Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Fritz Wepper
Weihnachten und andere Vaterfreuden
Interview: Familienfest im Kreise der Familie
Man kann es spüren, Weihnachten liegt in der Luft. Überall riecht es nach Plätzchen und Kinderpunsch - auch wenn der Schnee noch auf sich warten lässt. So trafen wir in angenehmer Atmosphäre einen sichtlich entspannten Fritz Wepper. Fröhlich plauderte er über geheime Familientraditionen und verriet uns, warum er Helmut Fischer für einen unglaublich coolen Typen hält.
erschienen am 15. 12. 2006
Graf Film
Fritz Wepper und Joseph Vilsmaier am Dreh
Ricore: Wie wichtig ist für Sie Weihnachten?

Fritz Wepper: Weihnachten ist in meiner Familie ein ganz wesentliches Fest. Das rührt sicher auch aus der Kindheit her. Die großen leuchtenden Kinderaugen, der Christkindlbrief, all diese klassischen Vorgänge. Dann, mit zunehmenden Alter, die Auseinandersetzung damit. Die Identifikation des Weihnachtsfestes mit unserer Kultur, dem Abendland, unserer Religion, unserer Sprache, unserem Verständnis, unserer Philosophie. Weihnachten ist auch für mich persönlich ganz wichtig. Es ist für mich eine Zeit der Besinnung, eine Besinnung auf unsere Kultur, unsere Tradition und die Fähigkeiten, Rituale zu empfinden. Von daher habe ich eine total entspannte Vergangenheit was Weihnachten anbelangt, und auch eine hoffnungsvolle Zukunft.

Ricore: Hat Ihre Familie eine ähnliche Einstellung zu Weihnachten?

Wepper: Ja natürlich. In meiner Frau habe ich jemanden gefunden, die aus einer ähnlich strukturierten Familie kommt. Weihnachten ist auch in ihrer Familie ein wichtiger Bestandteil. Ich möchte meiner Frau zwei Ehrentitel mitgeben: "Professor Mutter" für Mutterschaft und "Professor Weih" für Weihnachten.

Ricore: Wie wird Ihr Haus zu Weihnachten geschmückt?

Wepper: Bei mir zu Hause wird Weihnachten schon von weitem signalisiert. Im Garten leuchtet ein Weihnachtsbaum, und spätestens auf der Türschwelle bemerkt man den riesigen Christstern auf dem Fußabtreter. Weihnachten ist bei uns entspannt. Das wissen auch die Kinder und die Enkel. Sie können sich also vorstellen, dass ich einen ganz festen Plan zu Weihnachten habe.

Ricore: Was halten Sie von der vorweihnachtlichen Dekoration in den Geschäften?

Wepper: Für mich beginnt Weihnachten zu früh. Wenn man im Oktober nach Portugal fährt, sieht man schon überall Christsterne. So früh möchte ich nicht daran erinnert werden. Ich habe aber nichts gegen eine dezente Einstimmung mit Tannenzapfen und Ähnlichem. Eine klassische Einstimmung ist natürlich der Advent. Spätestens Nikolaus.

Ricore: Sie haben schon einmal einen Weihnachtsfilm gedreht?

Wepper: Ja, "Ein Engel namens Hans-Dieter". Dieser Film wurde leider im November gesendet und somit versendet. Es macht mehr Sinn, in der besinnlichen Zeit solche Filme zu zeigen. Ich glaube auch, dass viele Menschen sich so wie ich auf Weihnachten einstimmen wollen und auch bereit sind, ihre Herzen zu öffnen. Aber um es ganz klar auszudrücken, wer gerne Western sieht, wird nie einen Weihnachtsfilm sehen wollen. Man kann natürlich nicht jeden Abend vier Wochen lang einen Weihnachtsfilm anschauen. So viele werden zum Glück nicht produziert.
Graf Film
Fritz Wepper zu "Der Weihnachts-Ekel"
Ricore: Sehen Sie Parallelen zwischen der damaligen Figur Hans Dieter und der jetzigen Figur Robert Lahnstein in "Das Weihnachts-Ekel"?

Wepper: Die einzige Parallele ist, sie schauen mir beide sehr ähnlich. Aber allen Ernstes: Es gibt sowohl in der einen als auch in der anderen Geschichte eine Läuterung. Es hat ja keinen Sinn, ein Weihnachts-Ekel über den Bildschirm marschieren und wieder verschwinden zu lassen. Also ist die Läuterung oder auch das Brechen einer bestimmten Verhaltensweise das Spannende. Das Weihnachts-Ekel ist ja nicht als Ekel auf die Welt gekommen. Vielleicht ist er auch nicht so ekelhaft. Wahrscheinlich hat er nur eine ganz verkrustete und angespannte Einstellung zu Weihnachten und zu seinen Mitmenschen.

Ricore: Können Sie ihre Filmrolle bezüglich seines Verhaltens gegenüber Weihnachten verstehen?

Wepper: Meine Absicht ist, diese Figur glaubwürdig darzustellen. Diese Figur hat einen Vorlauf. Da er schon über 60 Jahre alt ist, konnte er schon 57 Mal mehr oder weniger bewusst Weihnachten erleben. Ich unterstelle ihm, dass er nicht dumm ist. Ich glaube, er ist ein enttäuschter Mann, der zugemacht hat, um keine Angriffsfläche zu bieten, um nicht verletzt zu werden. Er ist auch eine Art Alibi-Figur. Man sagt, ich bin zwar auch schlimm, aber nicht ganz so schlimm.

Ricore: Hat Ihnen die Rolle Spaß gemacht?

Wepper: Mir machen solche Rollen immer Spaß. Ich versuche, meinen Figuren über Gelebtes und Erlebtes Gefühl und etwas Alltägliches einzuhauchen. Ich versuche, mich in die jeweilige Situation hinein zu versetzen. So kann man sagen, die jeweilige Figur ist zwar böse, aber zumindest menschlich. Jeder von uns hat viele Schattierungen. Diese fast normale Verhaltensweise im Alltag macht es aus. Es geht um charakterliche Zustände, um Schwingungen und um Verhaltensweisen von Menschen in bestimmten Situationen.

Ricore: Sie mögen also die Bösewichte?

Wepper: Ich mag vor allem die lesbaren Charaktere, die sicher nicht pflegeleicht sind, die aber einen Charakter haben. Deshalb bin ich ja auch Charakterdarsteller. Das sind Figuren, die mich interessieren. Mein Bestreben ist es, sie als Mensch darzustellen, auch wenn sie grantig sind. Ich will keine Schleimspuren hinterlassen, sondern dem Zuschauer einen Wahrnehmungseffekt bieten. Ich glaube, dass auf dieser Ebene die Alltäglichkeit neben dem großen Welttheater bestehen kann.

Ricore: Zu Weihnachten und zum Jahreswechsel nimmt man sich oft etwas Neues vor, will mit der alten Person brechen, freundlicher sein...

Wepper: Ja, und genau das ist das Interessante. So ganz gut sind wir ja alle nicht, aber so ganz schlecht nun auch nicht. Jeder von uns gibt einmal etwas Negatives von sich, ein paar Bemerkungen die anderen wehtun.

Ricore: Wie sieht der Weihnachtsabend bei Ihnen zu Hause aus?

Wepper: Heiligabend wird mit Kindern und Enkelkinder gefeiert, die übliche Bescherung. Zum Essen gibt es Fondue, das ist so gar nicht mein Geschmack. Ich esse zwar alles, bin jetzt aber nicht der große Stecher, obwohl ich ja auch im Kaiserschmarrn herumstochere. Aber es ist nicht mein Traum vom Weihnachtsessen. Dafür findet am nächsten Tag die Entschädigung statt. In der Großfamilie wird die Weihnachtsgans verspeist, die schmeckt herrlich, ich kenne keine Bessere. Dazu bringt die Kinderschwester unserer Töchter und Enkel, Schwester Brigitte, schon seit ewigen Jahren Blaukraut. Sie gehört schon fast zur Familie und lebt auch noch bei unserer Tochter.
Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Fritz Wepper
Ricore: Gehen Sie zur Christmette?

Wepper: Ja, am Tegernsee. Am 1. Weihnachtstag gibt es auch traditionsgemäß den Besuch im Circus Krone. Einmal haben wir dort einen Film gedreht. Ich war Logendiener, gemeinsam mit meinem Cousin habe ich den Stall ausgemistet.

Ricore: Haben Sie auch Tiernummern gemacht?

Wepper: Nein, aber eine Clownnummer. Mit Musik. Dabei habe ich Uschi Glas durchsägt und mit Säbel durchbohrt. Sie ist aber wieder heil herausgekommen. Mit meinem Bruder gemeinsam habe ich eine ganz tolle Nummer gemacht: "Das laufende Pferd". Wir mussten eine Runde in der Manege laufen und auf das laufende Pferd aufspringen. Danach waren wir total ausgepowert. Das waren so meine kleinen Beiträge in der Manege.

Ricore: Schauen Sie am Weihnachtsabend auch Fernsehen?

Wepper: Ich bin natürlich auch Kunde des Fernsehens. Ich sehe gerne Filme in der Adventszeit, die mit Weihnachten zu tun haben. Von klassischen Filmen angefangen bis hin zu modernen. Aber am Weihnachtsabend während der Bescherungszeit natürlich nicht. Nachmittags, wenn das Wetter ganz schlecht ist, kommt das schon ab und zu vor, aber selten. Dann gibt es ja auch Christmetten die im Fernsehen übertragen werden, aber auch das ist eher die Ausnahme. Und in der Nacht kommt es meistens darauf an, was ich geschenkt bekommen habe. Bei einem tollen Buch fange ich meistens schon an zu lesen. Manchmal gibt es auch einen christlichen Rotwein und Plätzchen. Die schmecken sehr gut mit Champagner.

Ricore: Sie feiern also Weihnachten im Kreise der Familie, groß und traditionell. Auch mit ihrem Bruder?

Wepper: Ja, auch mit meinem Bruder, allerdings erst am nächsten Tag, mit der ganzen Familie. Der 25. Dezember ist Familienzusammenführung, da freuen sich schon alle drauf, weil die Gans so gut schmeckt. Und wir kommen auch alle freiwillig. Keiner wird gezwungen.

Ricore: Was ist Ihr schönstes Weihnachtserlebnis?

Wepper: Jedes Weihnachten ist besonders, zum Beispiel das erste Weihnachten mit der Tochter.
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Das Weihnachts-Ekel
Ricore: Was war das schönste Geschenk, das Sie jemals verschenkt haben?

Wepper: Das kann ich nicht so selbstherrlich sagen. Aber es ist sehr gut angekommen. Über weiteres müssen Sie die Beglückten fragen.

Ricore: Gehören Sie zu den Menschen, die Geschenke auf den letzten Drücker kaufen, oder sorgen Sie vor?

Wepper: Ich bin sowohl als auch. Ich habe zum Beispiel vor drei Wochen in Australien das Weihnachtsgeschenk meine Frau bestellt. Ich kenne aber auch die Situation, dass am letzten Tag, am besten kurz vor 12 Uhr Mittags, wenn die ersten Geschäfte schon schließen, das eine oder andere noch besorgt werden muss. Aber in solchen Stresssituationen bin ich meist der ruhige Typ und sage: "Jetzt trinken wir erst einmal ein Weißbier und dann schauen wir weiter."

Ricore: Sind Sie generell jemand, der mit Stress gut umgehen kann?

Wepper: Ich bin beides. Ich brauche Stress und ich kann mit Stress gut umgehen. Ich kannte einen der ersten Wissenschaftler, der damals Ende der 60-Jahre Bücher über Stress geschrieben hat. Stress kann man ja auch im Blut nachweisen. Überstress führt zum Beispiel zu Herzinfarkt.

Ricore: Gab es schon einmal eine extreme Stresssituation, der Sie ausgesetzt waren?

Wepper: Einmal gerieten ein Freund und ich bei einer Ski-Abfahrt in ein loses Schneebrett. Das war für mich eine extreme Stresssituation, da ich auch einen Freund in einer Lawine verloren habe. Ich gehe damit aber relativ gut um, da ich rational denke. Ich bin aber nicht so ein cooler Typ. Ich traue dem Verhalten der coolen Typen nicht. Entweder bei denen findet gar nichts statt, oder sie tun so als ob. Vielleicht gibt es welche die wirklich cool sind.

Ricore: Wer ist Ihrer Meinung nach ein "cooler Typ"?

Wepper: Helmut Fischer war ein wirklich cooler Typ. Einmal sind wir auf einer Terrasse gesessen und neben uns ist plötzlich ein Auto die Böschung runter gefahren. Helmut saß da und sagte bloß: "Habt ihr das gesehen, da ist ein Auto runter gefahren, er ist da einfach runter gefahren? Habt ihr das gesehen?" Das ist cool.

Ricore: Herr Wepper, ich danke Ihnen für das angenehme Gespräch.
erschienen am 15. Dezember 2006
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Regisseur Joseph Vilsmaier produziert mit "Das "Weihnachtsekel" eine leichte und beschwingte Komödie um einen Zyniker, der dem Fest der Liebe nichts abgewinnen kann. Durch Zufall mit anderen Gestrandeten in einem Stall eingeschlossen, zeigt TV-Kommentator Robert Lahnstein (Fritz Wepper) sein wahres Gesicht. Vor seinen bitterbösen Worten bleiben selbst die hochschwangere Simone (Kristina Sprenger) und Pensionistin Rita (Ruth Drexel) nicht verschont.
Selten war eine Schauspielkarriere mit einem einzigen Satz verbunden, wie die von Fritz Wepper: "Harry, hol' schon mal den Wagen." Als Harry Klein in der Krimiserie "Derrick", bekam ihn Fritz so oft zu hören, dass er sich zum Running Gag entwickelte. Die Rolle des Harry Klein begleitete den Schauspieler durch eine weite Strecke seiner Karriere, nämlich von 1969 bis 1998. Angebote aus Hollywood lehnte der bodenständige Münchner ab. 1979 heiratete er Angela von Morgen, die Ex-Frau Ferfrieds von..
2024