Filmwelt
Gustaf Gründgens
Gustaf Gründgens - Teufels Karriere
Retro Feature: Der umstrittene Theaterheld
Er wird zeitlebens für seine künstlerische Arbeit hoch gelobt. Zugleich wird er für seine wenig verborgene Homosexualität und seine ambivalente Rolle in der Nazizeit kritisiert. Gustaf Gründgens ist eine der schillerndsten Figuren der Theater- und Filmlandschaft der Weimarer Republik und der Nachkriegszeit. Der teuflische "Mephisto" in seiner Inszenierung von Johann Wolfgang von Goethes "Faust" machen ihn dennoch unsterblich.
erschienen am 21. 10. 2022
Filmwelt
Gustaf Gründgens als Fürst Metternich
Gustaf, aber mit f...
Gustaf Gründgens gilt als einer der wichtigsten wie umstrittensten Regisseure der Nazizeit und unmittelbaren Nachkriegszeit. Als Gustav (mit v geschrieben) Heinrich Arnold Gründgens am 22. Dezember 1899 in Düsseldorf geboren, nennt er sich ab 1925 Gustaf mit F. Zu diesem Zeitpunkt hat Gründgens bereits erste Erfolge als Schauspieler und Regisseur vorzuweisen. Sein Durchbruch bringt ihm 1924 seine Inszenierung von "Anja und Esther" von Klaus Mann. Der Sohn von Thomas Mann spielt auch neben seiner Schwester Erika Mann und Gründgens selbst die Hauptrollen. Zwei Jahre später wird Gustaf Erika heiraten. Jedoch wird die Ehe bereits nach drei Jahren 1929 geschieden, was wohl auch mit Gründgens' Homosexualität zusammenhängt.
Concorde Filmverleih
Mephisto
"Mephisto - Roman einer Karriere"
Klaus Mann wird später den Roman "Mephisto - Roman einer Karriere" schreiben, der eine Abrechnung mit Gustaf Gründgens, der hier wenig verschleiert Hendrik Höfgen heißt. Dieser wird als homosexueller Karrierist beschrieben, der unter den Nationalsozialisten in großer Gunst steht und eine Scheinehe führt. Interessant ist, dass Manns Vater Thomas ebenfalls schwul ist, dies jedoch nie offen auslebt oder zugibt. Von Gründgens ist diese Tatsache bekannt, er bittet sogar implizit seinen Förderer, den Preußischen Ministerpräsident Hermann Göring, als Generalintendant zurücktreten zu dürfen. Dieser lehnt jedoch ab und beschützt ihn von Angriffen von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels bis zum Zusammenbruch des Dritten Reichs im Jahr 1945. "Mephisto", der Teufel in Johann Wolfgang von Goethes Faust wird nicht nur der Titel des Schmähromans von Klaus Mann, sondern auch die Paraderolle von Gründgens. Bereits 1932 spielt er die Rolle mit großem Erfolg am Berliner Staatstheater. 1955 wird seine eigene Inszenierung und Darstellung des Mephisto Gründgens unsterblich machen, was auch an der Filmaufzeichnung liegt, die bis heute als Maß der Dinge gilt.
Tanz auf dem Vulkan
Beruflich wie privat wird Gründgens bis heute "verteufelt", insbesondere für sein opportunistisches Verhalten im Dritten Reich. Dabei ist auch seine Arbeit in dieser Zeit nicht immer linienkonform. Er spielt einerseits in dem berüchtigten Propagandafilm "Ohm Krüger" von 1941 an der Seite von Hans Albers, der einen brutalen Kolonialherrn verherrlicht. Andererseits verkörpert er auch die Hauptrolle in "Tanz auf dem Vulkan". Dieser Historienrevuefilm aus dem Jahr 1938 zeigt den Umsturz eines etablierten Systems, was insbesondere Reichspropagandaminister Goebbels missfällt. Dieser kann sich jedoch nicht gegen Gründgens' Förderer Göring durchsetzen und so wurde der Film nahezu unzensiert gezeigt. Auch half er jüdischen Kollegen, sich ins Ausland vor den Nazis in Sicherheit zu bringen. Den Schauspieler und Nazigegner Ernst Busch bewahrte er sogar vor der Todesstrafe.
Gong
Marianne Hoppe
"Hoppe, Hoppe, Gründgens, die kriegen keine Kindgens…"
Wohl um seine Homosexualität zu verschleiern, heiratet er 1936 die damals bekannte Schauspielerin Marianne Hoppe, der er auch nach der Scheidung 1946 weiter verbunden bleibt, und mit der er weiter gemeinsam auf der Bühne steht. Diese ist bisexuell und mit der Heirat so ebenfalls vor Angriffen gefeit. Doch nicht nur Göring, auch der Volksmund weiß, dass die Ehe von Gründgens und Hoppe Schein ist, wie der Spottvers "Hoppe, Hoppe, Gründgens, die kriegen keine Kindgens, und das hat seine Gründgens" beweist.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wird Gustaf Gründgens bis 1946 inhaftiert, auf Fürsprache vieler Kollegen, unter anderen dem dankbaren Ernst Busch, dann aber doch wieder freigelassen. Sofort arbeitet Gründgens am Theater in Düsseldorf und wieder später Generalintendant in Hamburg. Diese Stellung hat er bis kurz vor seinem Tod im Jahr 1963 inne. So umstritten wie sein Leben und Wirken, ist auch sein Tod in Manila. Auf Weltreise nimmt der Rastlose zu viele Schlaftabletten, wobei nicht festzustellen ist, ob absichtlich oder versehentlich. Auf einen Zettel schreibt er noch: "Ich glaube, ich habe zu viele Schlafmittel genommen, ich fühle mich etwas komisch, lass mich ausschlafen." Marianne Hoppe tut Selbstmordgerüchte mit dem Argument ab, dass der Theatermann sich stilvoll im Smoking und nicht im Pyjama getötet hätte.
erschienen am 21. Oktober 2022
Zum Thema
Als Johann Wolfgang von Goethes Faust auf der Bühne unvergessen, als Regisseur ein Genie, als Mensch von zweifelhaftem Charakter. Trotz seiner Verbundenheit mit kommunistischen Theatermachern war Gustaf Gründgens von 1937 bis 1945 Generalintendant des nationalsozialistischen Preußischen Staatstheaters. Seine Rolle im Dritten Reich wird auch heute kontrovers diskutiert. Als Intendant wurden er von Goebbels umhegt, half aber auch jüdischen Schauspielern, sich dem Zugriff der Diktatur zu..
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