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Jean-Pierre Darroussin in "Dialog mit meinem Gärtner"
Jean-Pierre Darroussin sucht Familie
Interview: Stadtmensch mit Liebe zur Natur
In Frankreich gehört Jean-Pierre Darroussin zu den großen Filmstars. Für seine facettenreichen Rollen erhielt er zahlreiche Auszeichnungen. Trotz seines Erfolgs ist von Starallüren nichts zu spüren. Vom äußeren Erscheinungsbild macht Darroussin den Eindruck, als komme er gerade vom Feld. Doch er behauptet im Gespräch mit Ricore Text, ein Stadtmensch zu sein, der mit dem Landleben nichts am Hut hat - außer in seinen Filmrollen, so auch in Jean Beckers "Dialog mit meinem Gärtner".
erschienen am 20. 12. 2007
Arsenal Filmverleih
Jean-Pierre Darroussin bei seiner Arbeit
Ricore: In Jean Beckers "Dialog mit meinem Gärtner" verkörpern Sie Gärtner Dujardin. Der Charakter ist von einer Liebe zur Natur geprägt. Hegen Sie eine ähnliche Affinität?

Jean-Pierre Darroussin: Ich bin Stadtmensch. Ich lebe in Paris und habe dort keinen Garten. Doch ich wurde von Menschen großgezogen, die auf dem Land aufwuchsen, die Landarbeiter waren, aber später in die Stadt gezogen sind. Sie wussten, wie man verantwortungsvoll mit der Umwelt umgeht und haben dieses Wissen an mich weitergegeben. Ich bin für Umweltschutz und bemühe mich persönlich sehr, im Sinne der Umwelt zu handeln. Trotzdem bin ich ein Stadtmensch.

Ricore: Gärtner Dujardin kümmert sich intensiv um seine große Familie. Haben Sie selbst auch eine große Familie?

Darroussin: Ich habe zwei Kinder. Meine direkte Familie ist nicht sehr groß. Auf der anderen Seite habe ich tatsächlich eine große Familie. Die besteht aber aus Mitgliedern, die ich mir selber ausgesucht habe. Meine Freunde sind meine Familie. Einen Großteil meiner direkten Familie habe ich nie kennen gelernt. Mittlerweile habe ich nur noch meinen Vater und eine ältere Schwester. Um meinen Vater kümmere ich mich ohnehin sehr intensiv. Meine Schwester treffe ich regelmäßig, da wir nicht so weit auseinander wohnen.

Ricore: Gärtner Dujardin kann mit dem Kunsthandwerk seines Freundes nichts anfangen. Wie sieht ihr persönliches Interesse bezüglich der Künste, wie der Malerei, aus?

Darroussin: Ich bin ein echter Kenner der Malerei. Ich freue mich schon sehr, mir die Werke Paul Klees bei einer Ausstellung in der Münchener Pinakothek anschauen zu können. Ich habe auf jeden Fall einen Bezug zur Malerei, auch wenn ich kein großer Sammler von Gemälden bin. Dafür sammele ich Bücher über Malerei. Auf eine gewisse Weise sehe ich mich selber als Künstler. Ich interessiere mich sowohl für moderne als auch für ältere Kunst und lasse mich sehr gerne von anderen Künstlern beeinflussen.

Ricore: Nach welchen Kriterien suchen Sie sich Ihre Rollen aus?

Darroussin: Ich mag es, wenn die Figuren über dem Geschriebenen stehen, wenn die Figuren eine bestimmte Ehrlichkeit übermitteln. Ich muss merken, dass hinter den zu spielenden Figuren mehr steckt, als eine clevere Marketingstrategie. Es ist wichtig, dass derjenige, der die Rolle geschrieben und damit erfunden hat, etwas aussagen will. Ich muss die Menschlichkeit und Ehrlichkeit meiner Rolle spüren können, dann entscheide ich mich auch für sie.
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Dialog mit meinem Gärtner
Ricore: Neben der Schauspielerei sind Sie auch Drehbuchautor und Regisseur tätig...

Darroussin: Als Drehbuchautor habe ich noch nicht viel Erfahrung gesammelt. Da ich kein Schriftsteller bin, habe ich bisher nur Romanadaptionen geschrieben. An einem Originaldrehbuch habe ich mich bisher noch nicht versucht.

Ricore: Woher wissen Sie, wie Sie am besten eine Figur anlegen?

Darroussin: Meine Arbeit als Schauspieler, wie auch als Drehbuchautor und Regisseur hat sehr viel mit Interpretationen zu tun. Ich interpretiere den Roman auf eine bestimmte Weise, um daraus ein Drehbuch zu machen. Ähnlich interpretiere ich auch eine Rolle, um ihr Leben einzuhauchen. Als Schauspieler versuche ich facettenreich zu sein und dementsprechend unterschiedliche Charaktere zu verkörpern. Ich spiele genauso gerne normale, durchschnittliche Menschen wie stark verfremdete, groteske Figuren und versuche das zu variieren. Ich habe eine Theaterausbildung und spiele auch immer noch viel auf der Bühne. Ob ich in einem epischen Drama, einer Komödie oder einer Tragödie spiele, ist egal. Die Art wie das Drehbuch geschrieben wurde ist meistens maßgeblich für die Rolle, wie sie gespielt werden soll und gibt mir demzufolge schon ein gewisses Maß an Inspiration.

Ricore: Wo holen Sie sich Ihre Inspirationen?

Darroussin: Die Menschen auf der Straße stellen eine besondere Inspirationsquelle für mich dar. Ihnen versuche ich durch meine Rollen Respekt zu zollen und für die vielen Inspirationen zu danken. Fremde Menschen inspirieren mich aber ebenso intensiv wie gute Bekannte. Mit meiner Schauspielerei versuche ich die Menschen zu unterhalten und ihnen so meinen Respekt und Dank entgegen zu bringen.

Ricore: Wie sehen Sie Ihre persönliche Zukunft? Sehen Sie sich weiterhin als Schauspieler oder haben Sie schon eigene Ideen, die Sie durch Ihre Arbeit als Drehbuchautor oder Regisseur umsetzen wollen?

Darroussin: Ich möchte weiterhin Bücher adaptieren. Ich lese sehr gerne und begegne so unendlich vielen guten Büchern mit interessanten Protagonisten und interessanten Themen. Obwohl ich natürlich zur Schauspielerei tendiere - weil ich das schon so viele Jahre mache - weiß ich noch nicht, welche der drei Möglichkeiten ich vielleicht in ein paar Jahren wählen werde. Derzeit bin ich sehr zufrieden mit dem, was ich habe. Eigentlich gehören Drehbuchschreiben, Regieführen und Schauspielerei zusammen, denn sie alle verfolgen das gleiche Ziel. Sie vervollständigen sich gegenseitig. Als Theaterschauspieler trägt man viel Verantwortung gegenüber den Zuschauern, genau wie der Regisseur eines Films. Der Theaterschauspieler dirigiert den Blick des Publikums. Stehe ich als Schauspieler auf der Bühne und drehe meinen Kopf in Richtung meines Bühnenpartners, dann wenden auch die Zuschauer ihren Blick dorthin. In einem Film übernimmt der Regisseur diese Arbeit. Er ist verantwortlich für den Blick des Zuschauers. Diese Aufgabe ist sogar noch schwieriger als die des Theaterschauspielers auf der Bühne.

Ricore: Welche Aufgabe gefällt Ihnen am besten? Drehbuch, Regie oder Schauspielerei?

Darroussin: Von allen gefällt mir die Schauspielerei am besten. Vielleicht liegt es daran, dass ich als Schauspieler ausgebildet wurde. Da ich in diesem Bereich schon seit Jahren tätig bin, habe ich dort auch schon die meiste Anerkennung erhalten. Die Berufsfelder des Regisseurs und des Drehbuchautors sind für mich noch sehr neu und unbekannt. Ich bin sozusagen gerade erst dabei, diese Berufe näher zu entdecken. Auch wenn ich sie jetzt schon sehr interessant finde, werde ich mich wahrscheinlich nie davon abhalten können, zu schauspielern. Derzeit spiele ich sozusagen mit allen drei Berufen.
erschienen am 20. Dezember 2007
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