Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Michael Roll
Weihnachten und die Kinder
Interview: Spießig und konservativ
Michael Roll ist ein beliebter deutscher Serien- und Charakterdarsteller. Seine weiblichen Fans himmeln ihn an. Doch dies scheint ihn kalt zu lassen. Im Laufe des Gesprächs zu "Das Weihnachts-Ekel" wird klar, in welchen Bereichen Roll seine Prioritäten setzt. Geduldig antwortet er auf meine Fragen, doch so richtig taut der Schauspieler erst auf, als er über die Tabaluga-Kinderstiftung spricht. Mit leuchtenden Augen erzählt er über die Erfolge, die diese Stiftung bei misshandelten und traumatisierten Kindern bereits erreicht hat. Aber auch Weihnachten spielt für den Familienvater eine Rolle.
erschienen am 15. 12. 2006
Graf Film
Michael Roll in "Das Weihnachts-Ekel"
Ricore: War "Das Weihnachts-Ekel" Ihre erste Zusammenarbeit mit Joseph Vilsmaier?

Michael Roll: Wir haben schon vorher einen Kurzfilm gemacht, ebenfalls einen Weihnachtsfilm. Damals ging es um die DDR. Wir haben den Film in Bulgarien gedreht, unter extremen Bedingungen. Es war aber trotzdem recht lustig.

Ricore: Kalt ging es aber auch bei den Dreharbeiten zum "Weihnachts-Ekel" zur Sache...

Roll: Ja, aber das war eine andere Art von Kälte. Wenn man im Freien ist, kann man sich darauf einstellen. Man zieht sich zwei Jacken mehr an, ein zusätzliches Paar Socken und man hat beheizte Zelte in der Nähe. Aber manchmal dachte ich mir schon, eine Badewanne muss her. Aber die Scheune wo wir drehten, war recht gemütlich, es brannte ja immer ein Feuer.

Ricore: Was hat Sie an Ihrer Rolle besonders gereizt?

Roll: Ich finde die Figur "Thomas Sattler" sehr toll. Ich spiele einen Vater, der aus der Not geboren Unsinn macht. Durch die Begegnungen in der Hütte findet er unter anderem auch, nicht zuletzt durch glückliche Umstände, seine große Liebe, und kann seinen Fehler wieder korrigieren.

Ricore: Was sagen Sie zu dem Vorwurf, dass Sie in Bezug auf ihre Rollenauswahl nicht wählerisch sind?

Roll: Das ist die subjektive Meinung eines Journalisten, da kann ich nicht viel dazu sagen. Wenn das jemand so sieht, sei ihm das gestattet. Alles andere wäre jetzt unsinnig darauf zu reagieren. Curd Jürgens hat immer gesagt: "Hat der meinen Namen richtig geschrieben?" Alles andere war ihm egal.

Ricore: Sie spielen des Öfteren den Bösewicht...

Roll: Ja, aber dieser Charakter in "Das Weihnachts-Ekel" ist kein Bösewicht. Thomas Sattler ist im Grunde ein guter Mensch, der im Affekt eine Dummheit begeht. Er macht es ja nicht um ein Luxusauto kaufen, sondern er hat Angst um seine Existenz. Permanent kämpft gegen den Geldmangel an, das ist ziemlich traurig. Noch dazu hat er einen Sohn. Ständig wirft er sich vor, dass er diesem Jungen nicht einmal einen Tannenbaum kaufen kann. Geschweige denn ein Geschenk, oder ihm im Januar eine warme Suppe hinstellen kann. Da kann ich schon verstehen, dass einer mal zulangt.
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Michael Roll am Set von Das Weihnachts-Ekel
Ricore: Auch wenn Sie Bösewichte spielen, liegt Ihnen ihre weibliche Fangemeinschaft zu Füßen. Wie gehen Sie damit um, begehrenswert zu sein?

Roll: Das sagen Sie, aber das kann ich nicht beurteilen. Ich mache diese Erfahrung nicht allzu oft. Bei mir wirft sich niemand auf den Boden. Im Fernsehen mag das so sein, aber die kriegen Geld dafür, dass sie sich mich hingeben. Ob meine Schauspielkolleginnen das immer wollen, weiß ich nicht, sie müssen es...

Ricore: Wie stehen Sie zu Weihnachten?

Roll: Ich liebe Weihnachten. Es muss kitschig sein, pompös, es gibt viel zu essen und viel zu trinken. Und dann schläft man mit einem seligen Lächeln ein. Das ist wunderbar, dann ist Weihnachten schön. Auch wenn man die Kinder glücklich sieht, wie sie mit ihren Geschenken und Spielsachen herumhantieren.

Ricore: Gehören Sie zu den Menschen, die Geschenke im letzten Moment kaufen?

Roll: Ja leider. Meine drei Töchter schreiben zwar jetzt schon den Wunschzettel, und die eine ist, glaube ich, schon bei Seite vier. Und meistens ahnen sie ja schon was es gibt. Sie haben ja auch ganz klare Wertigkeiten. Das Oberste auf dem Wunschzettel ist das Wichtigste. Meine Tochter hatte im September Geburtstag und sie hatte nur einen einzigen Lebenswunsch. Das war ein ganz bestimmter Reithelm. Wenn sie den nicht bekommen hätte, ich glaube sie hätte mich ein Jahr lang geschnitten. Sie hätte mich wahrscheinlich nie wieder angeschaut.

Ricore: Im "Weihnachts-Ekel" findet man einige Anspielungen auf die Kirche. Sind Sie gläubiger Christ?

Roll: Nein, ich bin überzeugte Atheist. Ich bin nicht religiös im Sinn der Kirche und schon gar nicht im Sinn der katholischen Kirche.

Ricore: Sehen Sie in Ihrer Freizeit "Wer wird Millionär"?

Roll: Oh, ja, sehr gerne sogar. Erstens finde ich die Show spannend. Ich liebe diese Zocker-Situation. Ich frage mich immer, was würde ich in so einer Situation machen? Wenn man mit viel Geld nach Hause gehen könnte, die Summe aber mit einer einzigen Frage verdoppeln kann, ich wüsste nicht was ich tun würde.
Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Michael Roll
Ricore: Würden Sie bei der Show selbst mitmachen?

Roll: Höchstens bei dem Promi-Special, wenn ich eingeladen würde. Das gewonnene Geld würde ich für meine Tabaluga-Kinderstiftung verwenden. Da bin ich auch Stiftungsbeirat. Und da ich weiß, was 125.000 Euro für die Stiftung bedeuten, würde ich nicht zocken.

Ricore: Wie sieht die Arbeit Ihrer Stiftung aus?

Roll: Wir behandeln grob gesprochen, traumatisierte und misshandelte Kinder. Wobei traumatisiert weit gegriffen ist. Das kann geschehen durch sexuellen Missbrauch, durch Gewalt in und außerhalb der Familie und durch Unfälle. Es gibt Kinder deren Eltern bei Verkehrsunfällen ums Leben gekommen sind. Es gibt Kinder, die von ihrer Verwandtschaft vom Babyalter an missbraucht wurden. Diese Kinder haben kein Selbstwertgefühl, sie haben keinen Wertemaßstab im Leben, sie wissen nicht was gut und böse ist.

Ricore: Wie viele Kinder behandelt die Stiftung derzeit?

Roll: Im Moment sind es 70 Kinder die stationär behandelt werden und bis zu 400 sind in ambulanter Betreuung. Das Ganze ist natürlich auch sehr teuer, da wir es auf einem sehr hohen Niveau betreiben. Wir haben Gruppen mit sechs Kindern und je drei Therapeuten, die 24 Stunden 365 Tage im Jahr zur Verfügung stehen. Um das finanzieren zu können, braucht es immense Spendengelder.

Ricore: Sie haben erst vor kurzem eine Reithalle gebaut?

Roll: Ja, mit meiner Frau gemeinsam ist es mir jetzt gelungen, eine Reittherapie ins Leben zu rufen. Da meine Frau Reitlehrerin ist, war ihr das Reiten immer sehr wichtig. Wir haben es jetzt geschafft, mit dem Erlös des Golfturniers, das wir jedes Jahr veranstalten, eine Reithalle zu bauen. Das Problem bei der Reittherapie war, dass die Kontinuität im Winter nicht gewahrt werden konnte. Monatelang konnten die Kinder nichts machen und für ein Kind ist der Umgang mit einem Pferd das Wichtigste. Die Kinder kommen zusammengepfercht zu uns. Wenn sie sich aber auf dem Pferd halten wollen, müssen sie sich aufrichten und aufmachen, Haltung annehmen... Das dauert oft Jahre. Für viele Kinder war das oft die einzige Möglichkeit, mit einem Lebewesen zu kommunizieren. Manche haben sich stundenlang auf einen Pferderücken gelegt und ließen sich tragen. Und im Winter hat Ihnen das natürlich gefehlt. Gemeinsam mit Freunden haben wir innerhalb von zehn Jahren eine Viertel Million Euro zusammen gestochert und nun diese Halle gebaut.

Ricore: Wie sehen Sie die Erfolge bei den Kindern?

Roll: Ich bekomme sehr viel Feedback, auch von dem Leiter der Stiftung, mit dem ich sehr gut befreundet bin. Ein paar von den Kindern habe ich auch kennen gelernt. Das Schicksal von manchen Kindern ist erschreckend. Vor fünf Jahren waren Einige kaum ansprechbar, haben nie gelacht oder standen in der Ecke... Und plötzlich merkt man, sie können wieder ins Leben zurückfinden.
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Das Weihnachts-Ekel
Ricore: Verbringen Sie als ehemaliger Skilehrer ihren Winterurlaub in den Bergen?

Roll: Ja, wir fahren eine Woche in Winterurlaub mit den Kindern. Ich fahre aber nicht mehr so viel Ski und auch nicht mehr so fanatisch wie früher. Am Wochenende ein bisschen oder unter der Woche. Man hat heutzutage ja viele Möglichkeiten. Man setzt sich ins Auto, fährt eine Stunde zum Skigebiet, fährt drei Stunden und kommt am Abend wieder zurück. Das geht super. Die Kinder haben um 12 Uhr Mittags Schule aus, um zwei Uhr ist man am Skilift, das reicht.

Ricore: Betreiben Sie noch anderen Wintersport?

Roll: Nein. Einmal bin ich auf einem Snowboard gestanden, habe aber bald bemerkt, dass dies nichts mehr für mich ist. Allerdings will meine große Tochter das Snowboarden erlernen. Das ist aber normal, mit 18, 19 Jahren will man das halt.

Ricore: Was ist ihr nächstes Filmprojekt?

Roll: Da gibt es eigentlich nichts Konkretes. Nächstes Jahr drehen wir wahrscheinlich zwei Folgen von "Lukas", aber erst im Sommer. Ansonsten lasse ich mich überraschen.

Ricore: Sie spielen auch Theater. Ist für Sie die Bühne wichtiger als der Film?

Roll: Da unterscheide ich nicht. Denn es ist im Grunde dasselbe: Ich versuche eine Figur dem Zuschauer nahe zu bringen. Ob ich das direkt über die Bühne mache und zwei Stunden live spiele, oder mit Hilfe des technischen Apparates einen Film drehe, macht für mich nicht viel Unterschied. Der Unterschied liegt eher in der technischen Natur. Beim Theater hat man das direkte Feedback von den Menschen, das ist aber auch vergänglicher. Ich schaue mir manchmal alte Filme von mir an und denke mir "Oh Gott, wie hast du denn da gespielt?". Aber da muss man professionell darüber stehen und lernen einzuschätzen, was man tut.

Ricore: Wie kommt ihre Familie damit zurecht, dass Sie während der Dreharbeiten manchmal wochenlang weg sind?

Roll: Meine Familie kennt das nicht anders. Ich glaube, dass sie ganz gut damit klar kommt. Man muss halt flexibel sein und spontan, aber das mag ich auch.

Ricore: Herr Roll, ich danke Ihnen für das Gespräch.
erschienen am 15. Dezember 2006
Zum Thema
Michael Roll wird am 29. April 1961 geboren. Den Bezug zum Filmgeschäft hat der Münchner seit seiner Kindheit. Vater Gernot arbeitet als Kameramann und Regisseur und ist seit 2002 Der König" bekannt, die von 1994 bis 1998 im Fernsehen zu sehen ist. Seine Engagements wechseln zwischen Krimi ("Ein Fall für Zwei"), Kinderfilm ("Das Morphus Geheimnis") und Komödie ("Die Hüttenwirtin"). Der TV-, Kino- und Theaterschauspieler ist geschieden und hat drei Töchter.
Regisseur Joseph Vilsmaier produziert mit "Das "Weihnachtsekel" eine leichte und beschwingte Komödie um einen Zyniker, der dem Fest der Liebe nichts abgewinnen kann. Durch Zufall mit anderen Gestrandeten in einem Stall eingeschlossen, zeigt TV-Kommentator Robert Lahnstein (Fritz Wepper) sein wahres Gesicht. Vor seinen bitterbösen Worten bleiben selbst die hochschwangere Simone (Kristina Sprenger) und Pensionistin Rita (Ruth Drexel) nicht verschont.
2024