Universal Pictures
Jason Segel in "Fast verheiratet"
Puppenspieler ohne Ego
Interview: Jason Segel vor dem Spiegel
Puppen und Romanzen unter einen Hut zu kriegen, ist für Jason Segel kein Problem. Nachdem er den Muppets ein erfolgreiches Leinwand-Comeback beschert hat, geht er in seiner Komödie "Fast verheiratet" den alltäglichen Tücken einer Liebesbeziehung auf den Grund. Was der Schauspieler und Drehbuchautor von der Ehe hält, erzählt er im Interview mit Filmreporter.de. Zudem erklärt uns Segel, warum das Schreiben so wichtig für ihn ist.
erschienen am 12. 07. 2012
Universal Pictures
Fast verheiratet (Kinoplakat)
Ricore: Wieso sollte man heutzutage noch heiraten?

Jason Segel: Ich weiß es nicht. Ich sage nicht, dass man heiraten sollte. Jeder wie er will, es gibt viele glückliche Paare, die nicht heiraten. Für diejenigen, die glauben, den Partner fürs Leben gefunden zu haben, kann die Ehe eine romantische Angelegenheit sein. Die Idee, der Welt damit zu zeigen, dass man zusammengehört, gefällt mir auch.

Ricore: Haben Sie selbst schon ans Heiraten gedacht?

Segel: Ich würde mich freuen, mit der richtigen Frau verheiratet zu sein. Ich denke, darin liegt der Unterschied zwischen Männern und Frauen. Wir Männer haben keine biologische Uhr, so dass wir den Vorteil besitzen, auf die Person warten zu können, die wir heiraten wollen. Bei Frauen ist es leider so, dass sie sich mit Ende 20, Anfang 30 ernsthaft Gedanken machen müssen, falls sie Kinder bekommen wollen. Mir geht es in erster Linie darum, den Menschen zu finden, mit dem ich mein Leben verbringen will.

Ricore: Ihr Film "Fast verheiratet" bewegt sich zum Teil auf einer schmalen Grenze zwischen Komödie und Tragödie.

Segel: Ja, wir haben uns an Filmen wie "Der Stadtneurotiker" orientiert, was sehr komplex ist. Ich liebe diese Art von Filmen, die eine Beziehung ausloten, die sich langsam entwickelt. "Fast verheiratet" ist weniger im Stile einer Komödie wie "Brautalarm", sondern vielmehr im Stile von "Der Stadtneurotiker" oder "Harry und Sally". Es ist ein ehrlicher Film, auf den ich sehr stolz bin.

Ricore: Sie haben nicht nur die Hauptrolle, sondern gemeinsam mit Nicholas Stoller auch das Drehbuch geschrieben. Was hat Sie zu der Geschichte inspiriert?

Segel: Es fing mit dem Titel an. Nick rief mich an und nannte mir den Titel "The Five-Year Engagement" [Originaltitel, zu Deutsch: die Fünfjahres-Verlobung, Anm. d. Red.]. Mir gefiel der Titel, so dass ich mit Nick das Drehbuch dazu schrieb.

Ricore: Das Ausloten von Liebesbeziehungen zieht sich wie ein roter Faden durch Ihre Filme.

Segel: Ja, langjährige Beziehungen interessieren mich. Heutzutage haben die Leute eine so kurze Aufmerksamkeitsspanne, dass sie sich nur einer bestimmten Art von Dynamik hingeben, nicht aber den wirklichen Höhen und Tiefen, die man mit einem Partner durchlebt. Daher resultieren auch die vielen Scheidungen. Ehen sind so etwas wie ein Super-Dating geworden [lacht]. Das Konzept interessiert mich.
Universal Pictures
Jason Segel ist "Fast verheiratet"
Ricore: Warum?

Segel: Weil das Auswählen des Lebenspartners, nach der Religion, die wohl wichtigste Entscheidung im Leben ist.

Ricore: Oft spielt bei der Auswahl des Partners auch der Zufall eine große Rolle.

Segel: Es gibt dabei ein mysteriöses drittes Element: Timing. Man trifft in seinem Leben womöglich auf viele Menschen, die der richtige Partner fürs Leben sein könnten. Doch vielleicht ist derjenige schon in einer Beziehung oder man hatte selbst gerade eine Beziehung hinter sich und möchte erst mal Single bleiben. Es geht also um dich, den richtigen Partner und das richtige Timing.

Ricore: Wie lange hielt Ihre bisher längste Beziehung?

Segel: Sechs Jahre. Darum ging es in meinem Film "Nie wieder Sex mit der Ex".

Ricore: In "Fast verheiratet" sieht man, wie der Alltag eine Beziehung in die Knie zwingen kann.

Segel: Ich denke, es ist wichtig, dass man seine eigene Identität nicht aufgibt. In einer Beziehung will man, dass der Partner aufregend ist und auch ein eigenes Leben hat. Im Film gibt Tom so viel von sich selbst auf, dass er eher zu einem Assistenten wird, anstatt ein Partner zu sein. Ich habe diesen Fehler gemacht, als ich Anfang 20 war. Man gibt und gibt und fragt nur, was der andere braucht, so dass man wie ein Assistent klingt und das ist nicht attraktiv. Der Schlüssel liegt darin, sein eigenes Leben zu leben, das man am Ende des Tages mit seinem Partner teilt.

Ricore: Denken Sie, dass Beziehungen heutzutage komplizierter geworden sind?

Segel: Heutzutage hat man mehr Optionen, was zum Teil komplizierter sein kann. Eine lieblose Ehe führen zu müssen, ist aber ebenfalls kompliziert und früher war Scheidung keine gängige Option. Ich denke, dass Menschen immer auf irgendeine Art aufgewühlt sind, das ist eben die menschliche Natur.
Universal Pictures
Reizendes Paar: Emily Blunt und Jason Segel in "Fast verheiratet"
Ricore: Während Sie in "Die Muppets" die Kindheit zelebrieren, geht es in "Fast verheiratet" um alltägliche Sorgen des Erwachsenseins. Zu welchem Zeitpunkt in Ihrem Leben haben Sie gemerkt, dass es Zeit ist, die Puppen beiseite zu legen und erwachsen zu werden?

Segel: Ich habe die Puppen tatsächlich, im wortwörtlichen Sinne beiseitegelegt. Was eine große Sache für mich war, so albern das klingen mag. Nun, die TV-Serie ["How I Met Your Mother", Anm. d. Red.] geht nach acht Jahren dem Ende entgegen, was für mich wirklich das Ende eines Lebensabschnitts markiert. Zudem bin ich 30 geworden, was eine große Sache für mich war. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, doch wenn ich nun in den Spiegel blicke, sehe ich einen erwachsenen Mann. Vor dem verdammten Spiegel kann ich nicht davonlaufen, ich kann nicht mehr so tun, als ob ich ein Kind wäre und ich will es auch nicht.

Ricore: Spielen Sie denn noch mit den Puppen, wie in Ihrem Film "Nie wieder Sex mit der Ex"?

Segel: Ja, ich spiele noch mit den Puppen, aber sie müssen nicht mehr auf meiner Wohnzimmercouch liegen [lacht].

Ricore: Wie war die Zeit zwischen der Absetzung der Serie "Voll daneben voll im Leben" und Ihrem Engagement bei "How I Met Your Mother"?

Segel: Unglaublich hart. Meine innere Stärke wurde dabei auf die Probe gestellt, da meine Instinkte mir geraten haben, aufzuhören. Zu dieser Zeit habe ich jedoch mit dem Schreiben angefangen und das hat alles verändert. Auch die Trennung in meinen Mittzwanzigern war sehr hart, doch schließlich schrieb ich "Nie wieder Sex mit der Ex". Die schwierigsten Momente in meinem Leben haben mich am meisten inspiriert.

Ricore: Was macht Emily Blunt zur richtigen Darstellerin für die Rolle Ihrer Verlobten in "Fast verheiratet"?

Segel: Davon abgesehen, dass sie sehr talentiert, hübsch und witzig ist, sind wir befreundet und kommen sehr gut miteinander aus. Bei vielen romantischen Komödien hat man den Eindruck, dass man aus zwei Fremden ein Paar macht, zwei Hollywood-Schauspieler, die im Jahr zuvor in erfolgreichen Filmen zu sehen waren und nun zusammengebracht werden. Man merkt dabei, dass sie sich gar nicht kennen. Dadurch kann man zu den Charakteren keine Bindung aufbauen. Zudem gibt es diese konstruierten Gegensätze, etwa: Er ist Wissenschaftler, doch sie hasst die Wissenschaft [lacht]. Ich wollte rüberbringen, dass die beiden Charaktere eine gemeinsame Vergangenheit haben. Man kann das auch spielen, doch ich dachte mir: Warum nehme ich nicht jemanden, den ich bereits kenne? Bei den Szenen, in denen wir bloß miteinander reden, kann man sehen, dass wir uns bereits kennen. Als wir uns dann trennen, will man, dass wir wieder zusammen kommen.
Walt Disney
Jason Segel in "The Muppets"
Ricore: Was haben Sie von Ihrem Produzenten Judd Apatow über das Drehbuchschreiben gelernt?

Segel: Als ich "Nie wieder Sex mit der Ex" geschrieben habe, sagte er zu mir: 'Ich weiß, dass es eine Komödie werden soll, doch schreibe den ersten Entwurf als Drama. Durch deine Art wird es ganz von alleine witzig und Jokes können wir auch hinterher einfügen. Der einzige Grund, warum sich die Leute zwei Stunden lang dafür interessieren, ist das Drama unter der Oberfläche.' Und es stimmt. Wenn man sich einen Film anschaut, der nur auf Lacher aus ist, langweilt man sich nach etwa 20 Minuten, was zufälligerweise auch die Länge einer Sitcom-Folge ist. Dauert es länger, beginnt man sich zu fragen, warum sich das überhaupt anschaut.

Ricore: Wie ist das im Falle von "How I Met Your Mother"?

Segel: Ich denke es ist gut, weil es ebenfalls 22-minütige Episoden sind [lacht]. Das ist perfekt für eine Sitcom. Man macht sich was zu essen, hat was zu lachen und es ist angenehm.

Ricore: Wie schwer war es, den Disney-Studios Ihr Konzept für die "Muppets" schmackhaft zu machen?

Segel: Zunächst waren sie einfach verwirrt [lacht]. Sie fragten mich, ob ich mich über die Muppets lustig machen wollte. Und ich sagte ihnen, dass ich einen ernsthaften Muppets-Film machen wollte, dass ich ihn relativ günstig realisieren und damit das Franchise wiederbeleben könnte.

Ricore: Haben Sie auch Ambitionen als Regisseur?

Segel: Vielleicht, wenn ich eines Tages nach dem Ende der TV-Serie mehr Zeit habe. Das ist eine große Aufgabe, die ich nicht auf die leichte Schulter nehme. Ich habe auch nicht diese Art von Ego, Regie führen zu wollen, nur um sagen zu können, dass ich es gemacht habe. Wenn ich etwas schreibe, tue ich es, weil ich das Gefühl habe, dass es außer mir keiner kann. Ich sage nicht, dass das richtig wäre, aber für mich fühlt es sich richtig an. Beim Spielen einer Rolle geht es mir genauso. Beim Regieführen war es bisher so, dass es Leute gab, von denen ich wusste, dass sie es besser inszenieren können als ich. Ich engagiere lieber jemanden, der besser ist als ich, damit der Film besser wird. Wenn ich jemals das Gefühl hätte, dass es keiner besser als ich inszenieren könnte, würde ich es selbst machen.
Universal Pictures
Jason Segel bangt in "Fast verheiratet" um seine Traumfrau
Ricore: Gibt es Menschen, denen Sie Ihre Drehbücher zeigen, um zu sehen, ob das Geschriebene funktioniert?

Segel: Ich zeige sie meinen Eltern, meinem Agenten und meinem Manager. Das sind die ersten Leute, denen ich sie zeige.

Ricore: Wie müssen sie reagieren, damit Sie wissen, dass es gut ist?

Segel: Einfach ehrlich. Junge, neue Autoren machen oft den Fehler, dass sie dir das Drehbuch geben, weil sie hören wollen, dass es gut ist. Das ist aber nicht hilfreich. Wenn es wirklich gut ist, ist das toll. Ich liebe es, wenn ich das von meinen Eltern höre. Doch ich liebe es noch mehr, wenn sie sagen, dass eine bestimmte Passage keinen Sinn macht. Deswegen gebe ich ihnen das Drehbuch, damit sie mir ihre ehrliche Meinung sagen.

Ricore: Wenn Sie zwischen Schreiben und Schauspielern wählen müssten - was wäre Ihnen wichtiger?

Segel: Wichtiger wäre das Schreiben. Es gibt viele Schauspieler, die genauso gut sind wie ich. Nicht besser, aber genauso gut [lacht]. Nein, aber ich denke, dass das Schreiben ein besserer Weg ist, um seine ganz eigene Stimme zu präsentieren. Das Spielen genieße ich mehr. Ich will keinen Schauspieler beleidigen, doch für mich ist es ist einfacher. Allerdings habe ich auch noch keine dieser Rollen gespielt, bei denen man sich wirklich verausgaben muss. Zudem habe ich keine bestimmte Schauspielmethode. Bei einer fröhlichen Szene lächle ich und bei einer traurigen Szene setze ich ein trauriges Gesicht auf [lacht].

Ricore: Wie schwer fällt es Ihnen, die Kontrolle über Ihr Drehbuch abzugeben, wenn der Regisseur es in Szene setzt?

Segel: Ich besitze in der Hinsicht kein Ego. Ich ziehe es vor, wenn jemand anderes etwas Besseres daraus machen kann. 'Geschrieben von Jason Segel' ist dann trotzdem zu lesen, das lässt mich besser aussehen [lacht].

Ricore: Wie wichtig ist Ihnen Anerkennung?

Segel: Es ist ein gutes Gefühl. Doch es ist mir wichtiger, dass die Leute sagen, dass ich nett bin [lacht].

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 12. Juli 2012
Zum Thema
Größere Bekanntheit erlangt Jason Segel durch die Serie "Voll daneben voll im Leben". Seine bisher erfolgreichste Rolle ist die des Juristen Marshall Eriksen in der Sitcom "How I Met Your Mother". Mit der Schauspielerei beginnt er schon früh. Während seines Studiums in Pacific Palisades, Kalifornien spielt er in zahlreichen Stücken des Nie wieder Sex mit der Ex" stammt auch "The Greatest Muppets Movie Ever Made" aus seiner Feder. Zudem ist Segel ein leidenschaftlicher Musiker, der sich für..
Tom (Jason Segel) und Victoria (Emily Blunt) könnten glücklicher kaum sein. Kurz vor ihrer Traumhochzeit reißt ein Brief das Paar aus der Idylle. Victoria soll für einen Job von San Francisco ins ferne Michigan ziehen. Dies ist nicht das einzige Hindernis auf dem Weg zum Traualtar. Dem erfahrenen Tandem aus Nicholas Stoller und Jason Segel gelingt eine sehenswerte Komödie. Mühelos gelingt ihnen der Spagat zwischen witzigen und ernsten Elementen.
2024