In Liebe, eure Hilde

Es war an der Zeit, dass sich der gesamtdeutsche Film nach etlichen Werken über die "Weiße Rose" und die Geschwister Scholl sowie den Attentätern um Claus Schenk Graf von Stauffenberg auch des Kommunistischen Widerstands annimmt, der schon früh Zeichen gegen das Unrecht der Nazis setzt. In der alten Bundesrepublik werden die Angehörigen der Roten Kapelle als sowjetische Spione verunglimpft. In der DDR werden sie gewürdigt, aber Grautöne sind in künstlerischen Würdigungen wie "KLK an PTX - Die Rote Kapelle" nicht erwünscht. Es wird ein unkritischer Heldenmythos verlangt.

Es ist ein Glücksfall, dass sich Drehbuchautorin Laila Stieler und Regisseur Andreas Dresen des Stoffes annehmen. Die künstlerischen Vorbilder sind schnell ausgemacht. Da ist zum einen Margarethe von Trottas "Rosa Luxemburg", der die Persönlichkeit der Mitbegründerin der Kommunistischen Partei Deutschlands in den Fokus stellt. Und natürlich "Die Verlobte" Günther Rücker und Günter Reisch nach der autobiografischen Romantrilogie "Haus der schweren Tore" von Eva Lippold.

"In Liebe, Eure Hilde" konzentriert sich auf das Schicksal von Hilde Coppi, die 1942 einen Sommer zwischen Unbeschwertheit, Verliebtsein und politischen Aktivitäten erlebt. Zum Widerstand gehört sie lange bevor der Freundeskreis die ersten Funksprüche absetzt und Flugblätter in Berlin verteilt. Ihre Motivation entspringt ihrem Humanismus und ihren Überzeugungen. Bei einigen ihrer Mitstreiter wird die Motivation in wenigen Sätzen zumindest angedeutet, bei anderen fehlt sie ganz.

Die Einordnung der Aktivitäten in das von den Nazis vermutete internationale Spionagenetzwerk unterbleibt völlig. Dafür sei auf Werke aus den Niederlanden oder Belgien verwiesen. Die schauspielerische Leistung von Liv Lisa Fries ist in einem Atemzug mit den grandiosen Performances von Jutta Wachowiak und Barbara Sukowa aus den oben genannten Filmen zu nennen. Sie gibt Hilde Coppi als lebensbejahende, reflektierte junge Frau, die aus Überzeugung und ein bisschen auch aus Liebe zur Gruppe stößt. Im Gefängnis lässt sie sich nicht unterkriegen. Auch den anderen Figuren gibt Dresen unverwechselbare Konturen. Er vermeidet auch die üblichen Klischees der rohen Nazis und lotet gemeinsam mit dem Cast Zwischentöne in den Persönlichkeiten von Wach- und medizinischem Personal aus.