Tzveta Bozadjieva/Ricore Text
Petra Schmidt-Schaller
Moderne Helene: Petra Schmidt-Schaller
Interview: Talent und guter Glaube
Das zweite Interview vor dem Frühstück: Kein Grund zu schlechter Laune für Petra Schmidt-Schaller. Die Newcomerin ist Stress und Herausforderungen gewohnt. In Rainer Kaufmanns Komödie "Ein fliehendes Pferd" strahlt sie an der Seite von Katja Riemann, Ulrich Tukur und Ulrich Noethen. Die Arbeit mit renommierten deutschen Schauspielern sieht Frau Schmidt-Schaller als Chance. Im Laufe des Gesprächs gibt sie ein Stück ihrer Lebensphilosophie und das Geheimnis ihres Erfolges preis: "Always look on the bride side of life!"
erschienen am 23. 09. 2007
Concorde Filmverleih
Petra Schmidt-Schaller in "Ein fliehendes Pferd".
Ricore: Wie kamen Sie zur Rolle der Helene in "Ein fliehendes Pferd"?

Petra Schmidt-Schaller: Es ging geregelte Wege. Ich habe an einem Casting teilgenommen und habe so die Rolle bekommen.

Ricore: Kannten Sie das Drehbuch schon?

Schmidt-Schaller: Nein. Ich kannte nur die Handlung. Auch die Novelle war mir unbekannt. Erst nachdem ich die Rolle erhielt, habe ich mich schlau gemacht. Als ich das Drehbuch bekam, fand ich es einfach nur toll. Zu sehen, wie aus der Romanvorlage etwas Zeitgenössisches wird, fand ich sehr spannend.

Ricore: Wie würden Sie Helene beschreiben?

Schmidt-Schaller: Sie hat etwas was sehr Transparentes. Helene ist für mich ein schwebender Mensch, immer fünf Zentimeter über dem Boden. Nicht wegen ihrer Arroganz, sondern aufgrund ihrer Leichtigkeit. Andererseits nimmt sie alles, was passiert auf, und verarbeitet es positiv. Natürlich hat sie ihre Ecken, die sie versteckt und die doch an einigen Stellen hervorkommen.

Ricore: Hatten Sie Bedenken wegen der Rolle? Helene repräsentiert viele Klischees: jung, blond, mit einem älteren Mann zusammen...

Schmidt-Schaller: Nein. Ich denke, man muss den Film als Ganzes nehmen. Erst dann kann man aussortieren, wie man Klaus und Helene für sich wahrnimmt. Mir sind sie wie Schutzengel vorgekommen, deswegen war das nie ein Problem. Helene ist für mich kein Dummchen. Deshalb konnte ich mit der Rolle super umgehen.

Ricore: Haben Sie Ähnlichkeiten mit Helene?

Schmidt-Schaller: Im Ansatz vielleicht, wir sehen beide gewisse Sachen positiv. Aber ich bin viel mehr Realist und versuche Sachen, auseinander zu nehmen.
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Ein fliehendes Pferd
Ricore: Wie sehen Sie Helene in zehn Jahren?

Schmidt-Schaller: Gute Frage. Ich sehe Helene bei vielen gemeinnützigen Stiftungen oder als Weltreisende. Vielleicht macht sie auch mit Leuten am Strand Pilates oder malt bunte Bilder.

Ricore: Und Klaus ist immer noch in ihrem Leben?

Schmidt-Schaller: Ja, ich glaube, das ist die Art Frau, die an dem Guten festhält und nicht abstürzt. Das heißt ja nicht, dass sie nicht weint oder trauert.

Ricore: Wo sehen Sie sich selbst in zehn Jahren?

Schmidt-Schaller: Hoffentlich immer noch in diesem Beruf. Ich wünsche mir, dass ich dann immer noch sehr viel arbeiten kann. Das wäre toll.

Ricore: Gab es besonders schwierige Szenen beim Drehen?

Schmidt-Schaller: Sehr schlimm waren die Segelszenen. Immer wenn wir Wind brauchten, war Flaute. Und wenn wird Flaute brauchten, war Sturm. Das war eine Herausforderung, wir waren sehr wetterabhängig.

Ricore: Waren Helenes Nacktszenen ein Problem für Sie?

Schmidt-Schaller: Nein, überhaupt nicht. Zum einen hat Rainer eine tolle Atmosphäre beim Drehen geschaffen. Es war alles unglaublich professionell. Zum anderen war es auch schön warm.

Ricore: Wie war die Zusammenarbeit mit Katja Riemann, Ulrich Tukur und Ulrich Noethen?

Schmidt-Schaller: Sehr schön, ich bin sehr begeistert vom Dreh zurückgekommen. Ich stehe mit Katja auch noch in Verbindung, mit Ulli Tukur weniger, weil er nun in Venedig lebt. Mit Uli Noethen schreibe ich ab und zu eine SMS. Aber es war sehr schön, ich erzähle immer noch mit leuchtenden Augen davon. Die drei haben mich als gleichberechtigt gesehen.
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Petra Schmidt-Schaller auf dem Rücken von Ulrich Tukur.
Ricore: Fühlt man sich unter Druck gesetzt, wenn man mit so vielen bekannten Schauspielern zusammen dreht?

Schmidt-Schaller: Aus irgendeinem Grund, und ich bin sehr dankbar dafür, habe ich das erst viel später realisiert. Natürlich wusste ich, dass es drei deutsche Schauspielgrößen sind. Und Rainer Kaufmann ist natürlich ein toller Regisseur. Dennoch stand die Bewältigung meiner Figur an erster Stelle. Es ging ums Arbeiten. Jetzt, wo der Film in die Kinos kommt, denke ich: "Ja, stimmt. Katja ist nicht nur Katja, sondern Katja Riemann". Wir sind Freunde geworden und auf einmal merkt man wieder, in welchem Ring sie stehen. Ich bin sehr dankbar, dass ich es machen konnte.

Ricore: Haben Sie dazu gelernt?

Schmidt-Schaller: Abgeguckt weniger, aber man lernt bei jedem Dreh Neues. Es geht meistens um ganz kleine technische Sachen. Ich glaube aber, dass man ein ganzes Leben lernt, da jede Rolle anders ist.

Ricore: Wie war Rainer Kaufmann als Regisseur?

Schmidt-Schaller: Die Arbeit ist wie eine Symbiose: ein Geben und Nehmen auf beiden Seiten. Er nimmt was man ihm gibt, gibt es dann aber auch wieder zurück. Er ist unglaublich positiv. Es gab keinen einzigen Tag, an dem er nicht gelächelt hat. Da mag man gerne spielen.

Ricore: Wie sind Sie zur Schauspielerei gekommen?

Schmidt-Schaller: Ich habe ganz einfach eine Ausbildung gemacht. Dann war ich rund zweieinhalb Jahre am Theater. Von da bin ich so zu sagen ins Filmgeschäft hineingerutscht. Nebenbei, wenn es sich ergibt, mache ich noch immer Theater.

Ricore: Gibt es da Unterschiede?

Schmidt-Schaller: Ja, ganz große. Schon allein das Publikum. Beim Theater hast du direkt und unmittelbar den Kritiker vor dir sitzen. Die Menschen buhen dich aus oder klatschen. Am schönsten sind die Jugendlichen, die sehr lebendig sind, wenn man sie mit dem Stück packt. Beim Film finde ich, hat man dieses Unmittelbare nicht. Dann ist es immer schön, wenn man von Kollegen Feedback bekommt.

Ricore: Wie gehen Sie mit Kritik um?

Schmidt-Schaller: Ich glaube, ich kann es ganz gut filtern. Ich habe das schon paar Mal erlebt. Es gab einige Theaterstücke, die gescheitert sing. Mit "Reine Formsache" floppte auch ein Film. Wenn es richtig bösartige Kritiken sind, lässt man die Zeitung einfach liegen.
Tzveta Bozadjieva/Ricore Medienverlag
Petra Schmidt-Schaller
Ricore: Haben Sie eine Traumrolle, im Kino oder Theater?

Schmidt-Schaller: Eine bestimmte Rolle nicht. Ich würde liebend gern mal eine Amazone spielen oder etwas ganz Dramatisches, eine Frau, die ihr Kind verliert vielleicht. Eine Herausforderung. Ich wünsche mir, dass meine Rollen abwechslungsreich sind.

Ricore: Gibt es eine Rolle, die Sie überhaupt nicht spielen würden?

Schmidt-Schaller: Nein, da fällt mir nichts ein.

Ricore: Was haben Sie demnächst vor?

Schmidt-Schaller: Die nächsten Dreharbeiten stehen schon an. Dann Lesungen und Hörspiele.

Ricore: Waren Sie schon mal unzufrieden mit irgendeiner Arbeit?

Schmidt-Schaller: Bei Dreharbeiten weniger, aber im Theater versucht man es jeden Abend vom Neuen. Wenn ich nicht zufrieden bin, dann kann man es nochmals versuchen. Und dann kommt ein gutes Ergebnis heraus.

Ricore: Haben Sie Vorbilder?

Schmidt-Schaller: Nina Hoss zum Beispiel. Meryl Streep ist ebenfalls eine wunderbare Frau und wie sie spielt, ist faszinierend.

Ricore: Viel Erfolg für die Premiere und Danke für das nette Gespräch.
erschienen am 23. September 2007
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