Ralf Hake/Ricore Text
Helmfried von Lüttichau am Set von "Hubert und Staller"
Mit Tramitz von Polizei gestoppt!
Interview: Helmfried von Lüttichaus Jugendsünde
Helmfried von Lüttichau kennen viele als Polizist Martin Ferchert aus der erfolgreichen Fernsehserie "Der letzte Bulle". In "Hubert und Staller" spielt er an der Seite seines Sandkastenfreundes Christian Tramitz ebenfalls einen Vertreter des Gesetzes. Dennoch könne er sich niemals vorstellen im echten Leben Polizist zu sein, verrät Lüttichau im Interview mit Filmreporter.de. Außerdem erklärt er, inwieweit ein Jugenderlebnis die Konzeption seiner Rolle in der Vorabendserie beeinflusste.
erschienen am 31. 10. 2011
Ralf Hake/Ricore Text
Christian Tramitz und Helmfried von Lüttichau als Polizisten am Set von "Hubert und Staller"
Ricore: Ist "Hubert und Staller" typisch bayrisch? Könnte die Serie auch andernorts spielen?

Helmfried von Lüttichau: Woanders gibt es das vielleicht nicht in so konzentrierter Form: Schöner See, schöne Menschen, schöne Landschaft und im Hintergrund noch die schönen Berge. Das gibt es in Bayern schon sehr komprimiert.

Ricore: Was ist das Besondere an regional verankerten Krimis?

von Lüttichau: Die Action spielt eher eine untergeordnete Rolle. Es geht mehr um Typen und Gesichter - um Menschen, die man genauer kennen lernen kann. Im Gegensatz zur Großstadt herrscht auf dem Land mehr Ruhe. Deswegen ist eine Konzentration auf kleine Geschichten besser möglich.

Ricore: Haben auch Hamburger Spaß an einem bayrischen Krimi?

von Lüttichau: Das Regionale ist in allen Ländern irgendwie gleich. Es hat immer mit kleinen Strukturen zu tun, die es dort gibt. Deswegen sind die Geschichten auf andere Regionen übertragbar.

Ricore: Welche Gemeinsamkeiten haben die Figuren, die Sie und Christian Tramitz verkörpern?

von Lüttichau: Die Gemeinsamkeit der beiden liegt vielleicht in der Wahrnehmung der Welt. Unsere Charaktere sehen vieles gleich. Nur äußern sie dies auf unterschiedliche Art.
Gudrun Schmiesing/Ricore Text
Helmfried von Lüttichau
Ricore: Könnten Sie sich vorstellen, auch im richtigen Leben Polizist zu sein?

von Lüttichau: Das kann ich mir eher nicht vorstellen [lacht]. Als mir vor zwanzig Jahren zum ersten Mal die Rolle eines uniformierten Polizisten angeboten wurde, habe ich lange überlegt, ob ich zusagen soll. Dann habe ich aber gedacht: "Nein, das lehnst du lieber ab."

Ricore: Warum?

von Lüttichau: Das war gegen mein Selbstverständnis. Ich konnte mir nicht vorstellen, ein Polizist in Uniform zu sein.

Ricore: Sind Sie selbst mal mit dem Gesetz in Konflikt gekommen?

von Lüttichau: Nicht unbedingt, außer vielleicht anekdotisch.

Ricore: Das heißt...?

von Lüttichau: Ich bin vor rund 40 Jahren zusammen mit Christian Tramitz beim Schwarzfahren erwischt worden. Der Busfahrer hat uns nicht aus dem Bus herausgelassen, sondern direkt vors Polizeipräsidium gefahren, wo uns zwei Polizisten verhört haben. Wenn man es genau nimmt, war das die Geburtsstunde von "Hubert und Staller" [schmunzelt]. Denn wir haben uns schon damals sehr amüsiert, auf welche Weise man uns gerügt hat. Außerdem wusste Tramitz nicht das Geburtsdatum seines Vaters. Das fanden die Polizisten "sehr unschön".
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Christian Tramitz und Helmfried von Lüttichau als Polizisten am Set von "Hubert und Staller"
Ricore: Sind die Polizisten von damals konkrete Vorbilder für die Figuren Hubert und Staller?

von Lüttichau: Nein. Aber unterbewusst hat das sicher eine Rolle gespielt.

Ricore: Was für Charaktereigenschaften muss man haben, um ein guter Polizist zu sein?

von Lüttichau: Man muss Interesse und Leidenschaft für das haben, was man macht. Aber das gilt für jeden Beruf. Als Polizist sollte man vielleicht einen Gerechtigkeitssinn und ein gewisses Pflichtbewusstsein haben. Hubert und Staller ermitteln ja in Fällen, die für einen Kleinstadtpolizisten nicht üblich sind. Sie überschreiten dabei eigentlich ihre Kompetenzen. Routine kommt da nicht auf. Mit Falschparkern müssen sie sich also nie beschäftigen, da sie ja immer zufällig auf Kapitalverbrechen stoßen.

Ricore: Das macht den Polizistenalltag ja auch spannend.

von Lüttichau: Das stimmt. Das ist, was Hubert und Staller rettet. Ansonsten wären sie womöglich schon in der Klappse gelandet.

Ricore: Weshalb spielen Sie seit über zehn Jahren kein Theater mehr?

von Lüttichau: Ich habe irgendwann ganz bewusst den Beruf gewechselt. Ungefähr 15 bis 18 Jahre habe ich fast nur Theater gespielt und war an verschiedenen deutschen Häusern fest angestellt. Dann habe ich beschlossen, nochmal etwas anderes zu machen und Film- und Fernsehschauspieler zu werden. Ich habe damit quasi bei null angefangen, weil ich vorher kaum Fernsehen gemacht hatte.
Ralf Hake/Ricore Text
Christian Tramitz als Polizist am Set von "Hubert und Staller"
Ricore: Können Sie sich eine Rückkehr auf die Theaterbühne vorstellen?

von Lüttichau: Das käme auf die Menschen an, auf die ich treffe. Ich müsste das Gefühl haben, dass es künstlerisch und zwischenmenschlich passt. Aber die Arbeit am Theater ist ein ganz anderer Beruf. Momentan bevorzuge ich Filme.

Ricore: Wie fühlt man sich, wenn man in eine Polizeiuniform schlüpft?

von Lüttichau: Die Reaktion der Umwelt ist schon komisch. Man wird sofort als Respektsperson wahrgenommen. Bei den Dreharbeiten war ich einmal zu Fuß unterwegs und wollte gerade wieder in den Produktionsbus einsteigen, als ich einen Herren und seinen Hund sah, der sein Häufchen auf die Straße machte. Ich stellte mich ganz beiläufig - aber mit strengem Blick - in seine Nähe. Sofort hat der Hundebesitzer den Haufen in das Tütchen gepackt.

Ricore: Gibt es einen Schauspielmodus den man einschaltet, um Polizist zu sein?

von Lüttichau: In diesem Fall geht es glaube ich weniger um das Polizist-Sein, als um den Charakter. Das hat mit der inneren Haltung, der Art zu sprechen und zu denken zu tun. Die Lederjacke ist ja auch keine typische Uniform. Sie könnte vom Gefühl her ebenso gut eine Motorradjacke sein. Aber durch das Tragen der Polizeijacke ist man eben nicht mehr privat. Man hat nach außen eine ganz feste Form, auch durch den Waffengurt und vor allem die Mütze.

Ricore: Verfolgt Sie das Polizist-Sein in den Alltag?

von Lüttichau: Natürlich. Ich habe schon öfters geträumt, dass ich "Hubert und Staller" weiterdrehe. Wenn man eine Rolle praktisch jeden Tag von morgens bis abends spielt, ist es nur logisch, dass einen so etwas auch noch nach Drehschluss beschäftigt.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 31. Oktober 2011
Zum Thema
Nach seiner 1980 erfolgreich abgeschlossenen Schauspielausbildung an der Münchner Christian Tramitz in "Tramitz & Friends" den Humor ernst zu nehmen. Mit Tramitz verbindet den gebürtigen Hannoveraner eine langjährige Freundschaft. Die beiden kennen sich seit über 40 Jahren. Seine bekannteste Figur spielt Lüttichau in "Der letzte Bulle", in welcher er einen Polizisten mimt.
In der Krimi-Serie "Hubert und Staller" geht es um das Polizisten-Duo Franz Hubert (Christian Tramitz) und Johannes Staller (Helmfried von Lüttichau). Beide sind keine Vorzeigeermittler und doch stoßen sie in Münsing und Umgebung immer wieder auf schwerwiegende Verbrechen, die es zu lösen gilt. Lokalreporterin Barbara Hansen (Monika Gruber) ist den beiden zwar oft einen Schritt voraus, doch am Ende sind es immer Hubert und Staller, die das entscheidende Puzzle-Teil zum lösen eines Falles finden.
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