Dubai International Film Festival
Poster des 4th Dubai International Film Festival 2007
Champagnern und Austern statt Glühwein
Feature: Glamour, Kino, Diskussionen
Zwischen dem 09. und 16. Dezember 2007 präsentierte sich Dubai von seiner glanzvollsten Seite. Grund war die jüngste Ausgabe des internationalen Filmfestivals, mit dem man seit nunmehr vier Jahren Stars, Journalisten und Fachpublikum zur Vorweihnachtszeit in die arabische Metropole einlädt, um sich selbst und das Medium Film zu feiern.
erschienen am 30. 12. 2007
Dubai International Film Festival
George Clooney
Die Luxushotels am Jumeirah Beach wurden auf Hochglanz aufpoliert, die harschen Einreiseregeln am Flughafen gelockert. Das Endziel: "Bridging Cultures. Meeting Minds". Unter diesem Motto versucht das Festival, mit filmischen Beiträgen und Diskussionen Brücken zwischen Kulturen zu bauen, crosskulturelles Verständnis zu schaffen und so internationales Interesse für die Veränderungen und den Fortschritt des Mittleren Ostens zu generieren. Dubai erscheint hierfür der ideale Ort: Insgesamt 200 Nationalitäten tummeln sich in der noch jungen Metropole, der Stadtname bedeutet übersetzt soviel wie "Treffpunkt".

Erzeugt wurde dieses kosmopolitische Flair in diesem Jahr mit einer Vielzahl an Spielfilmen, Dokumentationen und Kurzfilmen, bei deren Auswahl man den Fokus neben dem arabischen Kino vor allem auf den indischen, afrikanischen, asiatischen und vor allem chinesischen Markt legte. Bei vielen anderen Festivals kommen diese Regionen zu kurz.
Dubai International Film Festival
Das Publikum des Dubai International Film Festival (2007)
Auch in der populäreren Sektion "World Cinema" bewies man ein glückliches Händchen: Der politische Thriller "Michael Clayton" mit George Clooney eröffnete das Festival, geendet wurde mit "Drachenläufer", der überwiegend gelungenen Verfilmung eines Bestsellers des iranischen Autors Khaled Hosseini. Dazwischen gab es "No Country for Old Men" von den Coen-Brüdern, das Joy-Division Biopic "Control" des niederländischen Starfotografen Anton Corbijn und Fatih Akins umjubelten Film "Auf der anderen Seite", der vergangenen Mai bereits den Drehbuchpreis an der Croisette gewonnen hatte. Zwar feierten viele andere dieser Filme ihre Weltpremiere bereits auf den A-Festivals von Cannes, Venedig oder Toronto, doch selten war das Programm eines kleineren Festivals so gespickt mit potentiellen Oscarkandidaten wie das in Dubai.

Diesen kulturellen Fortschritt zelebrierte man vor Ort dann auch in einem dekadenten Maße, dass man fast schon das Gefühl bekam, es wäre bei einigen Festivalbesuchern mehr angesagt, auf den schicken Parties der Filme zu schwärmen, anstatt sie zu sehen. Denn gebechert wurde allabendlich: Am Strand, in teuren Restaurants, auf künstlichen Inseln - oder einem historischen Fort mitten in der Wüste, das für die Abschlusszeremonie in einen pompösen arabischen Basar verwandelt wurde.
Dubai International Film Festival
Poster vom 4th Dubai International Film Festival 2007
Auch sonst garantierte das Festival seinen Gästen Luxus pur: Champagner, Austern, 5-Sterne-Hotels, Festivallimousinen der Marke Jaguar und Emirates-Businessflüge gehörten bei einer persönlichen Einladung zum Standard, was neben vielen internationalen Journalisten auch zahlreiche Stars zu einem Trip nach Dubai bewegte. Hayden Christensen sollte bei seinem Aufenthalt allerdings für Unmut bei der Festivalleitung. Obwohl man seinen Trip bezahlt und seine Ausflüge vor Ort zudem noch mit gewaltigen Summen gesponsert hatte, ließ dieser anberaumte Pressetermine ausfallen und verbrachte die Zeit lieber mit seiner angeblich neuen Freudin Rachel Bilson ("O.C. California"), die mit ihm nach Dubai gekommen war. Als man ihn für seine Trägheit rügte, bequemte er sich an seinem letzten Abend wenigstens zu einem Gang über den roten Teppich. Manchen muss man eben öfter bitten. Sharon Stone war da schon fleißiger. Die Grand Madame der Charity war zum ersten Mal nach Dubai gekommen, um im Wüstenressort Bab al Shams eine ihrer berühmt-berüchtigten AmFAR-Wohltätigkeitsgalas auszurichten, die mit fulminanten Spendeneinannahmen bereits bei zahlreichen anderen Festivals (Berlinale, Cannes, Rom) für Aufsehen gesorgt hatte. An der Seite von Michelle Yeoh, Kenneth Cole, Gloria Estefan und Dita von Teese zog sie den anwesenden Scheichs drei Millionen Dollar für wohltätige Zwecke aus der Tasche. Unter den Hammer fielen unter anderem ein live von Brian Olsen gemaltes Bild von Marilyn Monroe (200.000 Dollar), Sharon Stones altes Auto, ein Lincoln Continental von 1961 (400.000 Dollar) sowie ein privater Kino-Dinnerabend mit der 49-Jährigen in Los Angeles. (110.000 Dollar).
Dubai International Film Festival
George Clooney auf dem Dubai International Film Festival 2007
Auch Nathalie Dubois, die Chefin der in Szenekreisen bekannten Geschenke-Lounge "DPA", gab sich großzügig: Nach den Golden Globes, den französischen Cesars sowie den Festivals in Cannes und Venedig war auch sie erstmalig nach Dubai gekommen, um Stars kostenlos mit den angesagten Produkten des Jahres auszustatten: Den Besitzer wechselten unter anderem Trips nach Kenia, sündhaft teure Beautyprodukte von Sphatika, Fendi-Sonnenbrillen, Kristalle mit persönlichem 3-D-Fotos von Precise und Parfümkreationen der arabischen Marke Ajmal. Weniger glamourös, aber dafür tiefgründiger ging es beim "Bridging Cultures"-Panel zu, bei dem hochrangige Mitglieder der Kunstszene das Motto des Festivals diskutierten.

Vor allem Bestsellerautor Paolo Coelho mahnte mit bewegenden Worten an die Notwendigkeit einer besseren Völkerverständigung. "Es reicht nicht, dass wir nur unser Dorf verstehen. Wir müssen auch unsere Nachbarn begreifen, um eine Zukunft zu haben." Mit am Tischen saßen außerdem der libanesische Politaktivist Gisele Khoury, der südafrikanische Autor und Regisseur Rayda Jacobs und der amerikanische Schauspieler Danny Glover, der auf dem Festival den Preis für sein Lebenswerk verliehen bekam. In seinen Augen trägt das Medium Kino wesentlich zu einem besseren Verständnis des Anderen bei. "Weltbürger wurde ich erst durchs Kino. Film bringt Nationen zusammen, schafft eine neue Sprache." Ob es Dubai auch in Zukunft gelingen wird, seinen rasanten Vormarsch in die Liga der weltweit wichtigsten Festivals auszubauen, bleibt abzuwarten. Die Chancen zumindest nicht schlecht. Bei einem Wirtschaftswachstum von jährlich 25 Prozent bleiben genug Mittel für die Kultursubvention.
erschienen am 30. Dezember 2007
2024