Wild Bunch Germany
Sterben (2024

Sterben

Originaltitel
Sterben
Alternativ
Dying (intern. Titel)
Regie
Matthias Glasner
Darsteller
Lars Eidinger, Corinna Harfouch, Lilith Stangenberg, Ronald Zehrfeld, Robert Gwisdek, Hans-Uwe Bauer
Kinostart:
Deutschland, am 25.04.2024 bei Wild Bunch
Kinostart:
Österreich, am 17.05.2024 bei Polyfilm
Kinostart:
Schweiz, am 30.05.2024 bei Filmcoopi
Genre
Drama
Land
Deutschland
Jahr
2024
Länge
180 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
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Beeindruckendes Drama über das Sterben
Lissy Lunies (Corinna Harfouch) ist überfordert. Ihr dementer Mann (Hans-Uwe Bauer) ist mal wieder aus der Wohnung ausgerissen. Sie ist gehbehindert und kann ihm nicht folgen. Die einzige Verbindung zur Außenwelt ist für das Ehepaar Sohn Tom (Lars Eidinger), der in einer komplizierten Dreiecksbeziehung steckt und kaum ein Ohr für ihre Nöte hat.

Er steckt mitten in den Proben für das Orchesterstück "Sterben" seines depressiven Kumpels Bernard (Robert Gwisdek). Die Mutter will ihm aber auch nicht zu Last fallen. Ihr Kontakt zu Tochter Ellen (Lilith Stangenberg) ist komplett abgerissen. Die junge, offenbar alkoholabhängige Frau steckt in einer komplizierten Beiziehung mit ihrem verheirateten Chef (Ronald Zehrfeld).
Der Film wird in den Wettbewerb der Berlinale 2024 eingeladen. Die Idee entsteht, als die Eltern von Regisseur Matthias Glasner sterben. Auch sonst finden sich etliche Anlehnungen an persönliche Erlebnisse und Einschnitte. Dazu zählt auch ein 20-minütiger, von Eidinger und Harfouch grandios gespielter, intimer Dialog von schockierender Offenheit zwischen Mutter und Sohn.

Ohne Zweifel ist dieser die Schlüsselszene des Films. Das Drama handelt von einer komplexen Beziehung von Eltern zu ihren Kindern. Auch an das eigene weihnachtliche Fernseherlebnis Toms mit Ingmar Bergmans "Fanny und Alexander" entstammt Glasners Leben. Auf den Spuren des Schweden ist der Film - ein weit ausholende, episch breite erzählte Zustandsbeschreibung einer Familie und ein intensives Beziehungspsychogramm.

"Sterben" konzentriert sich zunächst auf die Beziehung von Lissy und ihrem Mann, der ohne Wort grandios und emotional unter die Haut gehend von Hans-Uwe Bauer gespielt wird. Dann verlagert sich der Schwerpunkt auf Tom, dann folgt die Schwester. Kunstvoll werden die erzählerische Fäden miteinander verwoben, zudem einzelne Szenen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Die Figuren gehen wie Menschen im richtigen Leben verloren und tauchen wieder auf. Im Zentrum bleibt das Sterben bzw. der Wunsch zu Sterben in der modernen Gesellschaft.

"Sterben" ist harte Kost, nah an der Realität, authentisch und doch große Kunst. Der Titel mag dem Kinobesuch nicht unbedingt förderlich sein. Der Tod als Teil des Lebens wird verdrängt. Unser freier Wille, wenn wir ihn je hatten, kann dies nicht verhindern. Es hängt aber von unseren Fähigkeiten ab, wie wir ihn für unsere Mitmenschen gestalten. Gnade ist dabei ein wichtiges Wort. Insofern ordnet sich der Film auch in das bisherige Werk von Matthias Glasner ein.
Katharina Dockhorn/Filmreporter.de
Wild Bunch, Jakub Bejnarowicz, Port au Prince, Schwarzweiss, Senator
Lars Edinger in "Sterben" (2024
2024