Prokino
Alice Pol präsentiert "Super-Hypochonder" auf der Berliner Premiere
Liebe in Zeiten der Abschottung
Interview: Alice Pol in einer aseptischen Welt
Diesen Namen sollte man sich merken: Alice Pol ist hierzulande noch nicht so bekannt wie in ihrer französischen Heimat. Mit der weiblichen Hauptrolle an der Seite von Multitalent Dany Boon in "Super-Hypochonder" dürfte sich das ändern. Die Schauspielerin spielt in der Komödie eine idealistische junge Frau, die von einer besseren Welt träumt und für den Revolutionsführer eines fiktiven osteuropäischen Staates schwärmt. Dann begegnet sie dem Super-Hypochonder (Boon), der ihre Welt auf den Kopf stellt. Im Interview mit Ricore Text verrät die 31-jährige Alice Pol, wen sie im wahren Leben vorziehen würde, Hypochonder oder Revolutionär?
erschienen am 9. 04. 2014
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Könnte Alice Pol sich in einen "Super-Hypochonder" wie Dany Boon verlieben?
Hypochonder Dany Boon
Ricore Text: Ist es mit der Hypochondrie von Dany Boon wirklich so schlimm, wie in "Super-Hypochonder" dargestellt?

Alice Pol: Definitiv Ja (lacht)! Wir waren neulich auf einer Presse-Konferenz in Belgien. Dort habe ich einmal nur kurz gehustet und er sagte: 'Oh Gott, und du hast mich heute Morgen zur Begrüßung geküsst.' (lacht).

Text: Ist er als Mensch und Regisseur denn sonst umgänglich?

Pol: Am Set arbeitet Dany sehr hart und ist sehr präzise. Er weiß genau, was er von den Schauspielern will und ist sehr sanft und großzügig mit ihnen. Ich habe schon in "Der Nächste, bitte" mitgespielt, in dem wir aber keine gemeinsame Szene hatten. Als er den fertigen Film sah, fand er mich toll und lud mich zum Casting für "Super-Hypochonder" ein. So habe ich die Rolle bekommen.

Text: Würden Sie im wahren Leben lieber einen Hypochonder oder einen Revolutionär vorziehen?

Pol: Ein Kompromiss zwischen den beiden Typen wäre nicht schlecht (lacht). Mit einem richtigen Hypochonder zusammenzuleben wäre wahrscheinlich die Hölle. Wenn es schon zu viel ist, wenn man jemanden am Arm berührt, dann kann es schon problematisch werden. Andererseits wüsste ich auch nicht, ob ich mit einem Revolutionär zusammenleben könnte. Er wäre mir wahrscheinlich zu autoritär. Ich glaube nicht, dass es einfach ist, mit einem zu starken Charakter zusammenzuleben.
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Alice Pol posiert auf der Premiere von "Super-Hypochonder"
Alice Pol: mehr männliche Hypochonder!
Text: Neigen eher Männer oder Frauen zur Hypochondrie?

Pol: Es ist bewiesen, dass es mehr männliche Hypochonder gibt als Frauen (lacht). Abgesehen davon leben wir in einer sehr aseptischen Welt. Die Menschen verbringen mehr Zeit im Internet, als sich im Café oder im Kino zu treffen. Das macht das Verhältnis zwischen Mann und Frau schwieriger. Noch komplizierter wird es, wenn einer der Lebenspartner hypochondrisch veranlagt ist. Eine Beziehung hat einen schweren Stand, wenn man sich dem Partner nicht ganz hingeben kann oder ihn nicht an sich heranlässt, weil man sich voreinander fürchtet. Das ist schlecht für die Liebe.

Text: Hypochondrie ist eine ernste Krankheit. Nicht so ernst, als das man sie nicht zum Thema einer Komödie machen dürfte?

Pol: Darüber machte ich mir keine Sorgen. Ich fand sogar, dass es eine sehr gute Idee ist, dieses Thema in einer Komödie aufzugreifen. Hypochondrie ist eine sehr aktuelle Krankheit. Beim Lesen des Drehbuchs merkte, dass ich selbst auf der Kippe stehe. Ich stellte fest, dass wenn mir etwas fehlt, ich mich sofort darüber bei Google informiere. Es gibt verschiedene Formen von Hypochondrie. Bei mir ist es so, dass ich Angst vor einem Arztbesuch habe, weil er meinen Verdacht bestätigen könnte. Hypochondrie ist insofern ein Problem unserer Zeit, weil wir viel zu sehr mit uns selbst beschäftigt sind. Wir wollen unser Leben ins Unendliche verlängern. Insofern finde ich es schön, über die Tatsache zu lachen, dass wir alle irgendwann sterben werden.

Text: Ist die Rolle der Anna auf Sie zugeschnitten?

Pol: Nein, gar nicht. Es ist eine schwierige Rolle, was in Frankreich sehr selten vorkommt. So komplexe Rollen gibt bei uns kaum. Oft handelt es sich um Freundinnen der männlichen Hauptfigur. Will man eine komplexere Rolle haben, muss man schon dafür kämpfen.
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"Super-Hypochonder" Dany Boon mit Hausarzt Kad Merad
Auf Augenhöhe mit Dany und Kad
Text: Wie war es Teil des eingespielten Teams Dany Boon und Kad Merad zu sein, die den noch immer erfolgreichsten Film in Frankreich aller Zeiten verantwortet haben?

Pol: Das hätte tatsächlich sehr schwer werden können. Ich hatte aber das große Glück, dass zum einen mein Charakter ein Hauptcharakter ist. Dadurch war mir die Möglichkeit gegeben, mich auf die Augenhöhe von Dany und Kad zu begeben. Zum anderen sind die beiden einfach großartige Spielpartner. Die erste Szene war zwar ganz schrecklich, weil ich wahnsinnig nervös war. Danach war es großartig und es funktionierte super. Sie sorgten dafür, dass es keinen Unterschied gibt zwischen den Stars, die sie sind, und einer jungen Schauspielerin wie mir. Sie schenkten mir großes Vertrauen, ohne das ich es nicht geschafft hätte.

Text: Tempo und Timing sind bei einer Komödie sehr wichtig. Haben Sie sich für die komischen Szenen im Vorfeld der Dreharbeiten eingespielt?

Pol: Der Rhythmus und das Timing ist bei einer Komödie tatsächlich das schwerste. Zusammen mit der Mimik ist der Rhythmus maßgeblich dafür verantwortlich, dass man in einer Komödie lacht. Für mich haben Komödien etwas Musikalisches an sich. Ich bereite mich darauf vor, indem ich mir zu Hause vorstelle, wie mein Spielpartner auf meine Sätze reagiert. Dann lege ich mir meine Figur zurecht, wobei ich mit verschiedenen Tonlagen spiele. Ich habe gelernt, dass die hohe Stimme bei einer Komödie besonders gut funktioniert. Auf dem Set versuche ich, den anderen zuzuhören und bin sehr offen für jeden Vorschlag. Das Ergebnis meiner Arbeit ist also eine Mischung aus dem, was ich selbst erarbeitet habe und den Ideen anderer.

Text: "Super-Hypochonder" war in Frankreich sehr erfolgreich. Das macht alle Sorgen über Tod und mögliche Krankheiten wieder wett, oder?

Pol: Der Druck war tatsächlich sehr groß. Bevor ein Film rauskommt, tut man so, als hätte man keine Angst. Trotzdem hat man Angst. Wenn er dann gut ankommt, ist man sehr gerührt. Als die ersten Zahlen von "Super-Hypochonder" herauskamen, lagen wir uns alle weinend in den Armen. Wir waren sehr glücklich. Es ist schön zu sehen, wie ein Film für Glück sorgen kann - Glück für das Publikum, die ihn sich anschauen, und Glück für die Menschen, die ihn gemacht haben. Bei der Premiere in Deutschland war ich zusätzlich gerührt. Die Menschen kennen mich hier nicht und doch haben sie mich hier gut empfangen und sich mit mir gefreut. Das war der Wahnsinn. All das rechtfertigt die ersten schwierigen Jahre. Für mich ist "Super-Hypochonder" ein großer Schritt in meiner Karriere. Insofern bin ich Dany wahnsinnig dankbar dafür, dass er mir die Möglichkeit gegeben hat, an dem Film teilzuhaben.

Text: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 9. April 2014
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Romain (Dany Boon) ist der größte Hypochonder auf Erden. Überall wittert er Krankheitserreger, die ihm an den Kragen wollen. Aber auch sein Arzt (Kad Merad) leidet zunehmend unter den vielen Besuchen seines Patienten. Um den lästigen Parasiten loszuwerden, versucht Dimitri ihn mit einer Frau verkuppeln. Dass sich Romain ausgerechnet in seine Schwester Anna (Alice Pol) verliebt, passt ihm gar nicht. Die Dinge verkomplizieren sich, als Romain von Anna für ein Revolutionär gehalten wird...
2024