20th Century Fox/Sebastian Gabsch
Carlos Saldanha aufg der deutschen Premiere von "Ferdinand - Geht STIERisch ab!"
Garfield-Fan tritt gegen Pixar an
Interview: Carlos Saldanha Geht STIERisch ab
Carlos Saldanha, geboren 1968 in Rio de Janeiro, war als Kind ein riesiger Fan der Garfield-Comics und amerikanischer Zeichentrickserien. Er studierte Kunst in den USA und wurde sofort von den Blue Sky Studios engagiert, die seit der Premiere des ersten Teils von "Ice Age" die Animationsszene umkrempelten. Saldanha inszenierte den zweiten und dritten Teil der Saga um Manni und Sid. In Berlin stellte er "Ferdinand - Geht STIERisch ab! (3D)" vor. Im Zentrum steht ein gutmütiger, liebeswerter Stier, der sich weigert, in der Arena zu kämpfen. Filmreporter.de hat nachgefragt.
erschienen am 22. 12. 2017
20th Century Fox
Carlos Saldanha
Ich kannnte nur den kurzen Zeichentrickfilm von Disney


Ricore Text: "Coco 3D" aus dem Hause Pixar und Ihr Film konkurrieren jetzt um die Gunst der Zuschauer. Unterscheiden sich die Filme der beiden Firmen?

Carlos Saldanha: Pixar tritt beim Geschichtenerzählen in die Fußstapfen von Disney. Sie würden nie einen Film wie "Ice Age" konzipieren, solche Geschichten sind unser Alleinstellungsmerkmal. Wir bieten ein größeres Themenspektrum an. Die Blue Sky Studios befinden sich in Connecticut an der Ostküste, wir fühlten uns immer ein bisschen unabhängiger von Hollywood. Aber der Entstehungsprozess der Filme ist gleich. Wir stehen vor den gleichen kreativen Problemen. Und viele Mitarbeiter wechseln zwischen den Unternehmen.

Ricore Text: Wobei die Geschichte von Ferdinand Züge von "Ice Age" übernimmt und auch Dori aus "Findet Nemo" von Pixar durchschimmert...

Saldanha: Wir können unser Unterbewusstsein nicht ausschalten, diese Filme haben sich tief in unsere Seele eingebrannt. Ich liebe "Nemo", dieser Film soll die Zuschauer auf eine ähnliche emotionale Reise mitnehmen. Und natürlich drängt sich der Vergleich zwischen dem Mammut Manni und Ferdinand auf. Gleichzeitig ähnelt Ferdinand dem Faultier Sid. Er ist ein wenig ängstlich, hat aber das Herz am richtigen Fleck.

Ricore Text: Zugleich setzen Sie stets auf aberwitzige Nebenfiguren wie die drei Lippizaner in diesem Film.

Saldanha: Im Zentrum steht Ferdinands emotionale Reise, mir lag vor allem der letzte Akt am Herzen, wenn alles aus dem Ruder läuft. Dann bleibt der Film nahe an Ferdinands Schicksal. Zuvor haben wir uns die Freiheit genommen, seine Welt so bunt und lustig wie möglich zu machen. Dafür schlittern die Figuren in etliche aberwitzige Situationen.

Ricore Text: Konnten Sie den visuellen Stil des Buches bewahren?

Saldanha: Die Zeichnungen ließen sich nicht in einen 3D-Film übersetzen. Die Rechteinhaber gaben mir die Freiheit, einen eigenen Stil zu entwickeln, in den ich Details aus den Illustrationen des Buchs einbaute. Wichtiger war beiden Seiten, Ferdinands Emotionen zu bewahren. Er ist ein Bulle, der nicht kämpfen will. Obwohl er groß und kräftig ist, ist er freundlich und friedlich.

Ricore Text: Von welchen Kriterien haben Sie sich bei der Entwicklung der Geschichte leiten lassen?

Saldanha: Ich habe mit dem dritten Akt und dem Ende des Films begonnen. Was ungewöhnlich ist. Normalerweise beginnen wir mit den Figuren, entwickeln langsam die Geschichte und überlegen lange, wie wir den Film beenden. Diesmal mussten wir einen stimmigen Weg finden, um dorthin zu gelangen.

Ricore Text: Gehörte "Ferdinand" zu Ihren Lieblingsbüchern?

Saldanha: Ich bin in Brasilien aufgewachsen und kannte nur den kurzen Zeichentrickfilm von Disney. Aber meinen Kindern habe ich das Buch vorgelesen.
20th Century Fox/Sebastian Gabsch
Carlos Saldanha ("Ferdinand - Geht STIERisch ab!")
Carlos Saldanha: Diese Träume haben sich erledigt
Ricore Text: Lieben Sie den Stierkampf?

Saldanha: Meine Vorstellung von Spanien war lange eng mit dem Stierkampf verknüpft. Ich weiß aber zu wenig darüber, um mich in die kontrovers geführte Diskussion einzumischen, ob er Bestand haben sollte. Viele Menschen lieben ihn, das will ich keinesfalls verurteilen. Ich habe es im Stadion nur während der Vorstellungsrunde ausgehalten und bin dann abgehauen. Ich konnte nicht zusehen. Das war für den Film auch nicht wichtig. Es ist kein Film über den Stierkampf, sondern über Ferdinand. Einen Stier, der geboren wurde um zu kämpfen, und das nicht möchte. Aus dieser Perspektive ergab sich die Sicht auf den Stierkampf.

Ricore Text: Jeder Spanienurlauber erkennt die Brücke von Ronda Haben Sie vor Ort recherchiert?

Saldanha: Die berühmte Brücke findet sich auf den Zeichnungen im Buch. Ronda wurde zum Ausgangspunkt unserer Recherchen in Spanien, bei der wir die Menschen, Städte und Landschaften auf uns wirken ließen.

Ricore Text: Haben Sie mit spanischen Animationsfirmen zusammengearbeitet?

Saldanha: Nein. Viele amerikanische Serien werden in Asien animiert, nur der Produzent und die kreativen Köpfe sitzen in den USA. Wir konzentrieren alle Arbeiten vor Ort. Ich brauche den täglichen kreativen Austausch.

Ricore Text: Was der Staat Connecticut unterstützt?

Saldanha: Ja, Blue Sky profitiert von großzügigen Steuererleichterungen und Abschreibungsmöglichkeiten.

Ricore Text: Als der 3D-Boom vor zehn Jahren begann, wurde über die Annäherung von Animations- und Realfilm spekuliert, einige Visionäre hielten Schauspieler in absehbarer Zeit für ersetzbar. Wird diese Idee weiter verfolgt?

Saldanha: Dank der schnellen Entwicklung der Technologie haben sich diese Träume erledigt. Für die Superhelden-Storys wurden phantastische Welten erschaffen und alle Gesetze der Schwerkraft aufgehoben. Man braucht nicht länger waghalsige Stunts, damit sie durch die Luft fliegen oder an Hauswänden rumklettern. Diesem Trend der Fantasy-Filme kann der Animationsfilm nur durch eine Besinnung auf seine Stärken begegnen. Wir entführen Zuschauer in phantastische Welten mit Tieren, die sie zum Lachen und Weinen bringen. Das ist die wirkliche Macht der Magie der Animation.

Ricore Text: Plant Blue Sky weitere Literaturverfilmungen?

Saldanha: Wir sind ständig auf der Suche nach attraktiven Büchern und originellen Ideen. In der Firma arbeiten wir immer an vielen Projekten in verschiedenen Stadien. Ferdinand wird herausgebracht, für den kommenden Teil von "Ice Age" ist das Line Up fertig. Die Maschine steht nie still.

Ricore Text: Setzen Sie sich selbst unter Druck?

Saldanha: Wenn man denkt, dass es nach einem Erfolg einfacher wird, irrt man sich gewaltig. Der unerwartete Erfolg von "Ice Age" setzt uns unter Druck. Es wird schwieriger, die Erwartungen zu erfüllen und noch besser zu werden. Wir setzen uns da, glaube ich, mehr unter Druck als das Studio und die Zuschauer.

Ricore Text: Danke für das Gespräch.
erschienen am 22. Dezember 2017
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Carlos Saldanha ist echter Carioca. So nennen sich die Bewohner von Rio de Janeiro. Hier wird Saldanha auch am 20. Juli 1968 geboren. Bald zieht es den künstlerisch interessierten Brasilianer nach New York. Dort besucht er die New Yorker Ice Age". Es folgen "Robots" und zwei Fortsetzungen des Eiszeitabenteuers. Nach jahrelanger Arbeit kommt sein Animationsabenteuer "Rio (3D)" 2011 in die Kinos. In diesen Film hat er auch seine geliebten Heimatstadt portraitiert.
Der Animationsfilm mit dem gewöhnungsbedürftigen deutschen Titel "Ferdinand geht STIERisch ab!" erzählt die Geschichte eines Rindes, der Opfer eines menschlichen Irrtums wird. Ferdinand ist das friedfertigstes Exemplar seiner Rasse. Er tobt viel lieber in der freien Natur, wo er an Blumen riecht und sich mit Freunden vergnügt, als beim Stierkampf gegen eitle Toreros zur Unterhaltung der Menschen anzutreten.
2024