Blue Jean

Das Spielfilmdebüt von Georgia Oakley läuft erstmals 2022 bei den Filmfestspielen von Venedig im Rahmen der Giornate degli Autori und gewinnt den Publikumspreis. Das intelligente Drama konzentriert sich auf die Folgen des Doppellebens für die Seele der jungen Lehrerin. Ständig ist sie auf der Hut vor Entdeckung, selbst ihre Schwester positioniert sich kritisch gegenüber ihrer Neigung.

Sie wagt es nicht, sich mit Viv außerhalb der Szenelokale und in geschützter häuslicher Umgebung zu zeigen, was ihre Freundin zunehmend stört. Nicht zuletzt muss sie sich entscheiden, welches Bild sie ihrer ebenfalls lesbischen Schülerin Lois vermitteln will.

Auf der anderen Seite werden über eine Verkuppelungsshow im Fernsehen die traditionellen Vorstellungen von Ehe und Partnerschaft in Erinnerung gerufen, die in den 1980er Jahren im prüden und konservativen England noch ganz selbstverständlich propagiert werden. Dabei streut Oakley immer wieder Originalreden der erzkonservativen britischen Premierministerin Margaret Thatcher ein, um die Atmosphäre dieser repressiven Ära transparent zu machen.

Viele kleine Details, die Lichtsetzung und Kameraführung und auch die Musik erleichtern das Abtauchen in die Vergangenheit. Die Blautöne in Jeans Outfit sind zum Beispiel ein Gegensatz zur pinken Kleidung ihrer Schwester. Zwischen diesen beiden Welten muss sich Jean entscheiden. Diesen Prozess des Nachdenkens gestaltet Rosy McEwen in ihrer ersten Hauptrolle grandios und für den Zuschauer jederzeit nachvollziehbar.