Paramount Pictures
Susan Sarandon
Böser als die Schwiegermutter?
Interview: Susan Sarandon in 'Igby'
Sie ist berühmt für ihre Brüste, für linksliberale Friedensaktivitäten und das enorme Talent. Susan Sarandon mag ihre Karriere als Janet in der "The Rocky Horror Picture Show" begonnen haben, das sexuelle Erwachen unter den Händen von Dr. Frank'n'Furter ist aber längst dem Wissen einer reifen Frau gewichen, die sich Rollen und Männer nach ihrer Verschiedenartigkeit aussucht. In ihrem Beruf scheut sie nicht vor kontroversen Rollen zurück, im Privatleben nicht vor unpopulären politischen Aussagen. Bei der letzten Oscarverleihung machte sie Peace-Zeichen in die Luft während sich halb Hollywood pikiert über Michael Moore's Dankrede (..."schäm dich, Bush!"...) mokierte. "Igby" zeigt eine Susan Sarandon, die jede Eitelkeit weglässt und einfach die wahrhaft widerwärtige Frau und Mutter spielt.
erschienen am 28. 04. 2003
Solo Film Verleih
Susan Sarandon in: Igby
Ricore: Wie würden Sie diese Frau beschreiben?

Susan Sarandon: Als absolut unverzeihlich. Sie hat Probleme mit sich selbst und kreiert deshalb welche für alle anderen.

Ricore: Sie haben in ihrer Karriere bereits viele verschiedene Mütter gespielt: da war die krebskranke in "Seite an Seite", die egoistische aus dem Trailer in "Überall, nur nicht hier", und jüngst die steife Upperclass Mutter in "Groupies Forever". Gibt es Ihrer Meinung nach eine Verbindung zwischen Gesellschaftsschicht und der Qualität von Eltern?

Sarandon: Die Mutter in "Igby" versagt, weil sie kein Interesse an den Emotionen ihrer Kinder hat, und sich nur für sich, und ihre hohe gesellschaftliche Stellung interessiert. Aber lassen sie mich bitte gleich sagen, dass die Frau in "Überall, nur nicht hier" schweinearm war und trotzdem eine lausige Mutter. Es hat selten etwas mit Privilegien und Reichtum zu tun. Das bestimmt nie wie gut man als Mutter ist. Und glauben Sie mir: Muttersein ist der unmöglichste Job der Welt. Und am allerschwierigsten richtig zu machen. Und wenn du die perfekte Mutter bist, dann ist das zu Tode anstrengend, du kannst also nicht gewinnen, ganz gleich, was du machst. Wenn ich gefragt werde, wie es ist als reiche Schauspielerin privilegierte Kinder aufzuziehen, dann sage ich immer, deshalb lebe ich in New York. Es ist meine Philosophie, dass es dort viel einfacher ist so zu tun, als wäre man einer von vielen und nichts besonderes. Und man kann dort seinen Kinder viel leichter beibringen, dass Ruhm nichts bedeutet und sie mit einem normalen Verantwortungsbewusstsein ausstatten. Meine Kinder wachsen noch dazu in einem Stadtteil auf, wo sie verschiedene Sprachen hören, mit allen Rassen und Nationalitäten zur Schule gehen, und Freunde aus allen Gesellschaftsschichten haben. Sie wissen, dass sie privilegiert sind, aber dass das bedeutet den weniger privilegierten zu helfen, ihnen etwas zurück zu geben.
Solo Film Verleih
Kieran Culkin in: Igby
Susan Sarandon: Bush's Cowboy-Diktion
Ricore: Sie haben des öfteren mit Kindern gearbeitet. Wie war Kieran Culkin?

Sarandon: Er ist unfassbar gut. Er hat so hart gearbeitet! "Igby" ist eine Komödie aber es gab einige Szenen, die für Kieran unglaublich schwer waren. Ich fand beide Jungs, Culkin und Ryan Phillippe sehr professionell.


Ricore: Nach dem 11.September haben sogar die radikalsten Hollywoodpromis ihre Meinung über Bush entweder geändert oder halten sich sehr mit Aussagen gegen und Kritik an der Regierung zurück.

Sarandon: Klar! Weil Kritik auf einmal als unamerikanisch gilt. Ich frage immer, wo ist der Dalai Lama? Hat er irgendwas gesagt? Werden wir endlich etwas anderes als diese Cowboy-Diktion hören? Steht endlich jemand auf, der die Position und Führungskraft eines Dalai Lama besitzt? Und dann höre ich von europäischen Freunden, ja doch, er sagt viel, nur das hört Ihr Amerikaner nicht in Euren Nachrichten! Wir haben tausend verschiedene Nachrichtensender, und alle werden sie von großen Firmen kontrolliert, die ihr Geld aufgrund und nach dem letzten Golfkrieg machten. Die Leute haben Angst. Kurz nach dem 11.September begannen Studenten Fragen zu stellen, studierten den Islam. Sie haben nicht mal Kritik geübt, nur Fragen gestellt. Sofort schrieben die Damen Lieberman und Cheney - eine ist mit einem Senator, die andere mit dem Vizepräsidenten verheiratet, Beide sind für die Subventionen von Universitäten zuständig - alle Namen von Universitätsprofessoren auf eine schwarzen Liste, die diese Fragen ermutigten. Bürgerrechtsvereinigungen protestierten, aber wer will schon seinen Mund aufmachen, wenn nicht mal ein Universitätsprofessor mehr sicher ist?! Ich will wissen, wer sich darüber aufregt! Wer beschwert sich darüber? Und dabei ist dieses Land auf dem Prinzip aufgebaut, dass es nicht nur dein Recht, sondern deine Pflicht ist, Fragen zu stellen, Autoritäten zu hinterfragen und zu kritisieren. Und wenn uns das nicht mehr erlaubt ist, dann hat der 11.September etwas viel Schrecklicheres bewirkt, als wir alle dachten.
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Susan Sarandon und Jeff Goldblum in: Igby
Ricore: Europäer wissen schon lange, dass Amerikaner dazu erzogen werden, in schwarzweiß, Gut-Böse-Terminologie zu denken, und dass der Rest der Welt diese Simplifizierung nicht teilen kann...

Sarandon: Ja, und der Aufstieg des Fanatismus ist ein Symptom dieses Denkens, denn Schwarzweiß-Denken bedeutet, dass du nicht für dich selbst denken musst. Adam und Eva haben lange gebraucht um den Garten Eden zu verlassen. Das Leben ist viel schwieriger, wenn man vom Baum des Wissen isst und seine eigenen Entscheidungen fällen muss. Es ist ein Zeichen von totaler unreife, wenn man alles schwarz-weiß sieht. Ist doch viel einfacher, wenn dir irgendwelche Vaterfiguren sagen was du glauben sollst und darfst.

Ricore: Sie haben sich nie den Mund verbieten lassen, und sind immer für das eingetreten, woran Sie glauben. Wie schaffen Sie es unter diesen Umständen in Ihrem Land politisch unpopulär zu sein?

Sarandon: Es ist sehr schwer, und ich bin sehr müde. Ich finde es immer schwieriger, aber ich habe keine Wahl. Ich fühle, dass es meine Verantwortung ist. Und ich bin von Natur aus eine Kämpferin. Die Liebe meines Mannes, meiner Familie und meiner Freunde hilft mir. Und ich fühle mich unglaublich inspiriert, wenn ich Leute treffe, die von ganz unten anfangen eine Veränderung herbeizuführen. Es gibt auch in Amerika Armeen von Menschen, die dafür kämpfen, dass andere zu essen haben, Bildung genießen können und ein Leben nach dem anderen zum Besseren verändern.
erschienen am 28. April 2003
Zum Thema
Geboren in New York City, New York, USA.
Igby! (Kinofilm)
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2024