Concorde
Herr der Fliegen

Herr der Fliegen

Originaltitel
Lord of the Flies
Regie
Peter Brook
Darsteller
Timothy Horne, Peter Ksiezopolski, Anthony McCall-Judson, Malcolm Rodker, David St. Clair, Rene Sanfiorenzo Jr.
Kinostart:
Deutschland, am 16.06.1983 bei Impuls Filmverleih
Genre
Abenteuer, Drama
Land
Großbritannien
Jahr
1963
Länge
90 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
8,0 (Filmreporter)
8,0 (2 User)
Imponierende Studie über menschliche Gewalt
Nach einem Flugzeugabsturz rettet sich eine Gruppe Jugendlicher auf eine kleine pazifische Insel. Das Atoll ist unbewohnt, die Piloten bei dem Crash ums Leben gekommen. So sind die sechs bis zwölfjährigen Schüler eines Eliteinternats auf sich allein gestellt. Der zwölfjährige, bei seinen Mitschülern beliebte Ralph (James Aubrey) freundet sich mit Außenseiter "Piggy" (Hugh Edwards) an. Mit den anderen Überlebenden macht sich Ralph an die Organisation der Erwachsenenfreien Gesellschaft auf ihrer Insel. Auch der rothaarige Jack (Tom Chapin) ist ein geborener Führer. Er verfügt mit seinen Kumpels vom Chor über eine ihm ergebene Anhängerschaft. Auf der ersten Vollversammlung des Inselrats wählt die Gemeinschaft dennoch Ralph zum Anführer. Mit Piggys klugen Ratschlägen reguliert der das Zusammenleben der Kinder. Doch Jack will sich nicht mit der zweiten Stelle zufrieden geben und macht Ralph seine Position bald streitig. Der altmannkluge Brillenträger Piggy kommt ihm als Prügelknabe dabei gerade recht. So nimmt die Tragödie ihren Lauf…
Düstere Allegorie auf die britische Gesellschaft, welche die Bereitschaft zur Gewalt als angeborenes Charakteristikum definiert. In seiner Abhandlung "Der leere Raum" aus dem Jahr 1968 definiert der Film- und Theaterregisseur Peter Brook das konventionelle Theater als "tödlich". Alles, was gewöhnlich ist und in festgeschriebenen Normen und Rollen erstarrt, fällt in diese Kategorie. Dieser Gedanke muss in dem Autor lange gereift sein. Denn schon fünf Jahre zuvor versucht er diese Konventionen im Film zu durchbrechen. Er nahm sich der Filmadaption William Goldings ausgezeichneten "Lord of the Flies" an. Die lange umstrittene Lektüre des Nobelpreisgewinner zeigt eine Gruppe von Kindern in einer ungewohnten Rolle: als von gesellschaftlichen Normen und Regeln befreite gewalttätige kleine Monster. Hervorragend suggeriert der Regisseur den Zerfall der Gesellschaft, sobald diese von ihren zahllosen Regularien und Normen befreit ist: zunächst als Gruppe organisiert, fragmentiert sich diese zunehmend. Brooks Laiendarsteller stellen den gesellschaftlichen Zerfall der Gruppe vor der Kulisse der exotischen Insel sehr überzeugend dar. Der politische Hintergrund bildet der kalte Krieg der 1950er Jahre. Dieser ist wie im Roman aber nur angedeutet. Die zentrale Frage ist, inwieweit der Mensch an sich gewalttätig ist. Oder wird er von der Gesellschaft zur Brutalität erzogen? Brooks verzichtet auf überzogene Effekte und schafft es, den Zuschauer schnell in den Bann seiner athmosphärisch dichten Inzenierung zu ziehen. Brook ist eine dystopische Gesellschaftsstudie gelungen, an deren Intensität Harry Hook mit seinem Remake 1990 bei weitem nicht heran kam.
Tzveta Bozadjieva, Filmreporter.de
Concorde
Herr der Fliegen
2024