Schwarz/Weiß Filmverleih
Alexander Khuon
Die Hemmschwelle des Alexander Khuon
Interview: Menschlich und unkompliziert
Bisher trat Alexander Khuon vor allem als Theaterspieler in Aktion. In Ulla Wagners "Die Entdeckung der Currywurst" feiert er sein Kinodebüt. Darin verliebt er sich als junger Soldat während des Zweiten Weltkriegs in eine ältere Frau, mit der er auch eine sexuelle Beziehung führt. Mit uns sprach der gutaussehnende Khuon über die erste Hemmschwelle bei den Dreharbeiten und wie es ist, mit halbnacktem Hintern sechs Stunden lang fotografiert zu werden.
erschienen am 6. 09. 2008
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Die Entdeckung der Currywurst
Filmreporter.de: "Die Entdeckung der Currywurst" ist Ihr erster Kinofilm. Aber Ihr Ursprung ist das Theater…

Alexander Khuon: Ja, mein Weg hat mich am Anfang zum Theater geführt. In Köln war ich nach der Schauspielschule im Erstengagement. Und als ich im zweiten Jahr gespielt habe, hat mich Ulla Wagner im Theater gesehen als "Hamlet" gesehen. Nachher hat sie mich angesprochen und mir von "Die Entdeckung der Currywurst" erzählt. Nachdem ich das Buch gelesen hatte, wollte ich unbedingt die Rolle Bremer spielen. Es hat dann noch fast drei Jahre gedauert, bis die Finanzierung geklärt war und wir mit den Dreharbeiten beginnen konnten.

Filmreporter.de: Konnten Sie Unterschiede feststellen, zwischen Theater und dem Spielen vor der Kamera?

Khuon: Es ist schon anders beim Drehen. Du musst dich anders konditionieren. Beim Theater probt man acht Wochen. Wenn mal ein schlechter Tag dabei ist, dann kommt eben der nächste und der wird dann besser. Letztlich arbeitet man daraufhin, dass man an einem Abend die ganze Geschichte erzählt. Das ist die Herausforderung beim Theater. Beim Film arbeitet man ja nicht chronologisch und die Proben beschränken sich auf ein Minimum. Aus diesem Grund ist die Vorbereitung unglaublich wichtig, bevor es überhaupt ans Drehen geht, damit man auch weiß, in welchem emotionalen Zustand sich die Figur befindet, was sie schon geleistet und erlebt hat und was noch vor ihr liegt. Besonders wichtig ist es die Intensitäten richtig zu dosieren und den inhaltlichen und emotionalen Bogen der Figur im Kopf zu haben.

Filmreporter.de: Sind Sie anders an die Rolle herangegangen als Sie es beim Theater tun würden?

Khuon: Nein, eigentlich nicht. Ich arbeite mich immer in die Rolle hinein und versuche so viel wie möglich über sie zu erfahren. Und irgendwann kommt der Punkt, wo ich sie treiben lasse. Ich trage die Figur auch in ganz banalen alltäglichen Situationen mit mir herum und so arbeitet es eigentlich immer in mir, manchmal ganz Bewusst und dann wieder im Unterbewusstsein. Ich habe natürlich auch mit der Regisseurin viel über die Figur und diese ungewöhnliche Liebesgeschichte gesprochen. Über die Ausgangssituation, in der sich der junge Soldat befindet, über die Entwicklung, die er in der Dachkammer nimmt, wie das Misstrauen wächst und schließlich der Entschluss, als er merkt, dass der Krieg vorbei ist.
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Alexander Khuon in "Die Entdeckung der Currywurst"
Filmreporter.de: Die Regisseurin verbindet Krieg mit Liebe, etwas Hässliches mit Schönem…

Khuon: Ja, als ich das Buch gelesen habe, fand ich diese Gegenwelten sehr interessant. Draußen herrscht diese dunkle, destruktive Seite des Zweiten Weltkriegs und drinnen dieser Mikrokosmos, wo Lena und Bremer leben und lieben, es entsteht dieses schöne, warme Gefühl zwischen den beiden. Und genau diesen Standpunkt finde ich sehr optimistisch und lebensbejahend. Letztlich geht es auch um das, was man sich selbst erschaffen kann, in seiner eigenen kleinen, einfachen Welt. All die Konventionen spielen hier keine Rolle. Sondern man kommt zusammen, man schätzt sich und es gibt dieses Knistern. Es ist völlig wurscht, dass er so jung ist und sie älter. Das finde ich mutig und auch sehr wichtig. Man sagt, jetzt geht es um den Menschen, seine Wünsche und Sehnsüchte.

Filmreporter.de: Glauben Sie, die Beziehung wäre entstanden, wenn es den Krieg nicht gegeben hätte?

Khuon: Nein, das glaube ich nicht. Diese Extremsituation, in der sich die beiden Charaktere befanden, hat das Knistern natürlich noch spannender gemacht und es vielleicht auch ausgelöst.

Filmreporter.de: Können Sie Ihre Figur verstehen?

Khuon: Ja sehr. Ich finde sie hat einen sehr schönen, widersprüchlichen und auch geheimnisvollen Charakter. Und trotzdem kann man Bremer in seiner Entwicklung gut folgen. Er hat sich ja eher am Rande des Kriegs bewegt, dennoch ist er gezeichnet von schrecklichen Geschehnissen und seinen Erfahrungen. Er geht da nicht unbeschadet durch, ist schon sensibel und wund, so würde ich seinen Zustand beschreiben. Er kommt in diese Wohnung und wird einfach von seinen Gefühlen überrumpelt. Ich glaube nicht, dass er absichtsvoll oder gar strategisch vorgeht und es ihm nur darum geht nicht in den Endkampf ziehen zu müssen. Obwohl ich auch nicht den ganz naiven Jungen im Kopf habe, wenn ich an Bremer denke. Man weiß nie so ganz, wie er ist. Er erzählt ja auch nichts von seiner Frau und seinem Kind. Und genau durch diese Ambivalenzen entsteht Spannung und wird das Ganze erst interessant. Er ist ja auch nicht immer souverän, zeigt seine Enttäuschungen und Ängste, in dieser Wohnung versteckt leben zu müssen. Denn wenn man ihn entdecken würde, würde er kurzerhand erschossen - als Deserteur.
Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Alexander Khuon und Barbara Sukowa
Filmreporter.de: Ihre Zusammenarbeit mit Frau Sukowa ist sehr eng. Wie viel haben Sie denn von ihr gelernt?

Khuon: Ich habe viel von Barbara Sukowa gelernt. Ich lerne ja immer von Kollegen, egal ob sie jünger, älter oder erfahrener sind. Jeder hat seine eigene Biografie und seine eigenen Qualitäten. Wenn man natürlich jemanden wie Barbara Sukowa trifft, die menschlich so unkompliziert, offen und hilfsbereit ist, ist es ein Traum, zusammen zu arbeiten. Ich war so froh, denn Barbara war meine einzige Spielpartnerin und wir hatten ja auch sehr sensible Szenen miteinander zu spielen. Da liegt man halbnackt sechs Stunden aufeinander, bis das Bild im Kasten ist.

Filmreporter.de: Hatten Sie zu Beginn Hemmungen, solche Szenen zu drehen?

Khuon: Ja, klar! Und Scheu ist ja auch gut. Bei aller Lust und bei aller Offenheit miteinander gibt es immer wieder Scheu. Das ist eine wichtige menschliche Regung, die wir als Schauspieler aber benutzen können. Die beiden Figuren lernen sich ja auch kennen und müssen ihre Scham überwinden. Insofern hat es auch mit der Geschichte zu tun. Aber letztlich ist es Teil der Arbeit und der Profession. Natürlich ist es total ungewöhnlich und merkwürdig, wenn dann plötzlich so viele Menschen um dich herum stehen und dich herrichten, wenn man da halbnackt liegt. Das ist schon komisch und gewöhnungsbedürftig. Aber von Barbara als Schauspielerin habe ich extrem profitiert. Menschlich war es auch eine richtig tolle Begegnung.

Filmreporter.de: Wie sehen Sie sich als Schauspieler im Film?

Khuon: Das ist schon merkwürdig. Vor allem geht es dann gleich los mit Fragen, die ich mir stelle, ob das gut ist, was ich da mache und was man anders hätte machen können.
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Alexander Khuon im Kino
Filmreporter.de: Wurde durch diese erste Kinoproduktion Ihre Liebe für den Film geweckt?

Khuon: Ja, auf jeden Fall. Ich habe im Sommer noch zwei weitere Filme gedreht. Es sind auch noch einige andere Projekte geplant…

Filmreporter.de: Dennoch sind Sie im Theater fest angestellt?

Khuon: Im Moment ist schon relativ viel los. Das ist dann auch eine Frage der Organisation. Und in der Tat, ich habe im Moment wenig freie Zeit. Aber ich genieße das auch, denn es sind sowohl beim Film als auch beim Theater Projekte, die mich sehr reizen. Und deswegen halte ich das gerne aus.

Filmreporter.de: Wie entspannen, erholen Sie sich? Was ist Ihr Ausgleich?

Khuon: Ich bin da nicht so anspruchsvoll. Aber was ich wirklich sehr bedauere, ist, dass ich etwas regelmäßiges, wie Mannschaftssport nicht mehr machen kann. Ich habe früher sehr gerne Handball gespielt, das geht jetzt leider nicht mehr. Aber die Erholung, den Rückzug, den Ausgleich brauche ich schon und habe da andere Möglichkeiten gefunden. Ich verbringe dann soviel Zeit wie möglich mit meiner Freundin oder treffe Freunde. Das ist mir sehr wichtig und daraus schöpfe ich dann wieder Kraft. Ich gehe dann ins Kino, koche etwas oder so. Also nichts Spektakuläres. Ich genieße einfach, wenn ich mal nichts planen muss. Denn meine Tage sind meistens sehr durchstrukturiert. Nach der Theaterprobe ist oft Kostümprobe für den Film, dann wieder Theaterprobe oder Vorstellung, am nächsten Tag wieder Dreharbeiten und so weiter. Das kostet schon viel Energie und in dieser Form geht das für mich auch nur eine bestimmte Zeit, aber im Moment genieße ich meine Arbeit sehr.
Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Alexander Khuon
Filmreporter.de: Gehen Sie privat auch manchmal noch ins Theater?

Khuon: Ja, auf jeden Fall. Ich mag die Arbeiten von Michael Thalheimer und Nicolas Stehmann sehr gerne, oder die von Dimiter Gotscheff. Drei sehr unterschiedliche Theaterhandschriften. Und genau das gefällt mir.

Filmreporter.de: Welche Ihrer Rollen hat Ihnen denn am besten gefallen?

Khuon: Das fällt mir schwer zu sagen. Irgendwie ist mir fast jede Rolle ans Herz gewachsen. Es gibt aber eine wichtige Begegnung mit dem Theaterregisseur Jürgen Gosch, die mich nachhaltig beeindruckt hat. Das war eine ganz tolle, außergewöhnliche Erfahrung. Die hat mir viele Türen als Schauspieler geöffnet.

Filmreporter.de: Vielen Dank für das Interview und alles Gute.
erschienen am 6. September 2008
Zum Thema
Alexander Khuon ist mit Leib und Seele Theaterdarsteller. Diese Leidenschaft kommt nicht von ungefähr, ist sein Vater der berühmte Intendant Ulrich Khuon. Während Alexander in Köln und Leipzig bereits auf der Bühne stand, ist er seit 2005 festes Ensemblemitglied des Deutschen Theaters in Berlin. Erste Filmluft schnupperte er 2007 in Ulla Wagners "Die Entdeckung der Currywurst". In diesem Kinofilm spielt er an der Seite von Barbara Sukowa.
Lena Brückner (Barbara Sukowa) ist Anfang 40 und erwartet eigentlich nicht mehr viel vom Leben. Zumal sich Deutschland im Krieg befindet. Die Begegnung mit dem jungen Matrosen Hermann Bremer (Alexander Khuon) wird jedoch ihr Lebens verändern. Ulla Wagner fußt ihren Spielfilm auf der gleichnamigen Novelle von Uwe Timm aus dem Jahr 1993. Der Film überzeugt vor allem durch die schauspielerische Leistung Sukowas, an die Khuon in seinem Spielfilmdebüt nicht ganz heranreicht.
2024