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Max Kidd
"Ich bin eher ein Schisser"
Interview: Für Max Kidd hat sich's gelohnt
Max Kidd wirkt mit seinen blonden Haaren und den blauen Augen schüchterner, als er eigentlich sein muss. Denn immerhin gewann er vor einigen Monaten den doch bedeutenden Förderpreis deutscher Film als bester männlicher Darsteller für "Hangtime - Kein leichtes Spiel". Als wir ihn zu seinem ersten Kino-Großprojekt befragten, machen sich einige Parallelen zwischen ihm und seiner Filmfigur bemerkbar. Denn auch er hat sich viele Jahre lang mit Basketball "gequält".
erschienen am 13. 10. 2009
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Max Kidds durchtrianierter Körper
Ricore: Wie sind Sie zu der Rolle gekommen? Der Regisseur hat ja jemanden gesucht, der zwar Schauspielerfahrung, aber auch Basketballhintergrund hat.

Max Kidd: Das war im Oktober 2007, ein Jahr, bevor der Film gedreht worden ist. Ein Casting wurde ausgeschrieben, in dem der Film erklärt worden ist. Da stand auch kleingedruckt: Sollte Basketballkenntnisse haben. Es wurden ziemlich viele gecastet, da bin ich eben auch hingegangen. Denen hat es gut gefallen, was ich vom Spiel her gemacht habe. Dann wurden die, die sie gut gefunden haben, zu einem weiteren Casting eingeladen, wo auch Basketball gespielt worden ist. Da war wegen der Finanzierung noch nicht ganz klar, wird der Film gemacht, wird er nicht gemacht, finden sie überhaupt den richtigen Darsteller. Sie haben mich dann Basketball spielen gesehen, fanden das auch gut. Dann gab's ein weiteres Casting im Januar 2008, dann gab's noch ein weiteres Casting im April. Ich hab aber im Januar schon gesagt, egal, ob ihr im Oktober anfangen wollt zu drehen, ich fang jetzt schon das trainieren an. Obwohl ich noch gar nicht wusste, ob ich die Rolle spiele. Ich hatte selber ein gutes Gefühl, hatte irgendwie gespürt, dass es klappen wird.

Ricore: Wie intensiv war das Training?

Kidd: Von Januar bis September war ich jeden Tag in der Halle und hab trainiert.

Ricore: Haben Sie einen professionellen Trainer gehabt?

Kidd: Ich habe früher selber Regionalliga gespielt und hab das dann wegen dem Schauspielen aufgehört. Für den Film habe ich wieder angefangen und wusste, was ich zu tun hatte, damit es glaubwürdig aussieht, so Kleinigkeiten.
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Wird er es schaffen?
Ricore: Das ist ja der Traum eines jeden Schauspielers, wenn man Hobby und Beruf miteinander kombinieren kann.

Kidd: Es war sozusagen eine Belohnung für all die Jahre, wo ich mich ins Basketball gequält hab (lacht). Ich hab nach dem Film den Ball nicht mal in die Hand genommen. Ich hatte nicht mehr das Bedürfnis, in die Halle zu gehen und zu spielen. Das war ein schöner Schlusspunkt.

Ricore: Wann kam Ihnen die Idee, Schauspieler zu werden?

Kidd: Die Idee kam bis heute nicht. Ich hab in meinem Leben schon immer was gesucht, wo ich mich weiter entwickeln kann, und kam dann durch Zufall zu einem Schauspieler, der mich zu einem Kurs eingeladen hat. Diese Bewusstseinserweiterungsübungen haben mich total fasziniert. So kleinere Übungen, dass du die Welt genauer wahrnimmst. Das hat mir beim Sport genau gefehlt, wo du immer nur am Kämpfen, Arbeiten und körperlich bist. Das war ein Ausgleich, wo ich mir gedacht habe, das macht mir eigentlich viel mehr Spaß.

Ricore: Wie alt waren Sie, als Sie den ersten Kontakt mit diesem Schauspieler hatten?

Kidd: Da war ich 18.

Ricore: Sie haben im Film Unterstützung von einem recht erfahrenen Schauspieler bekommen, der Ihren älteren Bruder spielt. Hat er Ihnen Tipps gegeben oder haben Sie ihn gefragt?

Kidd: Ich hab natürlich schon bisschen geguckt, aber wir haben uns nicht abgesprochen und keine Tipps gegeben. Wir haben beide diese Brüder unglaublich ernst genommen. Er hat ja diese Elternrolle übernommen, was für einen Bruder eher untypisch ist. Wir mussten nicht viel reden, wir haben sofort diese Brüderlichkeit gespürt, und das ist bis heute so geblieben.
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Max Kidd ganz nachdenklich
Ricore: Am Anfang des Films wird ja gesagt, dass "Hangtime" für die Charaktere der Moment bedeutet, in dem sich alles entscheidet. Hatten Sie schon mal einen Moment in Ihrem Leben, in dem sich alles entschieden hat?

Kidd: Ja, die Momente kommen immer wieder. Manchmal sind es größere Entscheidungen, manchmal kleinere, je nachdem wie extrem du dein Leben lebst. Aber ja, die Momente kommen, wo du Entscheidungen treffen musst oder drüber nachdenkst, was das mit den anderen Leuten macht, wenn du dich für eine Sache entscheidest.

Ricore: Wie extrem leben Sie?

Kidd: (lacht) So wie es mir in den Kram passt.

Ricore: Das bedeutet? Gehen Sie an Ihre Grenzen?

Kidd: Ich bin glaub ich eher ein Schisser, aber ich gehe schon Impulsen nach. Wenn ich die spüre, möchte ich schon ganz genau wissen, was da los ist. Dann geh ich dem nach, da kommt man auch in Grenzsituationen.

Ricore: Haben Sie Entscheidungen bereut?

Kidd: Nein. Ich hab ein Jahr in den USA gelebt. Das war aber nicht meine Entscheidung, ich musste ja zurück, weil das Visum zu Ende war. Da wäre ich am liebsten geblieben.

Ricore: Wo waren Sie da?

Kidd: Ich war in Cincinnati, Ohio. Dort war ich an der Schule und bin das erste Mal so richtig mit Theater in Berührung gekommen. Davor habe ich viel Sport gemacht, da bin ich aber nicht rein, weil die Leute etwas zu spirituell waren (lacht).
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Max Kidd geht zum Basketball-Training
Ricore: Gibt's Unterschiede zwischen dem Theater hierzulande und dem in den USA?

Kidd: Ich finde, dass jede Kultur ein eigenes Spiel hat. Ich hab auch zwei Monate in Italien studiert, in Rom. Jedes Land hat irgendetwas. In den USA ist es denen schon sehr in die Wiege gelegt worden. Die haben ein anderes Bewusstsein. Die brechen das bis ins kleinste Detail runter.

Ricore: Haben Sie dort auch Basketball gespielt? War das anders als hier?

Kidd: Ja, an der High School. Wie alles in den USA war das auch sehr intensiv. Die machen alles, was sie machen, zu hundert Prozent. Da gibt's keine halben Sachen, wir haben halt ein Basketball-Team. Dort ist gleich ein Basketball-Team, wo zu jedem High School Spiel an die tausend Zuschauer kommen, wo Feindschaften mit anderen High Schools gelebt werden. Einfach alles ein Stück intensiver.

Ricore: Sie haben auch in der Fernsehserie "Unter uns" mitgespielt. Wie war der Unterschied zwischen Fernsehserie und Kinofilm?

Kidd: Der größte Unterschied ist wohl die Vorbereitung, die Zeit, die man hat. Bei der Fernsehserie kriegst du deinen Text eine Woche davor, dann gibt's meistens nochmal eine Änderung am Tag davor und du musst hingehen und hast dann maximal drei Takes, das zu spielen. Beim Kinofilm hatte ich das Glück, dass ich meinen Text im April schon hatte, und konnte ab dem Moment richtig anfangen zu arbeiten. Das ist find ich der größte Unterschied, die Zeit, die man einfach hat, sich vorzubereiten.

Ricore: Sie spielen ja auch Theater in "Was ihr wollt". Sind Sie ein Shakespeare-Fan?

Kidd: Shakespeare-Fan ist jetzt übertrieben. Ich mag es und ich find auch die Wissenschaft, die bei den älteren wie Goethe oder Shakespeare, dahinter steckt, total interessant. Und da dahinter zu steigen und auf sein Geheimnis zu kommen.
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Max Kidd
Ricore: Literarisch interessiert, Schauspieler, sportlich - das ist ja der Traum des weiblichen Publikums. Haben Sie schon Erfahrungen mit weiblichen Fans gemacht, die vor Ihrer Haustüre campen und nicht mehr weggehen?

Kidd: Nein. Es kommt immer wieder mal vor, aber bis jetzt hatte ich nicht das Gefühl, dass das einen Schritt zu weit geht.

Ricore: Sind Sie froh darüber oder wünschen Sie sich manchmal, mehr belagert zu werden?

Kidd: So wie es jetzt ist, ist es, und wenn es irgendwann mal anders werden sollte, dann wird's anders. Ich leg mir das nicht zurecht, wie ich's gerne hätte. Das passiert so, wie es passiert, und damit probier ich dann zu leben (lacht).

Ricore: Im Film gibt's den Satz, als die Kathi Sie zum Sport fragt. Dann sagen Sie: "Tennis, nie gespielt, Fußball, nö, mag ich nicht." Wie sieht es denn privat aus, spielen Sie Fußball und Tennis?

Kidd: Ich hab mit fünf angefangen mit Tennis, hab's dann aber aufgehört, weil dieser Einzelsport mir irgendwann nicht mehr gefallen hat. Im Nachhinein würd ich sagen, hätte ich nochmal die Chance, würd ich mit Fußball anfangen, nicht mit Basketball. Weil ich es mit 1,80 im Basketball einfach schwer hab. Beim Fußball ist 1,80 eine normale Größe. Fußball ist gut. Ich bin nicht der Freak, aber mich interessiert das. Ich beobachte immer gerne wie die ihre Spieler transferieren. Durch die Gegend rumfetzen, das gefällt mir eher.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 13. Oktober 2009
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Vinz (Max Kidd) ist 21 Jahre jung und der verheißungsvollste Basketballer seines Teams. Sein Bruder Georg (Mišel Matičević) steht bereits in Gesprächen mit anderen Mannschaften und träumt von einem Leben als Manager. Doch Vinz bedrückt das Gefühl, nicht sein eigenes Leben führen zu können, sondern vielmehr den Wünschen seines großen Bruders zu entsprechen. "Hangtime" ist kein typisches Sportlerdrama. Regisseur Wolfgang Groos balanciert mit viel Gefühl und trockenem Humor..
2024