Alive
Poison

Poison

Originaltitel
Poison
Regie
Todd Haynes
Darsteller
John Leguizamo, Les Simpson, Joey Grant, Gary Raymond, David Danford, Jason Bauer
Kinostart:
Deutschland, bei
Genre
Horror, Science Fiction
Land
USA
Jahr
1991
Länge
85 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
Es gibt noch keine Userkritik!
Fragmente einer grausamen und hässlichen Welt
Der siebenjährige Richie Beacon hat seinen Vater erschossen und ist aus dem Fenster geflogen. Seitdem hat den Jungen keiner mehr gesehen. Die verstörte Mutter Felicia (Edith Meeks) ist sich sicher, ihr Sohn sei nicht das unschuldige Kind, das alle wahrgenommen haben, sondern ein Engel gewesen. Für die Dokumentarfilmer erzählen sie und ihre Nachbarn Details der seltsamen Geschichte. Im zweiten Erzählstrang forscht Wissenschaftler Dr. Graves (Larry Maxwell) nach den medizinischen Gründen des Sexualtriebs.

Als ihm endlich der Durchbruch gelingt und ein Sexualtrieb-Serum produziert, verschluckt er es aus Versehen. Seine Erfindung macht ihn zu einem Monster, das eine Lepra-Epidemie auslöst. Im dritten Teil trifft John Broom (Scott Renderer) seinen alten Bekannten Jack Bolton (James Lyons) im Gefängnis wieder. Seit ihrem ersten Treffen in einem Erziehungsheim träumt John von Jacks Körper und seiner Liebe.
Der amerikanische Regisseur Todd Haynes experimentiert gerne. Seine Filmsprache orientiert sich an Filmemachern wie Jean-Luc Godard, Federico Fellini und Jean Genet. Schon sein Kurzfilm aus dem Jahr 1980 "Superstar: The Karen Carpenter Story" über die gleichnamige amerikanische Sängerin erregte Aufsehen. Darin verwendet er Barbie-Puppen statt Schauspielern, um die Geschichte einer Magersüchtigen zu erzählen. In seinem Spielfilmdebüt gibt sich der Amerikaner nicht weniger provokant und gewagt. "Poison" ist ein Verwirrspiel von Genres und Filmsprachen. Jean Genets 26-minütiger Film "Ein Liebeslied" aus dem Jahr 1950 über die homosexuellen Phantasien eines Gefangenen dienten Haynes als Inspiration.

Die schwarz-weißen Aufnahmen von Lust und Sinnlichkeit mischt er mit bunten Träumen eines unmöglichen Glücks. Das Thema der sozialen Isolation dominiert auch in der Horror-Geschichte des Sexforschers. Mit eindrucksvoller Stilsicherheit hält sich Haynes an die Vorgaben des 1950er Jahre Genrekinos. Im Dokumentarstil erzählt er schließlich die dritte Episode, einer Geschichte von häuslicher Gewalt und Kindheitstraumata. Im Unterschied zwischen Original und Nachahmung versteckt sich Hynes Aussage. Er ist auf der Spur der Diskrepanz zwischen Schein und Sein, innerem Empfinden und gesellschaftlicher Rolle. Todd Haynes entzieht sich den narrativen Normen des Kinos, um das fragmentierte Bild einer intoleranten Gesellschaft zu zeichnen. Dank seiner Themenwahl und Phantasie gilt er als eine Lichtgestalt der New Queer Cinema. 1991 wurde er auf der Berlinale mit dem Teddy Award ausgezeichnet.
Tzveta Bozadjieva, Filmreporter.de
Alive
Poison
2024