Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Erol Sander
Münchner mit Hollywood-Ambitionen
Interview: Erol Sander in Alpenklinik
Erol Sander ist viel herumgekommen. In der Türkei geboren, in Deutschland aufgewachsen, hat er sieben Jahre in Paris gelebt. Dort verdiente er sein Geld als Model großer Modelabels wie Armani und Dior. Dort lernte der Schauspieler auch Frau Caroline Godet kennen. Der Nichte von Regisseur Oliver Stone hat er es zu verdanken, eine Rolle in dem Historienfilm "Alexander" bekommen zu haben. Seither träumt Sander von der Hollywood- Karriere. Im Interview zu dem TV-Film "Die Alpenklinik - Aus heiterem Himmel" (ARD 4.04.2008) erklärte uns der Münchner, warum er an seiner Wahlheimat hängt, seine Persönlichkeit in jeder Rolle zu finden ist und wie es sich in Lederhosen spielt.
erschienen am 12. 04. 2008
Indra Fehse/Ricore Text
Erol Sander
Ricore: Mit etwa vier Jahren kamen sie aus der Türkei nach Deutschland. In "Die Alpenklinik - Aus heiterem Himmel" tragen sie jetzt Lederhosen. Fühlen sie sich als Deutscher oder als Türke?

Erol Sander: Ich bin in der Türkei geboren und meine Eltern sind beide Türken. Ich werde meinen Ursprung nie vergessen. Wenn ich in der Türkei Urlaub mache kriege ich eine Gänsehaut. Aber mein zuhause und meine Heimat ist hier in München. Ich bin hier aufgewachsen, zur Schule gegangen, habe mein Abi gemacht und angefangen zu studieren. Also mein zuhause ist hier.

Ricore: Haben sie noch Verwandte in der Türkei, fliegen sie regelmäßig hin?

Sander: Ja, ich habe noch Verwandte in der Türkei, regelmäßig fliege ich aber nicht hin. Vielleicht alle zwei Jahre. Diesen April werde ich aber für fünf Wochen da sein, weil ich dort für die ARD einen Kriminalkommissar spiele, der in Istanbul ermittelt.

Ricore: Können sie bei dieser Gelegenheit das Angenehme mit der Arbeit verbinden?

Sander: Ich versuche auf jeden Fall mein Leben zu genießen. Aber wenn ich arbeite bin ich immer sehr konzentriert. Beim Dreh bin ich sehr auf meine Arbeit fixiert.

Ricore: Wie ist ihr türkisch?

Sander: Mein türkisch ist ganz schlecht. Ich spreche besser englisch und französisch. Ich glaube, da müsste ich ein paar Monate dort bleiben. Meine Mutter kam alleine nach Deutschland. Sie war alleinerziehend, mein Vater ist sehr früh gestorben. Sie hat mich eher deutsch erzogen. Ich war auch sechs bis sieben Jahre in deutschen Internaten, da hat man natürlich auch deutsch gesprochen.
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Erol Sander
Ricore: Fühlen sie sich als Bayer?

Sander: Ich fühle mich als Münchner, ja. Hier fühle ich mich zuhause, das ist meine Heimat.

Ricore: Könnten sie sich vorstellen, woanders zu leben?

Sander: Ich habe mehr als sechs Jahre in Paris gelebt, auch in London und New York, Miami, Barcelona, Wien, Zürich und Mailand. Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass es mir in München am besten gefällt. München ist auch eine Familienstadt.

Ricore: Was mögen sie an München?

Sander: Das Wetter ist ganz wichtig. Wir haben hier tolle Sommer und Winter. Wir haben die Berge und drei wunderschöne Seen gleich um die Ecke. Wenn man Lust hat ist man in drei Stunden in Italien und in weniger als einer Stunde in Österreich. In die Schweiz braucht es zwei Stunden. Und München liegt so zentral, dass man in einer Stunde mit dem Flieger jede Stadt in Europa erreichen kann. Es ist eine tolle Stadt.

Ricore: Anica Dobra hat gerade erzählt, dass sie sich als Teenager nur schwer an Deutschland gewöhnen konnte. Wie war das bei ihnen?

Sander: Kinder sind wie Unkraut, die passen sich sehr schnell an. Und das war bei mir genauso.
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Erol Sander
Ricore: Sie sind ein Großstadtkind. Könnten sie sich vorstellen wie ihre Filmfigur Daniel auf dem Land zu leben?

Sander: Lofer liegt fünf bis zehn Kilometer Luftlinie von der Stadt entfernt, in der ich im Internat war. Also ist es gewissermaßen auch meine Heimat gewesen. Ich brauche die Berge. Ich könnte mir auch vorstellen in den Bergen zu leben. Aber ich bin verheiratet, habe eine Frau und ein Kind. Meine Frau kommt aus Paris und sie ist schwer aus der Stadt herauszukriegen. Deshalb haben wir uns so geeinigt, dass wir ein kleines Berghüttchen kaufen. Da kann ich entspannen, Ruhe finden und meine Drehbücher durchgehen.

Ricore: Es zieht sie also tatsächlich aufs Land?

Sander: Ich bin ein absoluter Bergmensch. Ich liebe die Berge und fühle mich da zuhause.

Ricore: Der Bauer in "Die Alpenklinik - Aus heiterem Himmel" bekämpft seinen Kummer mit Musik. Was ist ihre Strategie?

Sander: Meine Frau und mein Sohn geben mir die Kraft über Kummer hinweg zu kommen. Also reden und offen sein.

Ricore: Sie haben früher als Model gearbeitet. Sind sie eitel?

Sander: Gegenfrage: Wer ist nicht eitel? Auch ein Hippie der in den Spiegel schaut ist eitel. Auch ein Punk der sich anzieht wie ein Punk, ist eitel. Ich glaube, dass jeder etwas Eitelkeit in sich trägt - ich auch.
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Erol Sander
Ricore: Würden sie sich als extrovertiert bezeichnen?

Sander: Ich glaube, wir Schauspieler sollten eigentlich alle extrovertiert sein. Nein. Extrovertiert sind glaube ich nur die, welche die Emotionen die sie spielen auch im echten Leben erlebt haben. Ich bin gezwungenermaßen extrovertiert, weil ich die Gefühle aus dem echten Leben nütze, um meine Rolle so authentisch wie möglich zu gestalten. Gott sei Dank ist es ein Film und da darf man Geheimnisse für sich behalten. Aber in jedem Film oute ich mich in Gefühlsmomenten. Also bin ich doch kein extrovertierter Mensch, aber es könnte von außen so aussehen.

Ricore: Sie bringen also etwas von ihrer Persönlichkeit in die Rolle ein. Viele sagen, man könne die Rollen mit dem eigenen Leben überhaupt nicht vergleichen.

Sander: Es gibt keinen Film, in dem ich nicht aus meiner Erfahrungen schöpfen muss.

Ricore: Hatten sie das Modeln und die Schauspielerei geplant oder sind sie da eher hineingerutscht?

Sander: Zum Modeln bin ich auf der Straße angesprochen worden. Mit 13 Jahren wollte ich schon Schauspieler werden. Da hatte ich in den Sprachen, die ich heute fließend beherrsche, deutsch englisch und französisch, die Noten fünf, fünf und sechs. Da bin ich in der siebten Klasse durchgefallen und durfte deswegen nicht in die Theatergruppe. Mit 18 wollte ich in die Schauspielschule, hatte aber keine Lust in Deutschland den Klischee-Ali zu spielen. Deshalb bin ich nach Frankreich gegangen und habe währenddessen meine Modelkarriere angefangen. Diese Zeit habe ich genützt, mir die Welt anzuschauen. Als Kind einer alleinstehenden Mutter hatte ich nicht so viele Möglichkeiten, das habe ich dann nachgeholt. Im Hinterkopf hatte ich aber immer den Traum, Schauspieler zu werden. Dafür muss man Glück haben, aber man muss das Glück auch greifen können, sonst läuft es einem weg.
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Erol Sander
Ricore: Für "Alexander" konnten sie mit Oliver Stone zusammenarbeiten. Träumen sie von einer Hollywoodkarriere?

Sander: Ja klar träume ich davon, jeder Schauspieler tut das. Träumen darf man ja. Ich glaube, das mit Oliver Stone war familienbedingt, weil meine Frau mit ihm verwandt ist. Deswegen durfte ich zum Casting. Aber ich sage immer: Franz Beckenbauer würde bei einem WM-Finale, und ein 180 Millionen Dollar-Film ist so etwas ähnliches, nicht jemanden in die Abwehr stellen, der das Tor nicht schützen kann. Und Oliver hat mich in die Abwehr gestellt, mir eine kleine Rolle in seinem Film gegeben. Das war eine große Bereicherung für mich. Am Anfang war er nicht so überzeugt, aber dann konnte ich ihn mit meinem Spiel doch noch überzeugen.

Ricore: Haben sie viele großen US-Schauspieler kennen gelernt?

Sander: Ja. Colin und ich waren zusammen im Boot Camp und haben uns ein Zelt geteilt.

Ricore: Hat sich das einfach so ergeben?

Sander: Er hat Alexander gespielt und ich einen persischen Prinzen. Herr Stone wollte in uns eine kriegerische Hierarchie wecken. Alle 600 Leute im Lager wussten, wer Alexander und wer der Prinz ist. Damit man eine Hierarchie aufbaut. Man durfte einem Kaiser, Alexander, nicht widersprechen und einem Prinzen auch nicht. Wir haben sechs Monate mit Jared Leto, Val Kilmer, Anthony Hopkins und Angelina Jolie gedreht.

Ricore: Haben sie noch Kontakt?

Sander: Was heißt Kontakt? Ich habe mein Leben und die haben ihres. Aber wir kennen uns halt untereinander. Wir haben sechs Monate zusammen gelebt. Wir haben viel erlebt und wenn wir uns sehen sind wir Alexanders Krieger.
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Erol Sander
Ricore: Haben sie Hollywood-Pläne?

Sander: Ja. Ich habe Lust und es wird auch etwas passieren. Aber ich eiere jetzt nicht in L.A. herum. Ich habe hier Verantwortung und mache meine Filme in Deutschland und das macht mir Spaß. Ich bin Europäer und werde nie wie ein Amerikaner englisch sprechen. Man wird mich immer nur einsetzen, wenn ich auch einen Europäer spiele. Man muss auch in der Rolle authentisch bleiben.

Ricore: Haben sie eine Wunschrolle?

Sander: Ja, ich habe Wünsche und Träume, aber die darf man nicht verraten. Ich träume viel vom Oscar. Aber Wünsche und Träume, die Rollen und Filme betreffen, darf man nicht verraten.

Ricore: Haben sie ein Vorbild?

Sander: Es gibt männliche Schauspieler, bei denen denke ich mir: "Wow". Ich mag Maximilian [Schell], wir sind Freunde geworden. Mit Maximilian habe ich jetzt drei Fernsehfilme gedreht. Er ist für mich ein Mentor. Robert De Niro ist ein großes Vorbild. "Taxi Driver" oder "Der englische Patient" sind Filme die ich gerne anschaue und die mich inspirieren.

Ricore: Was sind ihre nächsten Projekte?

Sander: Zuerst drehe ich mit Christine Neubauer in Thailand ein romantisches Abenteuer. Danach gibt's eine ganz interessante Geschichte. Ich drehe für die ARD eine neue Krimireihe in Istanbul. Da spiele ich einen Kriminalkommissar. Das wird interessant, weil wir mit der Tradition spielen können. Ein deutscher Türke der nach Istanbul geht, dort lebt und ermittelt. Da hat man die Möglichkeit, mit vielen Klischees Geschichten auszubauen. Und man kann die Türkei Europa näher bringen, in all ihren Facetten. Vielleicht kann ich dabei auch mein Ursprungsland besser kennen lernen.
erschienen am 12. April 2008
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