farbfilm Verleih
Anima: Die Kleider meines Vaters (2022)

Anima: Die Kleider meines Vaters

Originaltitel
Anima: Die Kleider meines Vaters
Alternativ
Anima: My Father's Dresses
Regie
Uli Decker
Darsteller
Helmut Decker, Monika Decker, Cordula Decker, Uli Decker, Irmtraud Karlitschek, Herbert Karlitschek
Kinostart:
Deutschland, am 20.10.2022 bei farbfilm verleih
Genre
Dokumentarfilm
Land
Deutschland
Jahr
2022
FSK
ab 6 Jahren
Länge
94 min.
IMDB
IMDB
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brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
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Uli Decker verarbeitet ein privates Familienthema
Als Uli Decker und ihre Schwester ans Sterbebett ihres Vaters treten, überrascht die Mutter die Schwestern mit einer Beichte. Ihr Vater, ein überzeugter Katholik aus der bayerischen Provinz, sei transsexuell. Wenige Tage später stirbt er, ohne wieder zu Bewusstsein zu kommen und selbst zu bestimmen, wie mit diesem Familiengeheimnis umzugehen sei. Jahrelang scheut sich die Filmemacherin, das private Thema anzugehen und das Andenken an ihren Vater, der an einer Hauptschule unterrichtete, zu verändern.
Uli Deckers Zweifel stehen am Anfang ihres mutigen Films. In Tagebuchaufzeichnungen des Vaters wird dessen Seelenlage entblättert, in Interviews mit der Mutter deren unendliche Liebe zu ihrem Mann verdeutlicht und in Gesprächen mit der Schwester die Auswirkungen der Geheimniskrämerei auf das Aufwachsen geschildert. Dazu gesellen sich Reflexionen der Filmemacherin zum Umgang mit dem Bild ihres Vaters und dessen Rolle in der Familie.

Im Zentrum stehen dabei die eigenen Schwierigkeiten mit der geschlechtlichen Identifikation und während der ersten Erfahrungen mit der erwachenden Sexualität. Gleichzeitig ordnet sie das Schweigen in das gesellschaftliche Klima der Bundesrepublik ein, wo Geschlechterrollen streng definiert sind. Ein transsexueller Lehrer ist wohl heute noch an vielen Orten nicht nur scheelen Blicken und Vorurteilen ausgesetzt, im vorigen Jahrhundert garantiert ein Outing Jobverlust und die gesellschaftliche Ächtung und Isolation.

Trotz oder gerade wegen der Tiefe des Themas wählt die Filmemacherin einen leichten, oft auch humorvollen Ansatz beim Blick hinter die Fassade eine bürgerlichen Vorzeigefamilie. Sie kombiniert die Interviews mit Collagen von Fotos aus dem Familienalbum, die die Erinnerungen und Reflexionen der Filmemacherin ebenso wie die Gedanken ihres Vaters bildlich untermalen oder die Fotos der Familienidylle mit dem heutigen Wissen abgleichen.

Obwohl die Planungen bereits 2016 beginnen, kommt der richtige Film zur richtigen Zeit. Weil er nicht nur die seelischen Belastungen für die Betroffenen zeigt, wenn sie ihre Sexualität nicht ausleben dürfen, solange andere nicht zu Schaden kommen. Sondern auch die seelischen Belastungen für deren Angehörige. Künstlerisch und inhaltlich mehr als verdient räumt der Film bei der Premiere beim Max-Ophüls Filmfestival von Saarbrücken den Preis für den besten Dokumentarfilm und den Publikumspreis ab.
Katharina Dockhorn/Filmreporter.de
 
Jahrelang scheut sich die Filmemacherin, das sehr private Thema anzugehen.
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Anima: Die Kleider meines Vaters (2022)
2024