Carlos Corbelle/Ricore Text
Bruno Maccallini
Neues vom Cappuccino-Mann
Interview: Bruno Maccallini: Kritischer Romantiker
"Isch 'abe gar keine Auto": Viele verbinden mit Bruno Maccallini nach wie vor nur Kaffee-Werbung. Dabei hat der italienische Darsteller mehr drauf. In seiner Heimat hat sich der vielseitige Mime vor allem als Theaterschauspieler und Bühnenautor einen Namen gemacht. Jetzt ist er im Fernsehfilm "Alle meine Lieben" mit seiner Lebensgefährtin Jutta Speidel zu sehen. Im Interview zeigt sich Maccallini gut gelaunt, wie in der Kaffewerbung. Nur wenn es um die Klatschpresse und die Kirche geht, schlägt der sympathische Schauspieler kritischere Töne an.
erschienen am 11. 12. 2009
ARD/Degeto
Bruno Maccallini und Partnerin Jutta Speidel
Ricore: In "Alle meine Lieben" spielen Sie einen echten Romantiker. Welche Rolle spielt Romantik in Ihrem Leben?

Bruno Maccallini: Ja, es ist eine romantische Rolle, die ein wenig autobiographisch ist. Ich befand mich in derselben Situation, wie Sonja in dem Film. Als ich Jutta [Speidel] vor sieben Jahren kennenlernte, hatte ich viele Probleme. Und dann traf ich diese Frau, die mir einen neuen Weg zeigte. In gewisser Weise passiert Sonja genau dasselbe. Sie hat einen Ex-Mann, Kinder und Probleme. Sie soll sich um jeden kümmern, aber keiner kümmert sich um sie. Doch schließlich findet sie diesen Mann, der mit ihr zusammenarbeitet. Es ist wie eine Metapher: Manchmal suchen wir den Richtigen, obwohl derjenige bereits an unserer Seite ist.

Ricore: Was für Probleme gab's in Ihrem Leben?

Maccallini: Jeder hat mal Probleme im Leben. Zu dieser Zeit hatte ich Eheprobleme, verlor meine Eltern und hatte auch Probleme mit meiner Tochter. Sie war noch sehr jung, inzwischen ist sie eine Frau. Wenn eine schlimme Sache passiert, widerfahren dir gleich alle schlimmen Dinge auf einmal. In so einem Moment denkt man, dass man alles verlieren kann. Ich wurde etwas depressiv. Dann drehte ich zum ersten Mal mit Jutta - "Das schönste Geschenk meines Lebens". In gewisser Hinsicht war sie auch ein Geschenk. Am Anfang redeten wir viel miteinander, wie zwei Freunde. Sie half mir sehr. Erst nach Monaten begann unsere Beziehung. Aber es ist wirklich wichtig, dass wir auch so miteinander befreundet sind.

Ricore: Wie ist es für Sie, mit Ihrer Partnerin zusammenzuarbeiten?

Maccallini: Um die Wahrheit zu sagen, ist es nicht immer leicht. Nicht, weil Jutta kompliziert wäre. Doch wenn man 24 Stunden zusammenlebt, ist es ein wenig stressig zum selben Drehort zu fahren, am selben Set zu sein und zusammen zu spielen. Doch es besteht eine besondere Chemie zwischen uns beiden, so dass wir schon nach etwa zehn Minuten zusammen lachen und eine wundervolle Zeit verbringen.
ARD/Degeto
Bruno Maccallini und Partnerin Jutta Speidel
Ricore: Gibt es manchmal Konflikte in Ihrer Beziehung aufgrund der unterschiedlichen Herkunft von Jutta Speidel und Ihnen?

Maccallini: Ich denke nicht, dass wir trotz unserer unterschiedlichen Kulturen so verschieden sind. Wir haben beide ein großes Temperament. Jutta ist ein Vulkan. Doch ich bin auch temperamentvoll. So kommt es manchmal vor, dass diese beiden Temperamente sich nicht einigen können. Also schließen wir einen Kompromiss, das ist die einzige Lösung. Auf diese Weise werden wir mit jedem Problem fertig.

Ricore: Zu Beginn Ihrer Beziehung hat sich die Klatschpresse regelrecht auf Sie gestürzt. Wie sind Sie damit umgegangen?

Maccallini: Das ist leider nicht nur in Deutschland, sondern auch in Italien so. Das war sehr bedauerlich. In erster Linie, weil ich zu der Zeit noch verheiratet war. Es gefiel mir nicht, dass die Leute Gerüchte über mein Privatleben verbreiteten. Am meisten missfielen mir die Lügen. Sie sagten wirklich schlimme Dinge über meine Frau. Das kann ich nicht akzeptieren. Man kann nicht einfach mit den Gefühlen anderer Menschen spielen. Das hat mich wirklich verärgert, was dazu führte, dass ich manchmal auch in normalen Pressegesprächen etwas unhöflich war. Doch ich war wirklich schockiert über die Berichterstattung, die kein Journalismus mehr war. Ich habe Verständnis dafür, dass jeder seiner Arbeit nachgeht und weiß, dass die Leute am Privatleben anderer interessiert sind. Doch es muss eine Grenze geben. In Italien haben wir momentan dasselbe Problem. Wir verwechseln das private mit dem öffentlichen Leben. Damals hat mich das verärgert, doch nun gehört es der Vergangenheit an.
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Bruno Maccallini
Ricore: In "Alle meine Lieben" sieht man Sie in der Rolle des romantischen Italieners. Sind solche Rollentypen ein Problem für Sie?

Maccallini: Ich würde gerne mal einen Mafioso spielen. [lacht] Dieses Bild von mir fing mit dem Werbespot an, in dem ich sage "Isch 'abe gar keine Auto". Die Leute kennen mich auch nach Jahren aufgrund dieses Charakters, so dass es nicht einfach ist, sich davon zu lösen. Natürlich würde ich hier auch gerne andere Rollen spielen, schließlich bin ich Schauspieler. Doch um die Wahrheit zu sagen, bin ich nicht sicher, ob die Leute mich gerne in einer anderen Rolle sehen würden.

Ricore: Sie werden also heutzutage nach wie vor aufgrund des einen Werbespots erkannt?

Maccallini: Es ist unglaublich, aber wahr. Das witzige ist, dass selbst die jüngere Generation, die vor zehn Jahren vielleicht gerade mal acht war, mich erkennt. Das hätte ich nicht gedacht.

Ricore: Wie hat dieser Werbespot Ihre Karriere beeinflusst?

Maccallini: In Deutschland sicherlich auf positive Weise. Ich habe kein Problem damit. Mein Image ist ein positives. Die Leute mögen den Typen von nebenan. Das ist wichtig, die Leute nennen mich Bruno. Natürlich ist es nicht immer lustig, dauernd als "Cappuccino-Mann" betitelt zu werden. Andererseits ist das aber gar nicht so schlecht.

Ricore: Wie haben Sie gelernt, so gut deutsch zu sprechen?

Maccallini: Ich spreche und verstehe Deutsch, das Problem ist jedoch: Ich habe Angst vor der Grammatik. Ich muss gegen diese Angst ankämpfen. Ich hoffe, in ein oder zwei Jahren, ein Interview in perfektem Deutsch geben zu können. Durch Jutta habe ich die Sprache gelernt. In Italien habe ich mir zunächst das deutsche Fernsehen angeschaut. Die Nachrichten sind perfekt zum Lernen geeignet. In München habe ich zwei Wochen einen Deutsch-Kurs besucht, aber zwei Wochen sind gar nichts.
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Bruno Maccallini und Partnerin Jutta Speidel
Ricore: Mit Jutta Speidel haben Sie auch ein Buch über eine gemeinsame Radtour geschrieben.

Maccallini: Am Anfang war es bloß ein Witz. Ich bekam ein Fahrrad geschenkt und fragte Jutta, was ich damit anfangen soll, weil ich nie Fahrrad fahre. Sie sagte, sie hätte den Traum eine gemeinsame Radtour von München nach Meran zu machen. Und ich sagte: Du bist doch total verrückt, ich bin dafür doch gar nicht fit. Doch sie beschloss, dass ich in einen Fitnessclub gehen würde, um zu trainieren und das tat ich dann auch einen Monat lang. Für mich war das wirklich eine Art Abenteuer. Ich hätte mir nie in meinem Leben vorgestellt, eine Radtour von München nach Meran zu machen, mit einem täglichen Pensum von 60 Kilometern. Aber wir taten es. Und dann schrieben wir das Buch. Es ist lustig, weil sie es aus ihrer Perspektive schrieb und ich aus meiner.

Ricore: Gibt es da viele Unterschiede?

Maccallini: Oh ja, sehr viele. Jutta achtete immer auf die Straße. Ich folgte immer meiner Fantasie. Wenn Jutta drei Kühe zählte, waren es bei mir zehn, weil ich die anderen sieben in den Wolken sah.

Ricore: Sie haben auch zusammen eine CD aufgenommen.

Maccallini: "Das Hohelied der Liebe". Das war ein tolles, aber etwas schwieriges Projekt. Ich hatte etwas Angst, denn ich war der "Cappuccino-Mann" und auf einmal sollte ich ein Bibelstück als Hörbuch aufnehmen. Doch dann wurde es eine wundervolle Erfahrung. Wir planen noch ein ähnliches Projekt, aber wir werden sehen, ob wir die Zeit dafür haben.
Carlos Corbelle/Ricore Text
Bruno Maccallini
Ricore: Welche Rolle spielt Religion in Ihrem Leben?

Maccallini: Religion ist wichtig. Als Katholik betrachte ich momentan jedoch den Vatikan und den Papst - nicht etwa, weil er deutsch ist - mit kritischen Augen. Ich denke, dass wir in Italien zu sehr unter dem Einfluss der Religion stehen. Das gefällt mir nicht. Zurzeit habe ich kein sehr gutes Verhältnis zu meiner Kirche. Als Regisseur und Produzent wollte ich in Rom ein Theaterstück realisieren. Es war eine Geschichte über zwei homosexuelle Priester. Es war eine wundervolle Erfahrung, weil es eine wahre Geschichte war. Sie können sich nicht vorstellen, wie viele Probleme ich dadurch bekam. Ich habe viel Geld in das Stück investiert und nach einem Jahr der Arbeit mit tollen italienischen Darstellern, musste ich wegen der Kirche beenden.

Ricore: Sie konnten das Stück nicht auf die Bühne bringen?

Maccallini: Nein, weil das Theater, in dem mein Stück aufgeführt werden sollte, auf einmal sagte, dass sie es doch nicht spielen könnten. Gründe haben sie mir keine genannt. Es gab deswegen eine große Diskussion in Italien, auch in der Presse. Das war für mich sehr demotivierend und ich habe dadurch auch viel Geld verloren. Es ist nach wie vor schwer, in Italien über homosexuelle Priester zu sprechen.

Ricore: Sollte man als Künstler etwas dagegen unternehmen?

Maccallini: In Italien spiele ich überwiegend Theater und es ist ein anderes Gefühl, wenn man jeden Tag live auftritt. Ich bevorzuge das.

Ricore: Gibt es irgendein Wunschprojekt, das Sie gerne verwirklichen würden?

Maccallini: Ja, ich arbeite gerade an einem Drehbuch für Jutta und einen anderen deutschen Schauspieler. Es ist eine witzige Geschichte über zwei Clowns, eine Art Fellini-Drehbuch, das aber in unserer Zeit spielt.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 11. Dezember 2009
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