FR Entertainment, Barbara Bauriedl
Manfred-Anton Algrang am Set von "Bergblut"
"Ich hatte keinen Plan B"
Interview: Risikofreudig: Manfred-Anton Algrang
Manfred-Anton Algrang absolviert zunächst eine Handwerkerlehre, kann sich jedoch nicht ins Metier einfinden. Er will weg aus Südtirol, hinaus in die Welt. Als er das argentinische Stück "Nichts mehr nach Calingasta" von Julio Cortázar sieht, ist seine Zukunft entschieden. Fortan will er Schauspieler werden. Einen Plan B hat er nicht, wie er uns im Interview versichert. Das Risiko wird belohnt. Nach ersten Engagements auf der Bühne folgen mehrere Fernsehrollen. Im Kino ist als als Albert Speer in "Operation Walküre - Das Stauffenberg Attentat" zu sehen. Mit "Bergblut" kehrt er in seine Südtiroler Heimat zurück.
erschienen am 27. 01. 2011
Summiteer
Bergblut
Ricore: Was war das für ein Gefühl, in ihrer Heimat zu drehen?

Manfred-Anton Algrang: Ich hatte schon immer den Wunsch, ein Projekt in Südtirol zu machen. Das ist jetzt in Erfüllung gegangen. Just wenn man anfängt, zu arbeiten, relativiert sich das. Man ist auf die Arbeit konzentriert und die ist immer mehr oder weniger gleich. Allenfalls die Sets unterscheiden sich voneinander. Während der Dreharbeiten zu "Bergblut" haben wir uns lustigerweise alle auf Hochdeutsch unterhalten. Für mich persönlich war das einfacher, weil ich auf Hochdeutsch besser formulieren kann.

Ricore: Wie haben die Südtiroler auf die Dreharbeiten reagiert?

Algrang: Sie waren von der Produktion ganz angetan. Alle waren sehr nett, superfreundlich und hilfsbereit. Wir hatten eine tolle Gaudi.

Ricore: Wichtige Themen sind Heimat und Patriotismus. Konnten Sie damit irgendwas anfangen?

Algrang: Während der Dreharbeiten hatte ich manchmal eine Gänsehaut. Ich merkte, dass die Geschichte ein Teil von mir ist, auch wenn sie nur indirekt etwas mit mir zu tun hat. Wenn ich sage, dass ich aus Südtirol stamme, werde ich für einen Österreicher gehalten. Nein, sage ich dann, Südtirol gehört zu Italien. Dann kommt als Antwort: Was, du bist Italiener? Du hast doch einen deutschen Namen. So viel zum Thema Heimatgefühle. Als Südtiroler ist man häufig mit Fragen konfrontiert wie: Wer bin ich eigentlich? Wozu gehöre ich? Die einzig richtige Antwort auf diese Frage ist: Ich bin Südtiroler

Ricore: Was bedeutet Heimat für Sie?

Algrang: Heimat ist für mich in erster Linie der Ort, an dem ich geboren bin. Darüber hinaus ist Heimat für mich, wo ich mit meiner Familie bin. Zurzeit wohne ich in München also ist hier meine Heimat. Für die meisten Menschen bedeutet Heimat eine Art Verwurzelung mit den Ursprüngen. Ich bin mit 25 Jahren aus Südtirol weg und habe damit meine Verwurzelung gekappt. Für mich ist es keinesfalls so, dass ich in meiner Heimat hätte bleiben müssen. Wenn ich etwas finde, wo ich gut arbeiten kann und es auch mit der Familie vereinbar ist, dann kann ich mich auch fern meiner Wurzeln wohlfühlen.
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Wolfgang Menardi und Inga Birkenfeld in "Bergblut"
Ricore: Was war ausschlaggebend dafür, dass Sie aus Ihrer Heimat weggegangen sind?

Algrang: Ich wollte Schauspieler werden. Ich wollte immer aus Südtirol weggehen, nur wusste ich nicht, wohin und warum. Als mir der Grund klar war, war es entschieden. Mir war klar, wenn ich jetzt nicht gehe, dann ist es zu spät.

Ricore: Vor Ihrer schauspielerischen Ausbildung haben Sie einen handwerklichen Beruf gelernt. Können Sie sich noch an den Moment erinnern, als Sie sich entschieden haben, zur Schauspielerei zu wechseln?

Algrang: Ich bin gelernter Schlosser und Werkzeugmacher und war lange unglücklich mit dem, was ich machte. Irgendwann habe ich entschieden, einfach wegzugehen und etwas anderes zu machen. Die Alternative war mir egal, ich hätte auch das Deck auf einem Schiff geschrubbt. Ich wusste aber auch, einfach wegzugehen ist nicht die Lösung. Eines Tages war ich in einem kleinen Theater in Bruneck und habe mit das Stück "Nichts mehr nach Calingasta" von Julio Cortázar angesehen. Danach war mir klar, dass ich Schauspieler werden will. Es war wie eine Eingebung. Danach fing es mit der Schauspielerei an. Ich meldete mich beim Theater und spielte bald in den ersten Stücken mit. Dann kam der Entschluss, wegzugehen. Die einzigen Alternativen waren Wien und Berlin. Am Ende habe ich mich für Berlin entschieden.

Ricore: Gab es für Sie einen Plan B, falls es mit der Schauspielerei nicht geklappt hätte?

Algrang: Nein, nein Plan B hatte ich nie gehabt (lacht). Ich setzte alles auf eine Karte, nur auf Plan A. Es gab natürlich Höhen und Tiefen, aber es ist soweit ganz gut gegangen.
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Manfred-Anton Algrang und Markus Oberrauch in "Bergblut"
Ricore: Was wäre Ihr Rat für die junge Schauspielgeneration, die in dem Beruf Fuß fassen wollen?

Algrang: Das ist schwer zu sagen. Die jüngere Generation hat wahrscheinlich ganz andere Vorstellungen von der Schauspielerei, als ich sie damals hatte. Wenn man sich entschieden hat, Schauspieler zu werden, dann sollte man Vollgas geben. Irgendwann kommt auch das Glück.

Ricore: Was empfinden Sie, wenn Sie sich heute selbst auf der Leinwand sehen?

Algrang: Es gibt Situationen, in denen ich mir fremd vorkomme. Dann gibt es Momente, in denen ich merke, dass ich mit den Gedanken nicht ganz bei der Sache war. In "Bergblut" war ich zum ersten Mal mit mir zufrieden.

Ricore: Glauben Sie, dass "Bergblut" in Südtirol einen Aufschwung der Filmlandschaft bewirken wird?

Algrang: Ich wünsche es mir. Im Moment stehen die Zeichen dafür gut. Man muss schauen, wie sich das entwickelt. Im Sommer fanden in Südtirol die Dreharbeiten zum nächsten Terence Hill-Film statt. Ich bin gespannt, was aus der Filmlandschaft hier werden wird.

Ricore: Welche Projekte stehen bei Ihnen als nächstes an?

Algrang: Es gibt viele Projekte, die aber noch sehr vage sind. Zwei davon wurden bereits verschoben. Es gibt einige Anfragen und Vorschläge aber noch nichts Konkretes.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch
erschienen am 27. Januar 2011
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