Jean-François Martin/Ricore Text
Paul Thomas Anderson auf der "There Will Be Blood"-Premiere in Berlin
Was zur Hölle macht ihr da?
Interview: P. T. Anderson mag's blutig
Paul Thomas Andersons Drama "There Will Be Blood" ist nicht nur für acht Oscars nominiert worden. Das Drama feiert auf der Berlinale auch seine Deutschlandpremiere. Zu diesem Zweck reisten neben Regisseur Anderson auch Daniel Day-Lewis und Paul Dano an. Anderson plauderte über die Dreharbeiten, Day-Lewis von seiner Schauspielarbeit und Dano verriet, dass er ein großer Fußballfan ist.
erschienen am 19. 02. 2008
Jean-François Martin/Ricore Text
Daniel Day-Lewis rührt in Berlin die Trommel für "There Will Be Blood"
Ricore: Wie war die Premiere?

Paul Thomas Anderson: Woran ich mich am besten erinnere war, dass ich von hinten geschupst wurde und dachte, ich solle auf die Bühne gehen. Paul war dicht hinter mir. Daniel wurde dann von Peter daran gehindert, der sagte: Was zur Hölle macht ihr da? Das war sehr peinlich. (lacht) Das habe ich von der Premiere behalten. Aber sonst war es einfach fantastisch.

Ricore: Daniel, was gefällt Ihnen am Festival am besten?

Daniel Day-Lewis: Besonders die Atmosphäre finde ich toll. Man hat das Gefühl, eine Gruppe Freunde zu unterhalten. Auf der Berlinale ist alles sehr gut organisiert und es gibt hier eine unglaubliche Energie.

Ricore: Sie sind zum ersten Mal hier, welchen Eindruck haben sie bisher?

Paul Dano: Ich mag Berlin sehr. Bereits zur Fußballweltmeisterschaft war ich der Stadt und wünschte mir, ich könnte etwas länger bleiben. Ich bin nicht so leicht zu unterhalten, doch letzte Nacht hatte ich eine wirklich schöne Zeit.

Ricore: Wie kommt es zu dieser Begeisterung für Fußball?

Dano: Schon als Kind habe ich Fußball gespielt. Es ist ein toller Sport und macht sehr viel Spaß.
Jean-François Martin/Ricore Text
Paul Dano auf dem Roten Teppich der Berlinale (2008)
Ricore: Paul, wie haben Sie ihren Cast zusammengestellt?

Anderson: Ich ließ Daniel ein Casting machen (lacht). Nein, als Daniel für die Rolle zusagte, ging ein Wunsch von mir in Erfüllung. Durch Daniel habe ich Paul kennen gelernt, der ihn sehr gut fand und den ich in "The Ballad of Jack and Rose" sah. Dillon Freasier ist eigentlich kein professioneller Schauspieler. Er stammt aus einer Stadt, die sich in der Nähe unseres Drehortes befindet. Wir hatten versucht, einen professionellen Kinderdarsteller zu finden, doch Dillon spielte sehr überzeugend. Er war die Idealbesetzung.

Ricore: Was waren die ersten Bilder, die Sie bei der Planung im Kopf hatten?

Anderson: Wir hatten viele Bilder von den kalifornischen Ölfeldern und diese sahen wir uns lange an, denn wir wollten sie unbedingt nachdrehen. Wir bauten die Dinge nach und versuchten so nah wie möglich an die Realität zu kommen.

Ricore: Also kam die Landschaft vor den Figuren?

Anderson: Nein, ich denke wir wussten sehr gut, dass die Landschaft zwar toll aussieht, doch diese zweieinhalb Stunden anzuschauen, wäre doch sehr langweilig (lacht).

Ricore: Warum verwendeten Sie das Originalbuch, wenn Sie doch fast alles von der Vorlage veränderten?

Anderson: Das stimmt, wir haben eine Menge verändert. Am Anfang hatten wir viel mehr vom Buch übernommen. Dann haben sich einige Dinge überlappt und ich schrieb einige neue Szenen und setzte das fort, wann sich nicht richtig anfühlte. Trotzdem verdanken wir dem Buch sehr viel.
Walt Disney Studios Motion Pictures Germany
There Will Be Blood
Ricore: Wenn Sie schon so viele Dinge vom Buch veränderten, warum gibt es dann keine großen Frauenrollen im Film?

Anderson: Da gab es einige Momente, in denen es mir wirklich zu viel war, dass immer nur Männer in der Szene sind. Aber wenn man an die Zeit denkt, dann gab es dort tatsächlich nicht viele Frauen in diesem Geschäft - und die wenigen waren Prostituierte. Zuerst schrieben wir sie auch hinein, doch wir entschieden uns dagegen. Aber wir hatten viele Frauen in unserer Crew, was wirklich toll war. Wir waren kein reiner Männerclub.

Ricore: Daniel, wie kommt es, dass Sie in allen Rollen immer sehr überzeugend spielen?

Day-Lewis: Meine Arbeit ist vergleichbar mit meiner Figur, Daniel Plainview. Ich sehe mich auch in meinem Garten um, in der Hoffnung, etwas zu finden. In meinen Garten in Irland habe ich auch Öl gefunden und begann Löcher zu graben. Ich arbeite viel mit Erinnerungen. Da man ein paar gute Hände brauchen, um solch eine harte Arbeit zu verrichten. In der Vorbereitungsphase hofft man etwas zu finden, dass für die Rolle von Nutzen sein könnte. Aber der genaue Prozess ist schwer zu beschreiben. Ab einem bestimmten Punkt, entwickelt sich alles von ganz allein.

Ricore: Paul, wie war es, erneut mit Daniel zusammen zu arbeiten?

Dano: Es war eine ganz andere Erfahrung. Dieses Mal hatte ich viel mehr Spaß und fühlte mich sicherer. Denn im wahren Leben ist Daniel ein sehr netter Kerl (lacht). Es war eine schöne Gelegenheit, wieder mit ihm zusammen zu arbeiten.

Ricore: Paul, warum ist seit ihrer letzten Arbeit "Punch-Drunk Love" fast fünf Jahre vergangen?

Anderson: Das heißt nicht, dass ich es in dieser Zeit nichts versucht habe. Es brauchte einige Jahren, um das Drehbuch zu verfassen. Wir waren nicht faul, sondern versuchten das Projekt zum laufen zu bringen und die nötigen Gelder zusammen zu bekommen.
erschienen am 19. Februar 2008
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"There will be Blood" basiert lose auf dem Sensationsroman "Oil!" von Upton Sinclair aus dem Jahr 1927. Regisseur und Drehbuchautor Paul Thomas Anderson beschreibt darin den Aufstieg von Daniel Plainview (Daniel Day-Lewis), der in Kalifornien der Jahrhundertwende durch Ölgeschäfte zu Reichtum gelangt. Die Geschichte umfasst einen Zeitraum von drei Jahrzehnte, in denen auch die Vater-Sohn-Beziehung thematisiert wird.
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