Ricore

Small Things Like These

Originaltitel
Small Things Like These
Regie
Tim Mielants
Darsteller
Cillian Murphy, Ciarán Hinds, Clare Dunne, Michelle Fairley, Emily Watson, Mark McKenna
Kinostart:
Deutschland, bei
Genre
Drama
Land
Irland, Belgien, USA
Jahr
2024
Länge
96 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
Es gibt noch keine Userkritik!
Bestsellerverfilmung von Tim Mielants
Kurz vor Weihnachten im Jahr 1985 versinkt Bill Furlong (Cillian Murphy) in Melancholie und Nachdenklichkeit, was seiner Frau Eileen (Eileen Walsh) nicht verborgen bleibt. Der Kohlenhändler mit der großen Kinderschar denkt zurück an die eigene Vorfreude in jenem Alter. Aber auch an die Enttäuschung, wenn die Wünsche durch seine Mutter, die als Hauangestellte jobbte, nicht erfüllt wurden.

Daher kann er nicht wegsehen, wenn Kinder heute offenbar weniger haben als er damals. Als Lieferant der Kohle kennt er natürlich auch die Verhältnisse in den Familien, der Tratsch in der Nachbarschaft tut ein Übriges. Nichts bleibt verborgen. Auch nicht die Verhältnisse im Kloster des Ortes, dessen Nonnen auf die örtliche Schule betreiben.

Dort werden so genannte gefallene Mädchen zu harter Arbeit gezwungen. Als ihn eine der Frauen um Hilfe bei der Flucht bittet, fällt das der gestrengen Ordensschwester Mary (Emily Watson) sofort auf. Das Wissen um das Schicksal der Frauen lässt Bill mit dem eigenen katholischen Glauben hadern und zwingt ihn zu einer Entscheidung.
Tim Mielants' "Small Things Like These" beruht auf dem gleichnamigen Bestseller der irischen Schriftstellerin Claire Keegan. Von ihr war zuletzt "The Quiet Girl" in den Kinos zu sehen. Dieses Mal wird im Film allerdings nicht irisch, sondern englisch gesprochen. Hinter der Adaption stehen Ben Affleck und Matt Damon und Cillian Murphy, der erstmals einen Spielfilm produziert.

Der Zuschauer muss sich zunächst kneifen, die Verhältnisse erinnern eher an Charles Dickens und seine Beschreibungen der Klassenverhältnisse und des Lebens der ärmeren Bevölkerung als ans ausgehende 20. Jahrhundert. Beengt sind die Verhältnisse, in denen die Familie lebt, bedrückend die Folgen der Armut und der Einfluss der katholischen Kirche. Schweigend sieht offenbar der gesamte Ort zu, wie junge Frauen, die unverheiratet Mutter geworden sind, gefangen gehalten und drangsaliert werden.

Diese Praxis dauert bis 1996 und erschüttert die Katholische Kirche Irlands und die Gesellschaft bis ins Mark. Kinder der Frauen werden zu dieser Zeot gegen den Willen der Mütter zur Adoption frei gegeben, mehrere Hundert Babys und Kleinkinder sterben über die Jahrzehnte in Heimen.

Bill Furlong gehört zu den stillen Helden, die ein Unrecht bemerken und in eine Zwickmühle geraten, ob sie es tolerieren sollen. Dieser Prozess wird sehr genau beschreiben und von Cillian Murphy transparent auf die Leinwand gebracht. Er hat die passende sanfte Ausstrahlung und bringt den Zwiespalt auf die Leinwand, mit dem er selbst bei seiner Frau aneckt. Er steht im Mittelpunkt, die anderen Figuren sind eher Stichwortgeber und geraten manchmal etwas klischeehaft und eindimensional.

Ordensschwester Mary ist eine eiskalte Strategin des eigenen und des Machterhalts der katholischen Kirche. Die wie immer wunderbare Emily Watson holt aber auch aus dieser Figur Nuancen heraus.
Katharina Dockhorn/Filmreporter.de
2024