20th Century Fox
Max Mayer
"Eine emotionale Erfahrung"
Interview: Max Mayers Beziehungsprobleme
Nach einer langen Karriere als Theaterregisseur in New York wagt sich Max Mayer mit "Adam - Eine Geschichte über zwei Fremde. Einer etwas merkwürdiger als der Andere" zum zweiten Mal an einem Kinofilm. Seine Hauptfigur hat das Asperger-Syndrom, eine Art des Autismus, und dadurch Probleme, Emotionen richtig zu deuten und selbst auszudrücken. Auf Filmfestivals eroberte "Adam" damit bereits die Herzen der Zuschauer. Doch Mayer weiß aus eigener Erfahrung, dass jeder Mensch manchmal vor solchen Problemen steht, ganz besonders in Liebesbeziehungen.
erschienen am 7. 12. 2009
20th Century Fox
Max Mayer am Set von "Adam"
Ricore: Sehen Sie Ihren Film in erster Linie als Liebeskomödie oder ist es ein Drama über einen jungen Mann mit einer psychischen Krankheit?

Max Mayer: Habe ich nur die Wahl zwischen den beiden Möglichkeiten? Ich sehe es als Romanze über einen jungen Mann mit Asperger-Syndrom. Liebeskomödie bedeutet für mich, dass man sich um keine der Figuren Sorgen machen muss. Das wollte ich in diesem Film nicht. Ich wollte ernsthaft darstellen, wie schwierig eine Beziehung manchmal ist.

Ricore: Wie sind Sie auf das Asperger-Syndrom gekommen?

Mayer: Ich habe in meinem Auto Radio gehört. Da kam ein Interview mit einem jungen Mann, der das Asperger-Syndrom hat. Er sprach darüber, wie er die Welt sieht. Das hat mich zutiefst bewegt. Ich bin rechts ran gefahren und habe weiter zugehört. Danach wollte ich mehr über das Asperger-Syndrom erfahren. Ich fand einiges heraus - auch, warum es für mich so eine Bedeutung hat. Das hat damit zu tun, dass ich ein Einzelkind bin und die Welt viel als Außenstehender beobachte. Ich habe eine wundervolle Frau geheiratet, aber wir haben festgestellt, dass die Ehe wegen Kommunikationsproblemen zerbrach. Wir wissen beide nicht, warum das so schwierig war. Je mehr ich über Asperger herausfand, umso mehr stellte ich den Bezug zu Beziehungen im Allgemeinen her. Eines der Hauptdefizite bei Asperger ist was man Theory of Mind nennt. Das heißt, dass man große Probleme hat, sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Meiner Ansicht nach haben wir alle manchmal das Problem. Jeder sitzt hier mit seinem eigenen Gehirn und wir wollen Informationen weitergeben und uns verbinden. Aber letzten Endes können wir da nicht reinschauen. Manchmal wird eine Liebesbeziehung dadurch noch chaotischer. Dieses menschliche Problem wird durch Asperger überdeutlich dargestellt. Hoffentlich können die Menschen sich selbst darin erkennen, wenn sie den Film sehen.
20th Century Fox
Max Mayer
Ricore: Mussten Sie die Schauspieler darauf vorbereiten?

Mayer: Rose haben wir überhaupt nicht vorbereitet! Wir haben einfach gedreht, was großartig war. Die erste Szene, war auf der Treppe, als sie ins Haus einzieht. Es war für sie ziemlich seltsam mit jemandem zu spielen, der sie nicht ansieht. Sie war gut genug, um darauf zu reagieren. Das war großartig. Erst danach hat sie wirklich angefangen zu spielen, weil sie wusste, was los ist. Aber Hugh und ich haben viel Zeit miteinander verbracht und sind durch das Drehbuch gegangen. Er hat eigene Nachforschungen über Asperger angestellt. Wir sind zusammen zu einer Gruppe in New York gegangen, die sich trifft und über alles redet. Über Beziehungen, Jobs, Partys, einfach alles. Das war sehr hilfreich. Hugh und ich dachten erst, wir würden dadurch unsere Figur finden, aber die waren alle so unterschiedlich. Menschen mit Asperger sind genau so verschieden wie wir alle.

Ricore: Haben Sie den Film Menschen mit Asperger gezeigt?

Mayer: Einige haben ihn gesehen. Die, mit denen ich gesprochen habe, mochten ihn auch. Schwieriger war es für deren Eltern. Sie sehen darin die Hoffnungen und Ängste, die sie bezüglich der Zukunft ihrer Kinder haben. Das ist für sie eine sehr emotionale Erfahrung.

Ricore: Haben Sie auch negative Kritik von den Eltern bekommen?

Mayer: Nein. Ich habe dafür überwiegend Anerkennung bekommen.
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Max Mayer gibt seiner Schauspielerin Rose Byrne Anweisungen
Ricore: Sie wurden auch zum Sundance Filmfestival eingeladen, das einen hohen Stellenwert hat. Wie waren die Reaktionen dort?

Mayer: Es war eine tolle Erfahrung. Wir hatten den Film zuvor nur ein paar Freunden gezeigt. Beim ersten Screening in Sundance waren 1.400 Menschen. Nach fünf Minuten war das Publikum voll dabei und begeistert. Am Ende gab es Standing Ovations. Das war ein denkwürdiger Moment für mich, denn das passiert nicht allzu oft. Wir sind danach direkt in einen anderen Film gegangen. Als unsere Produzenten danach das Handy angeschaltet haben, waren gleich 60 Nachrichten drauf. Das war eine schöne Erfahrung.

Ricore: Das Ende in "Adam" ist zwar positiv, aber nicht typisch für eine Liebeskomödie aus Hollywood. Warum haben Sie sich für dieses Ende entschieden?

Mayer: Ich wusste nicht, dass ich eine Liebeskomödie mache. Im ersten Skript war das Ende ein bisschen düsterer, aber es hatte dieselbe Aussage. Es war nur ein wenig einsamer. Die Menschen, denen ich es gezeigt habe, sind ausgerastet und meinten, das könne ich nicht machen. Das Paar muss wieder zusammen kommen. Das habe ich ausprobiert, und es hat nicht funktioniert. Es kam mir vor, als wäre der Rest des Filmes nicht ernst gemeint. Wir wollten einen ehrlichen Film machen, deshalb wollte ich ein offenes Ende. Wir haben eine Gruppe von 200 Leuten gefragt, ob sie denken, dass die beiden wieder zusammen kommen. Die Hälfte hat ja gesagt, die andere Hälfte nein. Also haben wir eine gute Balance dazwischen gefunden. Jeder kann seine eigenen Erwartungen einbringen

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 7. Dezember 2009
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Max Mayer ist überwiegend am Theater tätig. Für die von ihm mitbegründete Adam - Eine Geschichte über zwei Fremde. Einer etwas merkwürdiger als der Andere" gelingt ihm Überraschungserfolg, der vor allem auf Festivals seine Fans findet und mit Preisen ausgezeichnet wird.
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