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Paul Rudd in "Beim ersten Mal"
Paul Rudd gesetzter?
Interview: Fluchen auf der großen Leinwand
Einst wollte Paul Rudd ein ernst zu nehmender Darsteller werden. Im Horrorfilm "Halloween VI - Der Fluch des Michael Myers" gelang ihm das jedoch nicht. Auch mit seiner Serienrollen in "Friends" wurde er kaum wahrgenommen. Dies soll sich nun ändern. An der Seite von "Stifmaster" Seann William Scott wirkt der US-Star gesetzter, aber nicht weniger verrückt. Er ist gesprächig und in seinen Antworten schwebt stets ein Hauch Selbstironie mit. Den Sinn für Humor hat er auch bei unserem Gespräch zu "Vorbilder?!" nicht verloren. Sympathisch liefert er seltene Einblicke in sein Familienleben.
erschienen am 26. 02. 2009
Universal Pictures
Paul Rudd
Ricore: In der Jon Stewart Daily Show hatten Sie ein "Vorbilder?!"-T-Shirt an. Heute sind Sie eher elegant angezogen.

Paul Rudd: Ja, es ist unehrlich in eine Show zu gehen, um Werbung für deinen neuen Film zu machen. Deswegen entschied ich mich damals, es auf die Spitze zu treiben und zeigte mich mit T-Shirt und Mütze auf denen der Filmtitel zu lesen war.

Ricore: Interviews sind wohl ehrlicher?

Rudd: Ja, viel ehrlicher. (lacht)

Ricore: Was hat Sie an der Geschichte begeistert?

Rudd: Ich weiß nicht, ob mich etwas begeistert hat. (lacht) Als ich den ersten Entwurf gelesen habe, hielt ich die Idee von zwei jungen Männern, die Sozialarbeit leisten und sich mit Kindern beschäftigen müssen, für lustig aber hochgradig unplausibel. Im Gespräch mit der Produzentin habe ich paar Vorschläge gemacht, bis sie mir angeboten hat, das Drehbuch mit zu schreiben. Langsam stieg mein Interesse. Das war auch das erste Mal, dass mich ein Studio dafür bezahlt hat. Aber vor allem hoffte ich, dass es lustig wird. Wir haben jene sentimentalen Momente gemieden, die man in anderen Filmen stets sieht. Man weiß sowieso kurz nach dem Vorspann, was passieren wird.
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Vorbilder?!
Ricore: War der Vergleich mit Ben Affleck Ihre Idee?

Rudd: Nein. Das war der Regisseur. Ich habe gesagt: "Nein, bitte lass uns diesen Witz nicht bringen".

Ricore: Hatten Sie schon früher ihre Ähnlichkeit mit Ben Affleck fest gestellt?

Rudd: Ja, als ich jünger war. Aber ich denke nicht, dass es stimmt. Dennoch meinte der Regisseur, dass es lustig sei. Und ich vertraute ihm. Aber ich war nicht besonders angetan von der Idee.

Ricore: Im improvisierten Liebeslied singen Sie von Susan Sarandon. War das Ihre Idee?

Rudd: Ja. Ich dachte an all die berühmten Paare, die glücklich aber nicht verheiratet sind. Wie zum Beispiel Kurt Russel und Goldie Hawn. Oder eben Susan Sarandon und Tim Robbins. Als wir die Szene drehten, war der Autorenstreik in Hollywood im vollen Gange. Und wir durften keine einzige Zeile schreiben. Also mussten wir uns ans Drehbuch halten - oder ich musste während dem Dreh improvisieren. Naja, und Susan Sarandon und Tim Robbins sind das Ergebnis.

Ricore: Kommen Sie mit Kindern gut aus?

Rudd: Ziemlich gut. Ich hab ja selbst eins. Ich hoffe, ich bin kein schrecklicher Vater. Aber ich war schon mal in einer solchen Situation. Nicht ganz wie im Film, aber ich musste eine Woche in einem Jugendzentrum arbeiten. Das war die Strafe dafür, dass ich ein Bier in der Öffentlichkeit getrunken hatte. Damals war ich eben noch ein böser Bube. Und als ich 18 war, arbeitete ich in einem Ferienlager. Ich musste eine Gruppe acht- oder neunjähriger Jungs betreuen. Ich war schrecklich! Sie haben sich geprügelt und ich dachte: "Ach lass sie alles unter sich regeln!" Ganz schlimm. Ich habe nach knapp drei Wochen aufgegeben.
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Seann William Scott
Ricore: Wie sieht ein schlechter Tag für Sie aus?

Rudd: Wenn du aufwachst und feststellst, dass du mit Ameisen bedeckt bist. Dann dämmert es dir, dass der Kaffee aus ist. Dann steigst du aus dem Bett, rutscht aus und hast ein Penisbruch. Keine Ahnung (lacht).

Ricore: Gehen Sie streng mit sich um?

Rudd: Ja, manchmal sagen meine Mutter oder meine Frau: "Mach doch mal Pause". Aber nein, ich bin nicht so streng mit mir.

Ricore: US-Medien stehen Nacktheit und derber Sprache konservativ gegenüber. Wie ist es möglich, dass Kinder im Film so oft fluchen?

Rudd: Es wird immer noch sehr auf die Sprache geachtet. Das Studio hat uns unterstützt, die Grenzen ein bisschen zu verschieben, da solche Komödien gut in den Kinos ankommen. Die Marketing-Abteilung durfte jedoch keine Werbung mit Brüsten oder derben Sprüchen machen. Also die erste Version sah wie Familienkomödie aus. Im Stil von "Der Kindergarten Daddy". Ich dachte: "Oh Gott, wenn Eltern mit ihren Kindern in den Film gehen, werden sie eine böse Überraschung erleben". Es ist schon komisch. In unserem Land darf man keine Brüste zeigen, aber zu zeigen wie jemand umgebracht wird, ist erlaubt. Das macht keinen Sinn.
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Vorbilder?!
Ricore: Musste man den kleinen Bobb'e J. Thompson auf die Rolle besonders vorbereiten?

Rudd: Nein, er ist sehr energisch. Eine Naturgewalt. Dieser Junge wird in zwei Jahren der Star eines eigenen Films sein. Er ist gerade elf Jahre alt, aber macht schon Stand-Up-Comedy. Er ist ziemlich frühreif, verhält sich oft wie ein Erwachsener. Einmal hat er seinen Kopf an der Tür verletzt und hat fürchterlich angefangen zu weinen. Dann denkt man sich: "Oh, der arme Kleine!" Bobb'e war vom Catering total begeistert. Er hat ständig Süßes genascht. Durch diese Energie lief er ständig hin und her, bis er plötzlich einschlief. Wir mussten ihn dann zum Drehen wecken. Das war übrigens eine neue Erfahrung für mich. Am Set musste immer ein Vertreter einer Kinderschutzorganisation anwesend sein, der das Sagen hatte. Auch wenn die Eltern einverstanden waren, konnte er "Nein" sagen. Das war eine heikle Angelegenheit. Ich wusste zum Beispiel nicht, dass es gesetzwidrig ist, Szenen mit derber Sprache in Anwesenheit des Kindes zu drehen. Bobb'e musste bei solchen Aufnahmen immer das Set verlassen. Davon hatte ich keine Ahnung.

Ricore: Gab es Sanktionen, wenn Sie gegen die Vorschriften verstießen?

Rudd: Naja, wir wurden gescholten. Manchmal ist es zwar vorgekommen, dass wir ein Spruch oder Ähnliches riskiert haben. Aber wir haben uns schon meistens an die Vorschriften gehalten.

Ricore: Wie überzeugt man einen Aufpasser der Kinderschutzorganisation, den jungen Hauptdarsteller "Mother Fucker" sagen zu lassen?

Rudd: Sie hatten das Drehbuch zuvor gelesen und mussten die Dialoge akzeptieren. Einiges haben sie auch abgelehnt. Während den Dreharbeiten haben wir weiter Witze entwickelt und improvisiert. Also haben wir versucht, die Dame gnädig zu stellen. Wir waren freundlich und verständnisvoll, aber sie war echt zäh. Sie hat ja ihre Arbeit getan.
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Der Cast mit Paul Rudd zu "Beim ersten Mal"
Ricore: Hat sich die Vorbildfunktion Ihrer Eltern während den Jahren gewandelt?

Rudd: Ich muss ständig daran denken. Jetzt habe ich selbst ein Kind. Mein Vater ist neulich verstorben. Die ganze Zeit stelle ich mir solche Fragen. Ich sehe es deutlich vor mir: All die Sache, die er mir beigebracht hat. Aber auch meine Rolle in der Erziehung meines Sohnes. Es sind nicht nur gute Manieren, auch die Fähigkeit, Gut und Böse zu unterscheiden. Dass man sein Bestes versuchen muss, glücklich mit dem eigenen Leben zu sein. Dass man immer mehr geben kann. Paul Newman ist das beste Beispiel dafür.

Ricore: Sie drehen sowohl Kino-, als auch Fernseh-Produktionen. Unterscheidet sich der Schöpfungsprozess?

Rudd: Es ist dasselbe Prinzip: Einen Charakter darstellen und hoffentlich eine Geschichte erzählen. Es sind zum Beispiel technische Sachen, die den Unterschied machen. Wenn man auf einer Theaterbühne steht, muss man lauter sein und vor der Kamera den Ton leiser drehen. Auf dem Set zu "Vorbilder?!" improvisierten wir viel. Bei "Friends" gab es beispielsweise keinen Platz dafür. Serien werden schnell geschrieben und gedreht. Man geht die Szenen am Vormittag durch. Nach dem Mittagsessen wird nochmals unter Aufsicht der Produzenten und Drehbuchautoren geprobt. Man muss alles so bringen, wie es im Buch steht. Bei meinen letzten Kinofilmen hatte ich mehr Freiheit. Das gefällt mir besser.

Ricore: Sie haben von "Friends" gesprochen. Was ist das Geheimnis des Erfolgs der Serie?

Rudd: Ich denke, das sind die Charaktere. Ich war nur Teil der Kulisse. Alles was ich gemacht habe, war zu versuchen, keinem im Weg zu stehen. Niemand schaut sich "Friends" aufgrund von Mike Hannigan an. Die Drehbücher zur Show sind super. Die Charaktere sind mit viel Liebe geschrieben. Für mich war es eine tolle Erfahrung. Die Serie ist ein internationales Phänomen. Ich wusste, dass jede einzelne Folge, die ich drehe, öfters angesehen wird, als alles, was ich bis dahin gemacht hatte.
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Paul Rudd in "Vorbilder?!"
Ricore: Was spielen Sie am liebsten mit Ihrem Sohn?

Rudd: Wir machen meistens Musik zusammen. Er ist ein toller Schlagzeuger. Er mag vor allem Erwachsenen-Musik. Wir hören nie "The Wiggles" oder Ähnliches. Er steht total auf Tom Petty und Elvis Costello. Er liebt Elvis Costello. Es ist interessant zu beobachten, wie die Kinder ihren eigenen Musikgeschmack entwickeln. Zurzeit steht er auf "The Sweets".

Ricore: Wie waren Sie als Kind? Hatten Sie auch eine Traumwelt, in die sie flüchteten?

Rudd: Nein, nicht wirklich. Ich war auch Musikbegeistert. Ich tanzte vor dem Spiegel und tat so, als wäre ich Sänger. Ich hatte diese kurze Hose - meine coole Shorts. Ich habe sie immer angezogen, mein Hemd ausgezogen und vor dem Spiegel getanzt und lippensynchron mit dem Lied gesungen. Dabei habe ich die ganze Zeit gedacht, dass ich im Fernsehen bin. Dass Santa Claus mich ins Fernsehen bringt. Es war also keine Traumwelt, vielmehr chemisches Ungleichgewicht. Aber ich war nie ein Fan von mittelalterlichen Strategie- und Rollenspielen. Ich hatte immer meine eigenen seltsamen Interessen.

Ricore: Viele Schauspieler beginnen Ihre Karriere mit Horrorfilmen. Ihr erster Film ist "Halloween VI - Der Fluch des Michael Myers". Welche Erinnerungen haben Sie daran?

Rudd: Es war ganz seltsam, eine Szene mit dem maskierten Mann zu drehen. Er ist super groß und würgt mich. Dann hört man von hinten "Cut". Ich sehe immer noch die entstellte Maske und dahinter die Stimme: "Hey, magst du einen Kaffee?" Wirklich unglaublich. Ich habe "Halloween V - Die Rache des Michael Myers" leider nicht gesehen. Deswegen war ich ein bisschen verloren in der Geschichte. Als dann der Film heraus gekommen ist, war ich sehr enttäuscht. Jetzt nicht mehr, aber mit Anfang 20 wollte ich ein ziemlich seriöser Schauspieler sein.

Ricore: Vielen Dank für das nette Gespräch!
erschienen am 26. Februar 2009
Zum Thema
Egal ob im Film, Fernsehen oder auf der Bühne, Paul Rudd stellt in vielen Bereichen sein Talent unter Beweis. Viele kennen ihn vielleicht als Phoebes liebenswerten Freund Mike aus der Fernsehserie "Friends". Bislang war Rudd in großen Kinoproduktionen wie "Gottes Werk und Teufels Beitrag" oder "William Shakespeares Romeo und Julia" meist nur in kleineren Rollen zu sehen. In der Komödie "Vorbilder?!" aus dem Jahr 2008 ist er erstmals in einer Hauptrolle zu sehen. Zugleich schrieb er auch am..
Vorbilder?! (Kinofilm)
Danny (Paul Rudd) und Wheeler (Seann William Scott) sitzen in der Klemme. Eigentlich wollten die beiden nur einen Promotionauftrag ihres Arbeitgebers ausführen und dann so schnell wie möglich wieder getrennter Wege gehen. Als sie nach dem Abschleppen aber das Firmeneigene Auto klauen und zu Schrott fahren, werden ihnen 150 Sozialstunden aufgebrummt. Als Mentoren müssen sie sich um zwei Jungs kümmern, die Probleme mit dem Erwachsenwerden haben. Aber an wen sind die da bloß geraten?
2024