Ricore

Seven Veils

Originaltitel
Seven Veils
Regie
Atom Egoyan
Darsteller
Amanda Seyfried, Rebecca Liddiard, Douglas Smith, Mark O'Brien, Maia Jae Bastidas, Lynne Griffin
Kinostart:
Deutschland, bei
Genre
Drama
Land
Kanada
Jahr
2023
Länge
107 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
9,0 (Filmreporter)
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Atom Egoyan auf dem Höhepunkt seines Schaffens
Theaterregisseurin Jeanine (Amanda Seyfried) kehrt an die Canadian Opera Company zurück, um die Wiederaufnahme der Inszenierung der Richard Strauss-Oper "Salomé" zu übernehmen. Der Komponist nutzte die Sicht von Oscar Wilde auf die schöne Königstochter für sein Libretto. Sie ist unsterblich in Johannes den Täufer verliebt und wird von ihm abgelehnt. Nachdem sie für ihren Stiefvater den Titel gebenden Tanz der sieben Schleier getanzt hat, erfüllt er ihr ihren sehnlichsten Wunsch und schenkt ihr den abgeschlagenen Kopf von Johannes, damit sie ihn endlich küssen kann.

Die intensive Auseinandersetzung mit der Oper "Salomé", die Wiederbegegnung mit alten Kolleginnen sowie die eigenen Beziehungsprobleme fordern Jeanine heraus, sich ihrem eigenem Kindheitstrauma und Entscheidungen in ihrem Leben zu stellen. Beeinflusst wird dies auch durch den Konkurrenzkampf unter den Sängern und einen sexuellen Übergriff, der im Zeitalter nach MeToo geächtet ist.
Regisseur Atom Egoyan inszeniert die Oper in den 1990er Jahren und erneut 2023. Ohne die Unterstützung des Opernhauses wäre der Film auch nicht machbar, denn er wirft einen Blick hinter die Kulissen einer Inszenierung. Ein Großteil des Films, der beim Filmfestival von Montreal 2023 seine Uraufführung feiert, spielt im Opernhaus, die Oper selbst wird vom Orchester und Sängern eingespielt.

Der Film spiegelt natürlich Egoyans eigene Herangehensweise an die Inszenierung der Opfer. Wobei es hier nicht um eine totale Zertrümmerung eines Kunstwerks geht, wie es in Deutschland so gerne vorgenommen wird. Im Fokus steht eine zeitgemäße Sicht und Interpretation.

Die Motivation der Königstochter für den grausamen Mord. Ihre Erfahrungen kennt Jeanine aus eigenem Erleben, das wird ihr langsam bewusst. Mit dem Erkenntnisprozess der eigenen Vergangenheit wandelt sich auch Jeanines Sicht auf die Geschichte Salomes und der Oper.

Mit dieser Konzeption kehrt der kanadische Regisseur in seinem dramaturgisch bis auf letzte i-Tüpfelchen stimmigen Film inhaltlich zu den Filmen aus seinen Anfangsjahren zurück, die von der Auseinandersetzung mit Traumata des Einzelnen und ganzer Völker geprägt sind. Für Jeanine werden die Wochen zu einem Akt der Selbstbefreiung von den Fesseln, unter denen sie seid vielen Jahren leidet.
Katharina Dockhorn/Filmreporter.de
2024