Mixtvision Film & TV
Goodnight Nobody

Goodnight Nobody

Originaltitel
Goodnight Nobody
Regie
Jacqueline Zünd
Darsteller
Mila Dean, Jeremie Kafando, Fedir Nesterchuck, Lin Yao
Kinostart:
Deutschland, am 15.03.2012 bei mixtvision Film & TV
Kinostart:
Schweiz, am 04.02.2011 bei Columbus Film
Genre
Dokumentarfilm, Biographie
Land
Deutschland, Schweiz
Jahr
2010
Länge
76 min.
IMDB
IMDB
Homepage
http://www.goodnightnobody.de
|0  katastrophal
brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
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Dokumentation über schlaflose Menschen
Jacqueline Zünd porträtiert in ihrem Dokumentarfilm "Goodnight Nobody" vier Menschen aus vier Kontinenten, die alle ein Problem verbindet: Schlaflosigkeit. Da gibt es den Ukrainer Fedir, dessen Fall ihn über die Landesgrenzen bekannt gemacht hat. Seit 20 Jahren hat der Mann jenseits der 50 schon nicht geschlafen - und fühlt sich ganz normal, wie er selbst betont. Mit der Schlaflosigkeit hat er sich arrangiert, nicht jedoch mit dem Sensationseffekt, den seine Geschichte seit Jahren in der Öffentlichkeit bewirkt.

In Ouagandougou, Burkina Faso kann der Nachtwächter Jérémie nicht einschlafen. Während er jedoch sein Problem mühelos mit in seiner Nachtarbeit verbindet, muss die arbeitslose Milla aus Arizona gleich zwei Zeiten füllen, den Tag und die Nacht. Doch auch sie hat gelernt, sich mit ihrer Krankheit zu arrangieren. So hat sie Mittel und Wege gefunden, um die Langeweile zu vertreiben, wobei der Fernseher und der intensive DVD-Konsum zu diesem Zweck eine wichtige Rolle spielen. Dagegen ist die Schlaflosigkeit bei Lin Yao eine Folgeerscheinung unserer modernen Welt. Die junge Chinesin aus Shanghai kann nicht einschlafen, weil der Leistungsdruck, dem sie permanent ausgesetzt ist, sie davon abhält.
Das Besondere an "Goodnight Nobody" ist der Umstand, dass es Jacqueline Zünd gelingt, ihrem Thema mit formalen Mitteln zu begegnen. Sie zeigt in ihrer preisgekrönten Dokumentation Menschen, die geisterartig durch menschenleere Nächte schweben und deren Leben von Einsamkeit, Langeweile und Kommunikationslosigkeit geprägt ist. Dabei sind es keine normalen Insomniker, die sie in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung stellt, sondern seltene Extremfälle. Mit der Ausnahme der Chinesin, deren Schlaflosigkeit ursachenbedingt ist, entzieht sich die Insomnie der anderen Charaktere jeder rationalen Erklärung. Auch dass der eine oder andere von ihnen - der Ukraine Fedir vor allem - gar nicht schlafen kann, macht ihre Situation so besonders. Dennoch haben diese Menschen nicht nur einen Weg gefunden, mit ihrem Problem zu leben, sie haben sich auch längst mit ihrem Schicksal abgefunden, was sie laut Zünd zu wahren 'Helden' qualifiziert.

Zünds Bilder beschwören allerdings keinen Heroismus. Vielmehr sind sie darauf aus, nicht nur den inneren Zustand der Betroffenen, sondern auch die Schlaflosigkeit per se zum Ausdruck zu bringen. Das gelingt der Regisseurin meisterlich. Ihre Bilder sind von einer Körnigkeit und Mattigkeit, als wären sie in den 1970er Jahren aufgenommen worden. Die Kamera verharrt meist ruhig auf den Menschen und ihr Milieu, oder sie nimmt die fließende Bewegung der durch die einsamen und tristen Nächte schwebenden Porträtierten auf. Ein andermal - etwa in den Shanghai-Passagen - setzt Zünd Zeitraffer-Effekte ein, als wollte sie der rastlosen Welt draußen den Stillstand der Schlaflosen entgegensetzen. Wichtiges formales Element ist auch der Gegensatz zwischen musikalischer Untermalung, die den tranceartigen Zustand der Insomniker zum Ausdruck bringt, und Stille, die wie die Leere des Raumes deren ständiger Begleiter ist.

Wenn Zünd ihre Figuren nicht als einsame, vom Schwarz der Nacht gefangene Wesen exponiert, dann lässt sie sie über ihre Krankheit reden. Auffällig ist, dass sie sie nie vor der Kamera, sondern immer aus dem Off sprechen lässt. Das macht insofern Sinn, als es dem traumwandlerischen Charakter des Films zupass kommt. Die Kommentare sind dabei eher lebensphilosophische Reflexionen darüber, wie sich die Betroffenen mit ihrer Krankheit in der Welt positionieren, als konkrete Benennungen des Sachverhalts. Sie könne das Problem nicht beschreiben, sagt die junge Chinesin einmal. Sie lebe in einer Art Traumwelt. Es ist bezeichnend für den Film, dass er sich eines rationalen Blickwinkels auf das Thema verweigert. Zünd geht es in "Goodnight Nobody" nicht um das mit Details angereicherte konkrete, sondern darum, die Essenz des Phänomens Schlaflosigkeit transparent zu machen.
Willy Flemmer, Filmreporter.de
Videoclip: Goodnight Nobody
Jacqueline Zünd begegnet in ihrer preisgekrönten Dokumentation "Goodnight Nobody" vier Menschen aus vier Kontinenten, die an extremer...
 
Galerie: Goodnight Nobody
Jacqueline Zünd porträtiert in ihrer Dokumentation "Goodnight Nobody" vier Menschen aus vier Kontinenten, die an extremer Schlaflosigkeit leiden.
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Goodnight Nobody
2024