Baader

Baader

Originaltitel
Baader
Regie
Christopher Roth
Darsteller
Bettina Hoppe, Sarah Riedel, Hinnerk Schönemann, Sebastian Weberstein, Michael Sideris, Jana Pallaske
Kinostart:
Deutschland, am 17.10.2002 bei Prokino Filmverleih
Genre
Drama
Land
Deutschland
Jahr
2002
FSK
ab 12 Jahren
Länge
115 min.
IMDB
IMDB
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brillant  10|
7,0 (1 User)
Es gibt immer einen Weg, die Gesellschaft zu verändern. Davon ist der Gelegenheitsdieb und Frauenheld Andreas Baader (Frank Giering) Ende der 60er Jahre felsenfest überzeugt. Wenn die Anderen sich den eigenen Idealen nicht anschließen wollen, na dann 'gibt es eben auf die Fresse', wie Baader nicht müde wird, zu betonen. Durch seine Zeit im Knast hat der äußerst charismatische Verbrecher gelernt, dass Revolutionen nur mit Gewalt durchzusetzen sind.

Schnell gruppieren sich von Mao und Marx inspirierte Sympathisanten um den geborenen Anführer, der seine Gruppe von Weltverbesserern als "Stadtguerilla" Banken ausrauben und Brandanschläge auf Kaufhäuser begehen lässt. Aus einem bunt zusammen gewürfelten Haufen von unzufriedenen Randexistenzen und kommunistischen Studenten wird neben Drogenparties, hitzigen Streitgesprächen um die Zukunft des Landes und Beziehungsstreitereien quasi nebenbei die "Rote Armee Fraktion" gegründet.

Andreas Baader und seine Freundin Gudrun Ensslin (Laura Tonke) versetzen als RAF mit ihrem kompromisslos erbarmungslosen Waffeneinsatz Staat und Gesellschaft in Angst und Schrecken. Unterstützung bekommen die Jungterroristen von der Journalistin Ulrike Meinhof (Birge Schade), die mit der neu entstehenden Revolutionsbewegung sympathisiert. Als Baader und seine Freunde immer mehr in die Illegalität abrutschen und der Terrorismus ohne Rücksicht auf Menschenleben zentraler Bestandteil ihrer Ideologie wird, schließt sie sich der Gruppe begeistert an.

Die "Baader-Meinhof-Bande" erreicht durch ihre Anschläge bundesweite Berühmtheit. Ihre Mitglieder finden sich auf Fahndungsplakaten in ganz Deutschland wieder. Vor allem BKA-Chef Kurt Krone (Vadim Glowna) jagt die Terroristen verbissen mit Hilfe modernster Fahndungsmethoden. Dennoch kann der ehemalige SPD-Politiker im tiefsten Inneren die Motive der frustrierten Revolutionäre nachvollziehen, denn seiner Meinung nach braucht die BRD eine Veränderung des Systems. Dass sich die RAF aber nicht aufs Reden beschränkt, sondern durch Tote vollendete Tatsachen schafft, akzeptiert Krone nicht. So beginnt ein Katz- und Mausspiel zwischen den Behörden und Andreas Baader, das dieser am Ende nur verlieren kann.
Christopher Roth versucht nicht, die Geschichte der RAF nachzuzeichnen oder ein historisch korrektes Bild dieser Zeit wiederzugeben. Für ihn sind Baader, Ensslin und Meinhof beinahe fiktive Figuren für eine Geschichte, in der die berühmtesten Terroristen der Bundesrepublik einen grandiosen Trip aus Sex, Gewalt und Liebe erleben. Zutaten für einen Hollywood-Film, in dem die "Helden" nun mal jenseits des Gesetzes stehen und der Staat als Überwachungsmaschinerie schlicht und einfach dem Glück des Volkes im Weg steht. Die Frage nach dem "Warum", nach den Ursachen für die Entstehung der RAF, stellt sich Roth nicht.

Baader, der von Frank Giering als Mischung aus James Dean-Parodie und Reeperbahnzuhälter gespielt wird, führt seine Gruppe mit zynischer Gleichgültigkeit. Er ist in seiner Mischung aus Gefühllosigkeit und Größenwahn, die er penetrant als Pistolen schwingender Desperado zur Schau stellt, einfach nur unsympathisch. Die Überhöhung der RAF-Terroristen zu Actionhelden à la Quentin Tarantino, die sich vor dem Showdown mit der Polizei mit einem "Wir sehen uns in Havanna" verabschieden, nimmt dem Film den letzten Rest von Glaubwürdigkeit. Eine Generation von Kinogängern, die die Namen Baader, Meinhof und Ensslin höchstens noch aus dem Geschichtsunterricht kennt, wird in Christopher Roths "Baader" vielleicht einen mäßig spannenden Actionthriller sehen. Der Brisanz des Themas RAF wird der Regisseur damit nicht gerecht.
Marius Lechler/Filmreporter.de
2024