Film Journal
Regisseur Fred Zinnemann
Regisseure, von denen man spricht
Retro Feature: Fred Zinnemann
Immer wieder gibt es Filme, die zu Klassikern werden. Sie sind nicht mehr aus dem Kulturkanon wegzudenken. Dazu gehört die "Pate"-Trilogie, "Casablanca", "12 Uhr Mittags" und "Das Fenster zum Hof". Ihre Hauptdarsteller werden zu Ikonen, auch mancher Regisseur ist unvergessen. Andere wiederum kennt man heute nicht mal mehr beim Namen. Bei Fred Zinnemann findet man von allem ein bisschen. Seine Filme wurden mehrfach ausgezeichnet, doch sein Name ist nicht jedermann geläufig. Das war aber nicht immer so.
erschienen am 26. 10. 2023
Film Journal
Gary Cooper und Grace Kelly in "12 Uhr Mittags"
Die Zeitschrift Film Journal widmet dem österreichisch-amerikanischen Regisseur in der Ausgabe vom 19. Oktober 1959 eine Doppelseite. Zu diesem Zeitpunkt hatte Zinnemann seinen Zenit als Regisseur bereits überschritten. Er blickte auf zwei Oscars und zahlreiche Nominierungen zurück. Jeder kannte ihn. Grund genug, um dem 1907 in Wien geborenem Regisseur Ende der 1950er Jahre einen ausführlichen Bericht zu widmen. In seinem Artikel führt Autor Konrad Karkosch Zinnemanns Filmleidenschaft auf ein Erlebnis aus seiner Jugend zurück. Angeblich sah dieser während seines Studiums der Jurisprudenz in Wien zwei wegweisende Filme: Erich von Stroheims "Gier nach Geld" und King Vidors "Die große Parade". Der darin vorkommende ungewöhnliche Realismus und die starke Symbolik hätten es dem jungen Studenten angetan. Folglich brach er sein Studium ab und ging nach Paris.
Film Journal
Montgomery Clift in "Verdammt in alle Ewigkeit"
Fred Zinnemann machte in Frankreichs Hauptstadt eine Ausbildung zum Kamermann und arbeitete später als Assistent deutscher Regisseure. Ab und zu war er sogar als Statist in dem einen oder anderen Film, wie beispielsweise in "Im Westen nichts Neues" zu sehen. Seinen Sprung nach Amerika machte er zum denkbar günstigsten Zeitpunkt. Denn als sich der Tonfilm 1929 durchsetzte, hatte er in Hollywood bereits einen Namen. "Von Anfang an wusste er um die Macht und Ausdrucksstärke des realistischen Films. Er wusste aber auch um die Möglichkeiten, die dem Realismus eine symbolische Vertiefung zu geben vermögen", schreibt Karkosch in seinem Artikel. Um dieses Wesen des realistischen Film zu erfassen, wandte sich Zinnemann erstmals dem Dokumentarfilm zu. Dabei half ihm seine Freundschaft zum Vater des Dokumentarfilms, Robert J. Flaherty. Als er 1942 den Oscar für seine Dokumentation "That Mothers Might Live" erhielt, war für Zinnemann der Weg zum Spielfilm geebnet.
Kinowelt
12 Uhr mittags - High Noon
Konrad Karkosch formuliert es in seinem Bericht treffend: "Zinnemann ging in den folgenden Jahren (1950 bis 1960) seinen eigenen Weg jenseits von aller Routine und Konfektion, wobei er sich bei seinen Spielfilmen dem Charakter des Dokumentarischen verpflichtet fühlte und zugleich den Bereich des Seelischen wesentlich stärker als zuvor in seine Wirklichkeitszeichnungen einbezog." Damit sprach der Autor jene Phase in Zinnemanns Schaffen an, in der heute unvergessliche Filme wie "Teresa", "12 Uhr Mittags" oder "Verdammt in alle Ewigkeit" entstanden. Letzterer erhielt nicht nur acht Oscars, sondern erlangte auch durch die ungewöhnlichen Umstände Berühmtheit, wie Frank Sinatra als Hauptdarsteller engagiert wurde. Dies kam folgendermaßen zustande: Eines Tages soll Zinnemann den abgehackten Kopf seines Lieblingspferdes auf seinem Bett vorgefunden haben. Ein Hinweis, Frank Sinatra in die Besetzung aufzunehmen, dem der Regisseur ohne ein Wort des Widerstandes nachkam. Eine Anekdote, ob wahr oder nicht, die in der Mafia-Trilogie "Der Pate" verewigt wurde.
Film Journal
Audrey Hepburn in "Geschichter einer Nonne"
Der Bericht im Film Journal 1959 bezeichnet Fred Zinnemann als großen Regisseur, der großartige Filme auf die Leinwand brachte. Auch heute gilt er als einer der bedeutendsten Regisseure des 20. Jahrhunderts, der Marlon Brando, Montgomery Clift oder Grace Kelly erstmals vor die Kamera holte. All diese Namen haben sich in das Bewusstsein von Filmliebhabern eingebrannt. Zinnemanns Ruhm verblasste trotz seiner unvergesslichen Erfolge wieder. Nach 1960er drehte er nur noch wenige Filme. Zinnemann starb 1997 im Alter von 89 Jahren an einem Herzanfall in Paris. Knapp 40 Jahr zuvor fasst Konrad Karkosch sein Werk mit den Worten zusammen: "Er führt mit kompromissloser Aufrichtigkeit die für ihn typische dokumentarisch-realistische und psychologisch-analysierende Gestaltung eines Stoffes fort, indem irgendeine zeitnahe Idee oder Wahrheit sichtbar wird."
erschienen am 26. Oktober 2023
Zum Thema
Geboren in Wien absolvierte Fred Zinnemann eine Musikausbildung, später studierte er Jura. Nach und nach setzte sich seine Filmleidenschaft durch. Inspiriert durch zwei Werke von Erich von Stroheim und King Vidor studierte er in Paris das Kamerafach. Danach arbeitete er als Assistent zahlreicher Regisseure in Deutschland und den USA. Als sich in Amerika langsam der Tonfilm durchsetzte, war er dort bereits ein angesehener Regisseur von Dokumentarfilmen. Dennoch wagte er den Schritt ins..
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