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Jeanette Biedermann
Jeanette Biedermann künstlerisch angekommen?
Interview: Rock'n'Roll - ich bin ja jung
Mit "GZSZ" spaltete Jeanette Biedermann die Herzen Deutschlands. Seither wird sie ihr Flachserienimage nicht mehr los. Nun versucht sie sich in dem Animationsabenteuer "Ab durch die Hecke" als deutsche Synchronstimme eines Opossums und veröffentlich nebenbei ein paar Songs auf Englisch. Wir wagten mit der 25-jährigen bei der Filmfestspielen in Cannes den Karriere-Check.
erschienen am 23. 05. 2006
Pascal Le Segretain/DreamWorks
Jeanette Biedermann auf dem roten Teppich von Cannes
Ricore: Jeanette, bist du zum ersten Mal in Cannes?

Jeanette Biedermann: Ja, große Premiere! Leider war ich bislang noch nicht auf der Croisette. Nach meiner Ankunft Freitagabend bin ich nur noch schön in meinem Hotel Essen gewesen und habe es anschließend nicht mehr vor die Tür geschafft.

Ricore: Wie hast du dich auf den roten Teppich vorbereitet?

Biedermann: Ich habe mir ein schönes Kleid besorgt und werde mich hübsch zurechtmachen. Als Frau ist das ja quasi meine Aufgabe. Ich habe mich für ein Outfit der Marke Anna von Griesheim entschieden, das mir für eine andere Veranstaltung geschneidert wurde, den Organisatoren aber dann doch zu freizügig war. An der Cote d'Azure werde ich es nun wagen!

Ricore: Die Nächte an der Cote d'Azur dauern bekanntlich lang. Wie gehst du mit Schlafmangel um?

Biedermann: Ich bin das gewöhnt. Ich bleibe abends mal gerne sitzen, anstatt früh ins Bett zu gehen. Rock'n'Roll, ich bin ja jung. Den Rest erledigt das Make-Up.

Ricore: Wie schwer ist es dir gefallen, im abgedunkelten Tonstudio einer groben Rohversion des Films deine Stimme zu leihen?

Biedermann: Es ist schwer, weil man sich nur mit seiner Stimme ausdrücken muss und nicht viele Vorlagen bekommt. Zum Glück hatte ich einen hervorragenden Regisseur, der mir viele Inputs geben konnte. Mir hat es sehr Spaß gemacht, aber noch lieber sehe ich am Set einem Schauspieler in die Augen.

Ricore: Wen spielst du in "Ab durch die Hecke"?

Biedermann: Ein kleines Opossum, das mit seinem Vater lebt und sich in der Spätphase der Pubertät befindet. Ihm ist alles peinlich, wie es Alter von vierzehn einfach üblich ist. Doch gegen Ende der Geschichte werden alle Konflikte schließlich gelöst.
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Jeanette Biedermann
Ricore: Hat der Familienfilm eine Botschaft?

Biedermann: Klar. Es ist eine Parabel auf unsere heutige Konsumgesellschaft. Weil die Menschen so viel haben und ständig so viel wegwerfen, entschließen sich die Tiere, einfach das von ihnen zu nehmen, was sie brauchen.

Ricore: Ist es nicht etwas ironisch, dass ein kritischer Film über die Konsumgesellschaft gerade während der Filmfestspiele in Cannes gezeigt wird?

Biedermann: Vielleicht wird den Zuschauern hier noch bewusster, wie irrsinnig es manchmal ist, Dinge einfach wegzuwerfen. So wie die Tiere es einfach nicht begreifen können, was für gutes Futter so im Müll landet.

Ricore: Bist du dieser Hinsicht denn ein Vorbild?

Biedermann: Nein, ich schäme mich eher ein bisschen für mein Verhalten. Ich koche immer zuviel Essen für wenige Leute und erwische mich regelmäßig, wie feine Dinge im Müll landen. Aber ich gelobe jedes Mal aufs neue Besserung. Ansonsten bin ich aber kein Konsumjunkie. Ich konsumiere die Dinge, die ich zum Leben brauche, aber dann ist es auch wieder gut.

Ricore: Warum hast du dich an einem bestimmten Punkt deiner Karriere dazu entschlossen, von deutschen auf englische Texte umzusatteln?

Biedermann: Ich habe nie wirklich deutsche Texte gesungen. Meinen Plattenvertrag habe ich bei einem Wettbewerb gewonnen, und Bedingung war, dass ich beim Grand Prix mit einem deutschen Titel auftrete. Damals habe ich das gerne gemacht, aber danach habe ich sofort klar gemacht, dass das nicht mein Weg ist. Mein Management ging darauf auch ohne weiteres ein.

Ricore: Dem neuen Image fiel auch dein Nachname zu Opfer. Offiziell nennst du dich jetzt nur noch Jeanette.

Biedermann: Der Name war einfach zu lang. Außerdem finde ich Nachnamen immer viel zu unpersönlich. Es gibt niemand, der mich wirklich mit Frau Biedermann anspricht.
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Jeanette Biedermann
Ricore: Jetzt machst du die Musik, die dir Spaß macht?

Biedermann: Ich habe einige Zeit gebraucht, bis ich wusste, wo ich hinwollte. Als ich mit gerade mal achtzehn Jahren damit begann, hatte ich ja keinen blassen Schimmer. Mein neues Album ist nun die erste CD, wo ich auch wirklich alle Songs selbst geschrieben habe. Gemeinsam mit meinem Freund und Gitarristen Jörg. Das ist der neue Weg!

Ricore: Ist dir dein Image eigentlich egal?

Biedermann: Musik polarisiert. Die einen mögen es, die anderen eben nicht. Das ist - wie bei öffentlichen Personen auch immer der Fall - einfach eine reine Geschmackssache. Es wäre ja auch schrecklich langweilig, wenn alle dieselbe Meinung vertreten würden.

Ricore: Wie kannst du mit Kritik umgehen?

Biedermann: Wenn sie konstruktiv ist, nehme ich sie mir sehr zu Herzen. Man verliert zu seiner eigenen Arbeit ja leicht den Abstand und braucht deshalb Außenstehende, die ihre ehrliche Meinung sagen.

Ricore: Viele sagen, du würdest mit Vorliebe Anastacia und Britney Spears imitieren. Haben deine Kritiker Recht?

Biedermann: Man findet letztlich immer etwas, bei dem es Ähnlichkeiten gibt. Die Geschichte der Musik ist uralt, also kein Wunder. Aber letztlich sind wir alles Individuen, die dem ganzen ihre persönliche Note verleihen.

Ricore: Hast du Vorbilder?

Biedermann: Klar, meine ganzen früheren Bands, die ich immer noch liebe: Guns'n'Roses, Nirvana oder The Doors. Meine aktuelle Lieblingsband ist Korn.
Pascal Le Segretain/DreamWorks
Jeanette Biedermann geniest den Auftritt im Blitzlichtgewitter
Ricore: Welche Kunst berührt dich mehr: Film oder Musik?

Biedermann: Ich bin mit Leib und Seele Musikerin. Musik gehört zu meinem Leben, wie die Luft zum atmen. Songs zu schreiben hilft mir, in meinem seelischen Haushalt aufzuräumen. Musik ist mein Herzblut, Schauspielerei macht mir Spaß.

Ricore: Wie denkst du rückblickend über "GZSZ"?

Biedermann: Es war das erste, was ich überhaupt in diesem Bereich gemacht habe. Ich habe viel dadurch gelernt, es hat mich vorangebracht. Es war eine tolle Zeit.

Ricore: Würdest du es wieder machen?

Biedermann: Ja, weil ich dadurch ganz entscheidende Dinge lernen konnte.

Ricore: Und die Wunschvorstellung für die Zukunft? Kinder?

Biedermann: Ich habe einen Mann gefunden, den ich sehr liebe und mit dem ich am liebsten den Rest meines Lebens verbringen möchte. Ich will auf jeden Fall Kinder, im Zweifelsfall auch gerne mehrere. Wie viele genau, kann ich noch nicht sagen. Ich muss erst die Geburtsschmerzen abwarten, und dann entscheiden, wie oft ich mir das wirklich noch einmal antun möchte. (lacht)
erschienen am 23. Mai 2006
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