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Melissa Leo gut gelaunt
Gute Mutter, schlechte Mutter
Starfeature: Wandlungsfähige Melissa Leo
Melissa Leos Name ruft vermutlich bei wenigen ein Gesicht vors innere Auge. Die Schauspielerin gehört zwar zu den viel beschäftigten Darstellerinnen des US-Kinos und -Fernsehens, doch sie ist meist in Nebenrollen zu sehen. Dazu beweist die New Yorkerin eine unglaubliche Wandlungsfähigkeit, die es schwer macht, sie wiederzuerkennen. Spätestens seit der Oscargala 2011 ist sie einem größeren Publikum bekannt.
erschienen am 15. 04. 2011
Senator Filmverleih
Melissa Leo und Christian Bale als Mutter und Sohn
Leo nimmt kein Blatt vor den Mund
Zum einen erhält Melissa Leo den Oscar für die beste weibliche Nebenrolle im Boxerdrama "The Fighter". Zum anderen rutscht ihr in ihrer Dankesrede das F-Wort heraus, auf das die amerikanischen Medien äußerst empfindlich reagieren. Mit dem Satz: "When I watched Kate two years ago, it looked so fucking easy!" sorgt Leo beinahe für mehr Schlagzeilen, als ihre schauspielerische Leistung im Film. Natürlich entschuldigt sie sich im Nachhinein, falls sie mit dieser Aussage irgendwem zu nahe getreten sei und gibt zu, dass solche Wörter nicht auf eine Bühne gehörten.

Trotzdem muss man zweimal hinsehen, um in der Frau in der schicken Abendrobe die Filmmutter von Mark Wahlberg und Christian Bale wiederzuerkennen. Denn an Alice Ward ist nichts stilvoll oder kultiviert. Angefangen bei der blondgesträhnten Kurzhaarfrisur, die an die einer Kleinstadtfriseuse der 1980er Jahre erinnert. Ebenso wenig die nicht dem Alter entsprechenden Miniröcke und vor allem die schnodderige Sprache. Alice flucht, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. Das hat Leo doch mit ihrer Filmfigur gemein.
Senator Filmverleih
Melissa Leo in "The Fighter"
Wandlungsfähig
Im Frühjahr 2011 laufen in den deutschen Kinos gleich zwei Filme mit der gebürtigen New Yorkerin, die ihre Wandlungsfähigkeit eindrucksvoll beweisen. Neben dem Boxfilm "The Fighter" ist sie in "Willkommen bei den Rileys" zu sehen. An der Seite von James Gandolfini spielt sie eine Frau, die den Jahre zurückliegenden Unfalltod ihrer Tochter nicht verwunden hat. Lois hat das Haus schon ewig nicht mehr verlassen. Doch als ihr Mann nach einer Geschäftsreise nicht mehr zurückkommen will, macht sie sich auf, ihn in New Orleans zu suchen.

Wie Melissa Leo die Trauer und Lebensunfähigkeit dieser Frau spielt, geht unter die Haut. Sie muss nicht hysterisch schreien oder weinen, um die Verzweiflung ihrer Figur zu zeigen. Es reicht völlig, wenn sie mit ausdruckslosen Augen in die Kamera sieht, damit der Zuschauer ihren ganzen Schmerz erfasst. Auch in den tragikomischen Momenten des Films, wenn sie im Auto mit den elektrisch verstellbaren Sitzen kämpft, ist es Leos differenziertem Spiel zu verdanken, dass der Film nicht ins Alberne abgleitet. So verschieden die beiden Frauen sind, eine Gemeinsamkeit haben sie: die Liebe zu ihren Kindern. Diese Liebe schlägt auch die Brücke zur dritten wichtigen Mutterrolle in Leos Karriere und die beginnt beim Fernsehen.
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Jack McGee und Melissa Leo
Ausgezeichnete Mutter
Leo hat in zahlreichen US-Fernsehserien gespielt, so zwischen 1993 und 1997 in der Krimiserie "Homicide: Life on the Street". Im Kino ist sie zu dieser Zeit meist in Nebenrollen zu sehen, wenn auch mit Erfolg. 2003 darf sie sich mit den anderen Darstellern aus "21 Gramm" den Best Ensemble Acting Award der Phoenix Film Critics Society teilen. Mutterrollen sind es, mit denen sie vor allem im Gedächtnis bleibt - die den Erfolg bringen. 2008 wird sie für ihre Leistung in "Frozen River" für den Oscar für die beste weibliche Hauptrolle nominiert. In dem Thriller spielt sie eine Mutter, die aus finanzieller Not illegale Einwanderer über die kanadisch-amerikanische Grenze schmuggelt.

Als Mutter von Mark Wahlberg und Christian Bale in "The Fighter" erhält sie 2011 schließlich den Oscar für die beste weibliche Nebenrolle. Das macht mit "Willkommen bei den Rileys" drei Mütter, bei denen man auf den ersten Blick nicht denken würde, dass sie von der gleichen Darstellerin gespielt wurden. Aber Melissa Leo kann verhärmt, schön, verzweifelt, entschlossen, charmant, fein, ordinär und kultiviert sein. Mal ist sie ordentlich geföhnt, mal mit Wasserstoffperoxid blondiert, sie trägt geblümte Blusen oder etwas zu tief ausgeschnittene Tops. Aber immer taucht sie mit Haut und Haaren in ihre Rolle ein und überzeugt. 2010 feierte sie ihren 50. Geburtstag, doch ihre Karriere geht vermutlich gerade erst so richtig los. Denn jetzt ist sie im besten Mütteralter.
erschienen am 15. April 2011
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