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Walter Köhler
Wir sehen nicht das gesamte Bild
Interview: Skeptiker Walter Köhler
"Harodim - Nichts als die Wahrheit?" handelt von einem ehemaligen US-Soldaten, der seinen Vater während der Anschläge am 11. September 2011 verliert. Auf der Suche nach einem Topterroristen stößt er auf Informationen, die sein bisheriges Weltbild erschüttern. Der Thriller mit Peter Fonda will die offizielle Wahrheit hinter 9/11 in Frage stellen, weshalb er die fiktive Handlung immer wieder mit historischen Nachrichtenbildern anreichert. Produzent Walter Köhler hat im Gespräch mit Filmreporter.de verraten, was hinter dem Konzept steckt.
erschienen am 7. 11. 2012
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Harodim - Nichts als die Wahrheit?
Ricore: Wie kam das Projekt zustande?

Walter Köhler: Produzent Thomas Feldkircher und ich kennen uns schon seit langem. Er kam mit dem Projekt auf mich zu. Das Drehbuch war das Beste, was ich in den letzten zehn Jahren gelesen habe. Ich stellte mir sofort die Frage, ob wir es realisieren können. Das haben wir geschafft.

Ricore: Die Dreharbeiten sollten ursprünglich in den USA stattfinden. Weil dort die Finanzierung nicht zustande kam, wurden sie nach Wien verlagert. Inwiefern hatte das Auswirkungen auf das Drehbuch?

Köhler: Im Drehbuch war von Anfang an ein unterirdisches Versteck in einer europäischen Großstadt vorgesehen. Irgendwann war dem gesamten Team klar, dass die Handlung in Wien spielen sollte.

Ricore: Das Setting erinnert an "Der dritte Mann", der zum Teil in der Wiener Kanalisation angesiedelt ist.

Köhler: Ja, das stimmt. Die Geschichte handelt von dem Ex-Navy SEAL Lazarus, der glaubt, seinen Vater bei den Anschlägen des 11. September 2011 verloren zu haben. Daraufhin krempelt er sein Leben völlig um, erklärt sich für tot, geht in den Untergrund und macht sich auf die Jagd nach dem verantwortlichen Terroristen. Er findet ihn in Österreich, nimmt ihn gefangen und möchte von ihm Antworten erzwingen.

Ricore: Die Genre-Positionierung von "Harodim - Nichts als die Wahrheit" zwischen Fiktion und Fakten ist bemerkenswert. Können Sie uns die Idee dahinter erläutern?

Köhler: Da haben sich zwei Interessen getroffen. Regisseur Paul Finelli, der auch das Drehbuch geschrieben hat, wollte das Konzept von Filmen wie "Der Manchurian Kandidat" und "JFK - John F. Kennedy - Tatort Dallas" weitertreiben. Die Idee war nicht, Nachrichtenbilder nachzustellen, sondern echtes Material in den Film zu integrieren. Es handelt sich dabei um Bilder, die wir alle oft im Fernsehen gesehen haben. Sie wurden als Wahrheit angeboten und die meisten Menschen haben sie als solche hingenommen. Wenn man sie danach fragt, ob Osama Bin Laden und Al-Qaida jemals offiziell zugegeben haben, hinter den Anschlägen vom 11. September zu stecken, werden 90 Prozent die Frage mit ja beantworten. Die Wahrheit ist aber, dass sie es niemals zugegeben, sondern sogar das Gegenteil behauptet haben. Das lief sogar einmal im amerikanischen Fernsehen und seitdem nie wieder.
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Vater-Sohn-Gespann: Peter Fonda und Travis Fimmel in "Harodim - Nichts als die Wahrheit?"
Ricore: Die Menschen sollen also durch "Harodim" die offizielle Wahrheit in Frage stellen.

Köhler: Ja, sie werden aufgefordert, skeptisch mit Medienberichten umzugehen. Vor allem heute sollte man vorsichtig mit Informationen umgehen. Es gibt so viele Möglichkeiten, die Ereignisse in einem anderen Licht zu sehen und das machen wir mit "Harodim - Nichts als die Wahrheit?". Lazarus ist von seiner Sache überzeugt. Er macht den Terroristen dingfest und hat die feste Absicht, ihn abzuknallen. Als der dieser ihm sagt, dass die Wahrheit eine völlig andere ist, wird Lazarus' Weltbild auf den Kopf gestellt. Was der Terrorist ihm erzählt, belegen wir mit echtem Material. Dadurch können viele Menschen Zusammenhänge erschließen, die sie vorher nicht gesehen haben.

Ricore: Sie wollen mit dem Konzept also unterhalten und aufklären.

Köhler: Ja, das ist das Spannende daran. Einerseits ist der Film ein spannender Thriller, andererseits arbeitet er mit Motiven, die gerademal zehn Jahre alt sind und uns alle betreffen. Unser Leben hat sich seit 9/11 extrem verändert. Es gibt so viele Indizien dafür, dass wir nicht das gesamte Bild sehen, dass gewisse Fragen einfach nicht beantwortet werden. Etwa warum das Gebäude Nr. 7 eingestürzt ist. Ich bin ein wissenschaftlich geprägter Mensch. Als wir für Servus TV ein Talk-Magazin machten, war auch ein Spezialist für Hoch- und Tiefbau anwesend. Sein Kommentar war: 'Ich bin kein Anhänger von Verschwörungstheorien, aber wenn ein Gebäude zusammenstürzt, dann hat es entweder zuvor gebrannt, oder es ist gesprengt worden. Gebrannt hat es jedenfalls nicht'. Also blieb für ihn als Wissenschaftler nur eine Schlussfolgerung übrig. Wie gesagt, es bleiben viele Fragen offen. Fragen, auf die ich gerne eine Antwort hätte, die ich aber einfach nicht kriege.

Ricore: Befürchten Sie nicht, dass die Menschen "Harodim - Nichts als die Wahrheit?" als ein weiteres Verschwörungstheorem auffassen werden?

Köhler: Nein, das glaube ich nicht. Je öfter man sich den Film anschaut, je mehr Hinweisen findet man. Die, welche sich nicht für das Thema interessieren, können ihn als Thriller betrachten. Immerhin hat er alle Zutaten, die ein guter Thriller haben muss.

Ricore: Mit der Mischung aus Fiktion und Tatsachen bzw. wahren Begebenheiten wollen Sie europäische Filme auch für den internationalen Markt attraktiv machen. Lassen sich denn genug reale Ereignisse finden, die man in einem Film verarbeiten kann?

Köhler: Ja, davon gibt es genug. Ein anderes Beispiel für das Konzept ist unser Film "Unter Wölfen". Auch er basiert auf einer wahren Geschichte und handelt von einem spanischen Jäger, der mit acht Jahren von seinem Eltern an einen Großgrundbesitzer verkauft wurde. Dieser hat den Jungen an einen Hirten weitergegeben, der aber nach einem halben Jahr starb. Mit 22 Jahren wurde der Junge völlig verwildert wiedergefunden. Er überlebte, weil ihn ein Wolfsrudel adoptiert hat. Der Mann lebt heute noch und hat sogar in einer der letzten Szenen einen Auftritt.

Ricore: Glauben Sie, dass ihr Konzept in Europa Schule machen wird?

Köhler: Das kann ich nicht sagen. Nur so viel: Der Schmied ist besser als der Schmiedl (lacht).
erschienen am 7. November 2012
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Walter Köhler, Jahrgang 1962, studiert Publizistik, Politikwissenschaft und Geschichte an der Universität Wien. 1982 stößt der Österreicher als freier Produzent, Autor und Regisseur zum Fernsehsender ORF, dessen Programmsparte Universum er von 1987 bis 1994 als Produzent leitet. Seit 2011 ist Köhler strategischer Leiter des aus dem ehemaligen Produktionsteam von Universum hervorgegangenen Produktionsstudio Terra Mater Factual Studios, das sich auf die Herstellung..
Der frühere Navy-Seals-Agent Lazarus Fell (Travis Fimmel) hat den Auftrag erhalten, den weltweit meistgesuchten Terroristen (Michael Desante) aufzuspüren. Für ihn ist die Jagd auch eine persönliche Angelegenheit, da sein Vater Solomon (Peter Fonda) bei den Anschlägen vom 11. September 2011 ums Leben kam. Als er nach Jahren des Terroristen habhaft wird, gelangt er bei dessen Verhör an Informationen, die sein Weltbild erschüttern. "Harodim - Nichts als die Wahrheit?" hat den Anspruch, die..
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