News: Hollywood Insider
Universal Pictures International
Bereits im Internet: Die Bourne Identität ("The Bourne Identity", 2002)
Nr. 42 - Neues aus der Traumfabrik
Ein Tag im September
Zum Jahrestag des Terrors suhlen sich Medien und Unterhaltungsindustrie in inszenierter kollektiver Rückbesinnung. Dabei arbeitet die Traumfabrik unter dem Deckmantel der Trauer schon längst an kommerziellen Unterhaltungsstoffen über "9/11". Außerdem: Rapper Eminem als Kinostar und warum sich Warners neues Internetprojekt als Flop erweisen wird.
12. Sep 2002: Schweigeminuten in Vergnügungsparks, zur besten Sendezeit Konzerte, Dokumentationen und Gedenksendungen mit Präsident Bush im Fernsehen, und Flaggen, die auch bei den Hollywood-Studios auf Halbmast wehen: Amerika, angeführt von der Unterhaltungsindustrie, gedenkt den Terroranschlägen vom 11. September. Der Schock ist auch nach einem Jahr noch nicht verdaut. Stattdessen gab es eine von den Medien inszenierte kollektive Rückbesinnung, eine Art Massenhysterie der Trauer, kaum weniger omnipräsent als die Berichterstattung über das Ereignis vor einem Jahr.

Das gilt vor allem für New York, wo am 11. September viele Agenturen halbtags oder ganz geschlossen blieben, um den Mitarbeitern die Teilnahme an Gedenkveranstaltungen im südlichen Manhattan zu ermöglichen. Auch Disneys Broadway-Musicals "Die Schöne und das Biest", "Der König der Löwen" und "Aida" blieben am Mittwoch selbstverständlich dunkel. Dafür laufen in einigen New Yorker Kinos 9/11-Dokus wie Steven Rosenbaums "7 Days in September" oder "Dreams without Sleep" des kuwaitischen Regisseurs Walid Al-Awadi, der in dem schon in Cannes gezeigten Film die Auswirkungen des Anschlags auf fünf unterschiedliche New Yorker Bürger dokumentiert - vom libanesischen Einwanderer bis zum Golfkriegsveteranen. Der dokumentarischer Aufarbeitung folgen demnächst aufwendige Kinofilme und TV-Serien zum Thema Krieg und Terror - dann wird "9/11" endlich richtig Geld verdient.

Werbebotschaft für den Frieden
Pünktlich zum Jahrestag des Terrors ist auch ein neuer Propaganda-Spot fertig geworden: Die von "Hollywood 9/11", einem Zusammenschluss der US-Unterhaltungsindustrie, finanzierte Friedensbotschaft stellt den Hürdenlauf-Olympiasieger von 1984, Nawal el Moutawakel-Bennis, in den Mittelpunkt. Der Spot, von Ridley und Tony Scotts Produktionsfirma in Marokko gedreht, richtet sich speziell ans internationale Publikum, vor allem in islamischen Regionen. Ob er dort überhaupt zu sehen sein wird - denn die Medien sind in diesen Regionen ja überwiegend staatlich kontrolliert - bleibt abzuwarten. Zu laut ertönt zurzeit das Kriegsgeschrei der Bush-Regierung als dass die arabische Welt für derlei Propaganda offen wäre.

"9/11": Kritik und Selbstkritik zum Jahrestag
Elf Kurzfilme, jeder exakt elf Minuten und neun Sekunden lang und in nur einer Einstellung gedreht, laufen zum Jahrestag unter dem Sammeltitel "11'09"01" in vielen Ländern in den Kinos an. Renommierte internationale Filmemacher wie Ken Loach (Großbritannien), Mira Nair (Indien), Amos Gitali (Israel), Alejandro González Iñárritu (Mexiko), Claude Lelouch (Frankreich), Sean Penn (USA) und Shohei Imamura (Japan) kommentieren in den Kurzfilmen das Terrordatum. Im Gegensatz zu den meisten US-Dokus ist das Projekt keine Ode an Amerika, sondern setzt sich vielmehr kritisch mit den Anschlägen und ihren weltweiten Ursachen und Folgen auseinander. "Patriotisch unkorrekt" ist das für die Mehrzahl der Amerikaner, der Film hat in den USA deshalb keinen Verleih gefunden. In Deutschland wird er erst in einigen Monaten zu sehen sein.

Von Selbstkritik ist in der Traumfabrik zum Jahrestag naturgemäß wenig zu spüren. Nur Harrison Ford befand vom Filmfest in Venedig aus, Amerika solle sich nicht nur mit sich selbst, sondern auch mit dem Rest der Welt beschäftigen und seinen Reichtum endlich teilen. "Viele Amerikaner haben die eigentlichen Ursachen des Terrors nicht richtig erkannt", erklärte Ford. "Es ist eben viel komplizierter als wir es uns vorstellen können."

Lachnummer: Warners peinliches Internetprojekt
Dass hart gesottene Fans sich Spielfilme oder Fernsehserien lange vor dem offiziellen deutschen Starttermin im Internet "besorgen" und dafür keinen Cent berappen, ist kein Geheimnis mehr. Beispiel: "Die Bourne Identität" läuft hierzulande erst am 26. September an - doch der spannende Agenten-Thriller mit Matt Damon und Franka Potente ist schon längst im Internet zu haben: In den üblichen Tauschbörsen wird der zwei Stunden lange Streifen auf zwei je 320 MByte großen DIVX-Videodateien in erstaunlich guter Qualität verbreitet.

Angesichts solcher illegalen Praktiken sehen die Hollywood-Studios rot, legten bei der Konzeption eigener (legaler) Angebote jedoch bisher ein unglaubliches Schneckentempo vor. Warner Home Video hat nun mit dem Online-Anbieter CinemaNow einen Deal abgeschlossen, der Internet-Anwendern erstmals ganz legalen Zugriff auf die Filmbibliothek des Branchenriesen geben soll.

"Harry Potter und der Stein der Weisen" wird also bald hoch offiziell im Internet zu haben sein - als vier Dollar teurer Download einer Videodatei, die man dann 24 Stunden lang auf dem PC-Bildschirm betrachten kann. Nach Ablauf dieser Frist macht sich die Filmdatei nämlich selbst unbrauchbar.

Insider fragen sich bereits, wen dieses nicht nur überteuerte, sondern an den Bedürfnissen der Internet-Zielgruppe völlig vorbei zielende Angebot interessieren soll. Denn Online-Fans suchen bekanntlich nicht nach Filmen, die es (billiger und in besserer Qualität) bereits auf DVD oder im Videoverleih zu haben gibt, sondern nach Neuerscheinungen, die noch nicht im Kino laufen.

Gefeiert: Rapper Eminem als Kinostar
Kaum ein Musikstar, der es nicht auch mal als Schauspieler versucht. Nun also auch der Rapper Eminem - bislang der Schrecken aller Mütter und Konservativen. Eine Arbeitskopie von Eminems ersten Kinofilm "8 Mile" wurde am Sonntag auf dem Filmfest in Toronto vorgeführt - und vom Publikum gefeiert. Wer hätte das gedacht?

Regisseur Curtis Hanson ("L.A. Confidential") darf also zufrieden sein. Der halb-biographische Film erzählt von einem Loser namens Jimmy "Rabbit" Smith, der im schmutzigen Detroit seine schwangere Freundin sitzen lässt, um wieder bei seiner alkoholabhängigen Mutter (Kim Basinger) einzuziehen. Die lebt mit ihrem Freund und ihrer kleiner Tochter stilgerecht in einem üblen Trailerpark - klar, dass dort jeden Tag die Fetzen fliegen. Und der weiße Rabbit, der ein Rap-Star werden will, wird von den schwarzen Jugendlichen in seiner Umgebung gnadenlos zur Sau gemacht.

"8 Mile" klingt nach Problemfilm und Klischee, ist jedoch eher eine aktuelle Interpretation des "Rocky"-Mythos. Hanson inszenierte das Finale, einen Rapper-Wettbewerb, im Stil eines Boxkampfes.

Eminem, dessen Leinwandpräsenz den Film nachhaltig prägt, will mit "8 Mile" sein mieses Image aufpolieren - schließlich braucht eine Hollywood-Produktion ein breites Publikum: Als Rabbit verteidigt der als homophob verschriene Rapper in dem Film deshalb sogar einen schwulen Arbeitskollegen. Politische Korrektheit macht in Traumfabrik eben vor nichts und niemandem halt.
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