliche Christiane Paul, weil Sie Studium und Schauspielerei unter einen Hut bekommen habe. Wie fühlt es sich an, in Ihrem jungen Alter bereis eine Vorbildfigur zu sein?

Paul: Ich glaube, ich kann mich darüber freuen. Das ist sehr nett, dass er das sagt. Es ist schön, wenn man nebenbei noch etwas mitgeben kann. Aber die Band kenne ich nicht.

Ricore: Was hören Sie für Musik?

Paul: Ach, alles, was man mir gibt. Ich liebe "Wir sind Helden", ich finde die echt großartig. Ich höre relativ wenig Musik, muss ich ehrlich sagen. Ich höre zum Beispiel Jazz wie Elvis Costello oder auch die Beatles, generell ganz unterschiedliche Sachen. Ich höre sie gerne, aber ich bin nicht jemand, der etwas von Musik versteht. Ich kenne mich besser mit Literatur aus. Ich habe nie die Zeit gehabt, mich intensiv mit Musik auseinander zu setzen. Ein Freund hat mir gerade eine Hör-CD von Gert Fröbe gegeben, aber ich habe es einfach nicht geschafft, sie anzuhören. Meine Tochter will im Auto immer nur ihre CDs, also schnelle Popmusik oder Pipi Langstrumpf.

Ricore: Was machen Sie zur Entspannung?

Paul: Ich lese gerne bevor ich einschlafe, abends im Bett oder auch im Urlaub - eigentlich alles, was ich kriegen kann - Sachbücher, Romane, Biographien, Geschichte. "Meines Vaters Land" habe ich letztens im Urlaub gelesen oder auch Judith Hermann. Ich lese eigentlich alles, was sich so ergibt. Ich bin jemand, der sehr in der Literatur aufgeht.

Ricore: Frau Paul, vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 16. April 2006
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Reine Formsache (Kinofilm)
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2024