Twenty Twenty Vision
Tel Aviv - Beirut ("Tel Aviv/Beirut", 2022)

Tel Aviv - Beirut

Originaltitel
Tel Aviv/Beirut
Regie
Michale Boganim
Darsteller
Zalfa Seurat, Sarah Adler, Shlomi Elkabetz, Younes Bouab, Sofia Essaïdi, Maayane Elfassy Boganim
Kinostart:
Deutschland, am 14.09.2023 bei Twenty Twenty Vision
Genre
Drama
Land
Zypern, Frankreich, Deutschland
Jahr
2022
FSK
ab 12 Jahren
Länge
115 min.
IMDB
IMDB
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brillant  10|
6,0 (Filmreporter)
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Ist eine Freundschaft über Feindesgrenzen möglich?
Stolz trägt die halbwüchsige Tanya (Maayane Elfassy Boganim) das Holzkreuz in die Höhe. Sie führt die Prozession von Angehörigen der christlichen Minderheit im Beirut des Jahres 1984 an. Doch dann fallen Schüsse - zum Glück können sich alle Gläubigen in die nahe Kirche retten. Gewalt gehört im Libanon zum Alltag, daher ist ihre Familie extrem besorgt, als sich Tanya wenig später im Labyrinth der Straßen verirrt. Der junge israelische Soldat Yossi (Amit Shushani) bringt sie schließlich nach Hause und ist fortan ein gern gesehener Gast in dem Mittelklasseappartement. Die Stunden machen ihm schmerzlich bewusst, dass er selbst seinen neugeborenen Sohn und seine aus Frankreich stammende Frau in Tel Aviv zurücklassen musste, als er seinen Wehrdienst antrat.

16 Jahre später hat die Hisbollah die Macht im Libanon übernommen. Da Tanyas Vater für die Israelis arbeitete, gilt er als Kollaborateur und muss mit seiner Tochter aus der gewohnten Umgebung fliehen. Sie leben in prekären Verhältnissen in einem Wohnwagen im Norden Israels, Yossi hat längst den Kontakt abgebrochen. Sechs Jahre später bricht der Krieg zwischen den beiden Ländern erneut aus. Tanyas Vater ist mittlerweile schwer erkrankt. Als sie Yossi bittet, Medikamente für ihn zu besorgen, winkt der ab. Stattdessen entsteht zwischen ihr und dessen Frau Myriam (Sarah Adler) eine innige Beziehung. Denn jetzt braucht Myriam die Hilfe der Libanesin.
In ihrem zweiten Spielfilm folgt die in Haifa geborene Regisseurin Michale Boganim über zwei Jahrzehnte und drei Lebensabschnitte dem Schicksal der beiden Familien. Ihre Freundschaft wird durch die Feindschaft zwischen ihrer Heimatländer belastet, sowie einen blinden Fleck der israelischen Gesellschaft: Im Libanon setzt die Armee des Landes auf Hilfskräfte, die beim Abzug schmählich im Stich gelassen werden und in der Folge der Rache ihre Landleute ausgesetzt sind.

Außerdem beleuchtet sie die Folgen des jahrelangen Einsatzes für die Seelen der israelischen Soldaten. Yossi wirkt zunächst wie ein junger Mann, der in eine Uniform gesteckt wurde und nicht so richtig weiß, was ihn im Libanon erwarten wird. Er nimmt die vorgebliche Aufgabe ernst, die Zivilbevölkerung zu schützen. 20 Jahre später dient er als Offizier, von seiner Menschlichkeit ist wenig geblieben.

Den Frieden in den Herzen der beiden Familien können in diesem Drama nur die Frauen entwickeln, die sich über religiöse Differenzen hinwegsetzen. Der trennenden Welt des Militärs und der Kämpfer der Intifada setzen sie Fürsorge und Solidarität entgegen.

Dem anspruchsvollen und inhaltlich relevanten Drama würde es guttun, wenn er geradliniger erzählen würde. Die drei Handlungsstränge sind eng miteinander verwoben. Der Zuschauer braucht eine Weile, um Figuren und Orte zuzuordnen, was das Verständnis zunächst ein wenig. Aber dann entwickelt die Geschichte ihren ganz eigenen Sog, dem sich der Zuschauer nur schwer entziehen kann.
Katharina Dockhorn/Filmreporter.de
 
Die in Haifa geborene Regisseurin Michale Boganim folgt dem Schicksal zweier Familien.
Twenty Twenty Vision
Tel Aviv - Beirut ("Tel Aviv/Beirut", 2022)
2024