Concorde Film
Regisseur Joseph Vilsmaier ("Die Geschichte vom Brandner Kaspar")
Joseph Vilsmaier hat alles im Griff
Interview: Der Chef bin ich!
Joseph Vilsmaier arbeitet viele Jahre als Kameramann, bevor er 1989 mit "Herbstmilch" sein Regiedebüt abliefert. Der Film wird ein Erfolg bei Publikum und Kritik. 1996 wird "Schlafes Bruder" für einen Golden Globe nominiert und auch die "Comedian Harmonists" gehen um die Welt. Momentan läuft Vilsmaiers Komödie "Die Geschichte vom Brandner Kaspar" in den Kinos, in welcher Franz-Xaver Kroetz als Brandner Michael Bully Herbig in der Rolle des Todes übers Ohr haut. Mit uns sprach der Regisseur über die launigen Dreharbeiten und erklärte, warum der Boss nur einer ist: Er selbst.
erschienen am 18. 10. 2008
Concorde Film
Franz Xaver Kroetz und Michael Bully Herbig ("Die Geschichte vom Brandner Kaspar")
Ricore: Herr Vilsmaier, als echter Bayer haben sie die Geschichte vom Brandner Kaspar schon als Kind gekannt, oder?

Joseph Vilsmaier: Das würde ich jetzt nicht so sagen. Als Kind durfte ich einmal zu den Dreharbeiten nach Berchtesgaden mitfahren, aber da wusste ich noch nicht richtig um was es geht. Mit 14, 15 hat es mich dann wieder interessiert zu sehen wo ich da überhaupt dabei war. Seitdem kenne ich den Brandner Kaspar.

Ricore: Was hat dann den Ausschlag gegeben die Geschichte verfilmen zu wollen?

Vilsmaier: Das wollte ich eigentlich immer schon. Alle zehn Jahre ist es mir wieder eingefallen und dann habe ich mir gedacht: "Jetzt könnte ich es eigentlich machen." Dann wurde das Stück aus dem Residenz-Theater fürs Fernsehen gemacht, das läuft seitdem immer an Allerheiligen im Bayerischen Fernsehen. Die Geschichte hat mir immer schon gefallen. Als wir dann beschlossen haben das noch einmal zu machen war meine Begeisterung vor allem über die Schauspieler groß: Brandner und Boandl - Franz-Xaver Kroetz und Michael Herbig, und dann natürlich Detlev Buck, Herbert Knaup, Gerald Alexander Held. Und die zu bekommen war ganz leicht, jeder wollte dabei sein. Das hat mit dann immer mehr Auftrieb gegeben und immer mehr Spaß gemacht. Und dann haben wir gesagt, ok jetzt machen wir's einfach.

Ricore: War es denn Ihre Idee Franz-Xaver Kroetz und Michael Herbig die Hauptrollen zu geben?

Vilsmaier: Ja, das war meine Idee.
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Detlev Buck in "Die Geschichte vom Brandner Kaspar"
Ricore: Warum ausgerechnet die beiden?

Vilsmaier: Warum nicht ausgerechnet die beiden? Der Franz-Xaver hatte ja schon lange nicht mehr gespielt, aber der war von Anfang an mein Wunschkandidat. Ich habe an gar keinen anderen gedacht. Wenn der nein gesagt hätte, hätte ich mir erst einmal etwas anderes überlegen müssen. Bei Bully Herbig habe ich mir gedacht, dass er vielleicht selber zu viel zu tun hat. Aber ich wusste, dass der seit seiner Kindheit schon immer gesagt hat, er möchte einmal den Brandner oder den Boandlkramer spielen. Deshalb war der eigentlich schon da, bevor ich an ihn gedacht habe. Die Reaktion der Leute auf die Konstellation war erst einmal: "Oha, das ist aber interessant." Das konnte sich keiner vorstellen, die Kombination war den meisten ein bisschen zu viel.

Ricore: War das am Set besonders schwierig mit so vielen Regisseuren? Sie, Michael Herbig, Franz-Xaver Kroetz und Detlev Buck.

Vilsmaier: Nein, da hat eigentlich keiner dran gedacht. Das ist mir, glaube ich, zwei Tage vor Ende der Dreharbeiten erst aufgefallen. Jeder hat für den Film gearbeitet, da gab es keine Eitelkeiten. Aber alle haben wahnsinnig gute Ideen eingebracht. Bei einem Film sitzt man ja im selben Boot, und ich bin ja auch nicht allwissend. Wenn jemand eine Idee hat, die besser ist als meine, nehme ich das gerne an.

Ricore: Gibt es denn eine bestimmte Szene, die sich dann ganz anders entwickelt hat als Sie sich das vorgestellt hatten?

Vilsmaier: Eigentlich nicht. Man hat das Drehbuch vorher ja schon lange im Kopf und kennt die Motive. Dann spricht man vorher schon mit den Schauspielern, während des Drehs wäre das eine Katastrophe. Wie was gemacht wird war alles schon vorher klar. Spontan beim Drehen entstehen nur noch kleine Einzelheiten, wenn man merkt, irgendetwas passt nicht so ganz.
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Franz Xaver Kroetz und Michael Bully Herbig am Set
Ricore: Ist der Herr Kroetz im Umgang so schwierig wie es immer heißt?

Vilsmaier: Ich liebe Franz-Xaver über alles. Ich habe mit ihm telefoniert, weil ich wollte, dass er die Rolle übernimmt, und dann haben wir uns getroffen. Wir kannten uns vorher nicht persönlich. Das war ganz toll, eben in seiner Art. Er weiß genau was er will, und wenn er's nicht will, dann will er's halt wirklich nicht. Ich finde es toll, wie er seine Meinung aufrechterhält. Wir haben uns dann gefunden. Das war echt toll. Und dann zusammen mit dem Bully Herbig, das war einfach Professionalität. Auch wenn da mal einer ein paar Stunden warten muss. Das ist alles super abgelaufen.

Ricore: ... und Herr Kroetz mit Bully?

Vilsmaier: Franz-Xaver und Bully haben hervorragend miteinander harmoniert. Ich wusste schon, dass ich das machen werde als ich "Die Gustloff" gedreht habe. Und da waren auch Detlev Buck und Alexander Held dabei und so haben wir schon da über den Brandner gesprochen. Das Ensemble war ganz schnell beieinander. Ich wusste genau, wer welche Rolle spielen soll. Den Herbert Knaup kenne ich auch schon so lange, da habe ich einfach gesagt, du musst unbedingt den Erzengel Michael spielen. Und der Detlev hat gesagt: "Ja wenn du meinst, dann komme ich in die bayerischen Berge, das ist ja wunderbar." Ich kann nicht mehr sagen, als dass es eine schöne Arbeit war. Auch in den Landschaften, das war toll. Angefangen zu drehen haben wir mit dem neuen motorischen Mobil vom Boandl, da haben wir auf 3.000 Metern in den Lienzer Dolomiten gedreht. Das hat einfach Spaß gemacht.

Ricore: Der Brandner gefährdet mit seinem Kartentrick den gesamten Weltplan. Glauben Sie, dass es so einen Plan gibt?

Vilsmaier: Nein. Es gibt wahrscheinlich nur für jeden einen eigenen Weltplan. Aber im Großen und Ganzen gibt es keinen Weltplan nicht. Jeder lebt nach seiner Facon, der eine hat ein bisschen mehr Angst vor dem Tod, der andere weniger. Jeder will sich das ja selber zurechtschneidern. So wie der Brandner sagt: "So, jetzt bin ich 69, noch 21 Jahre wären nicht schlecht, dann bin ich 90." Der Erfolg des Stückes liegt aber darin, dass der Tod wie ein Kumpel ist, mit dem kannst du reden. Der nimmt dir die Furcht. Und das bewirkt auch schon der Film. Wenn man das nach 100 Minuten noch ein bisschen beibehalten kann, hat man ja schon etwas gewonnen.
Timo Buschkämper/Ricore Text
Regisseur Joseph Vilsmaier
Ricore: Was haben Sie sich denn zurechtgeschneidert?

Vilsmaier: Eigentlich nichts. Aber ich würde nicht in Jahren handeln wollen, sondern sagen, ich möchte noch zehn Filme machen. Und dann würde ich die so lange heraus zögern, dass einer drei Jahre dauert, dann wäre es auch wieder ok.

Ricore: Beim "Brandner Kaspar" waren Sie Produzent und Regisseur, früher standen sie auch oft hinter der Kamera. Wieso wollen Sie alles selber machen?

Vilsmaier: Dann redet mir keiner rein. Ich greife aber schon auch andere Ideen auf, bilde mir nicht ein, dass meine Ideen immer die besten sind. Ich bin für Teamwork mit den Schauspielern. Aber ich bin schon auch ein Ein-Mann-Unternehmen. Ich treibe ja immer alles auf. Auch die Gelder, was sowieso das Schwierigste ist. Und dann mache ich das halt alleine, wie das andere in großen Firmen auch machen. Das ist seit ich lebe immer gut für mich gewesen, und darum werde ich das auch beibehalten.

Ricore: Gab es einen Grund, warum Sie dieses Mal die Kamera jemand anders überlassen haben?

Vilsmaier: Was heißt jemand anders überlassen, das ist ein Freund von mir. Der macht das sehr gut, aber ich mache auch immer die Bildgestaltung. Ich sage genau, wie die Bilder ausschauen, wo was ist. Mit dem Jörg habe ich auch schon "Die Gustloff" gemacht. Der macht das so, wie ich selbst das auch machen würde. Anders kann ich das nicht. Ich kann da keine langen Diskussionen führen. Das ist mir zu viel und zu anstrengend. Dafür trage ich aber auch die ganze Verantwortung. Darum ist mein System für mich genau das Richtige. Für andere ist das vielleicht furchtbar, aber ich liebe das System so wie es ist. Ich bin für alles verantwortlich. Wenn dann jemand zum Schimpfen kommt, kriege ich das auch ab.
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Die Geschichte vom Brandner Kaspar


Ricore: Aber die meisten kommen doch wohl eher zum Loben, oder?

Vilsmaier: Das Lob, das brauche ich nicht. Ich will halt, dass die Leute ins Kino gehen. Man wird da mit der Zeit auch abgeklärter. Nächstes Jahr bin ich 50 Jahre in dem Gewerbe, da hat man schon so viel erlebt. Ich hätte damals "Herbstmilch" auch mit einer Filmfirma machen können, aber das wollte ich nicht. Ich habe meine eigene aufgemacht und gedacht, wenn es nicht funktioniert mache ich halt weiter die Kamera. Aber es hat funktioniert. Und dann habe ich halt weiter gemacht, das war gleich ein Erfolg.

Ricore: Als Sie für "Schlafes Bruder" für einen Golden Globe nominiert wurden waren Sie aber schon geschmeichelt?

Vilsmaier: Ja natürlich. Ich gehöre nicht zu denen die sagen, Preise bedeuten mir nichts. Das kann vielleicht stimmen, aber ich glaube es nicht ganz. Wenn ich eine Auszeichnung bekomme, zum Beispiel jetzt von der Filmbewertungsstelle für den "Brandner Kaspar", dann freue ich mich wahnsinnig. Und wenn ich einen Preis bekomme freue ich mich auch wahnsinnig. Aber am liebsten hätte ich immer den Publikumspreis.

Ricore: Sie kommen ja gerade aus Pakistan zurück, wo Sie "Nanga Parbat" drehen.

Vilsmaier: Wir hatte da einen Vordreh mit Reinhold Messner, da waren wir knapp drei Wochen. Im Oktober machen wir tageweise weiter, und nächstes Jahr drehen wir dann von März bis Juni durch.

Ricore: Wie nah ist die Geschichte an der Buchvorlage von Herrn Messner?

Vilsmaier: Das ist ja keine Buchvorlage, sondern eben sein Erlebnis, 1970 die Tragödie mit seinem Bruder.

Ricore: Aber er beschreibt das ja auch in "Der nackte Berg". Wieviel kann er denn mitreden, da es ja um seine Geschichte geht?

Vilsmaier: Wenn es nach mir geht kann der Herr Messner viel mitreden. Ich bin kein Bergsteiger, also brauche ich ihn sozusagen als Berater. Und er ist Berater, nicht mehr. Der Chef bin ich.

Ricore: Herr Vilsmaier, vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 18. Oktober 2008
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Joseph Vilsmaier verwandelt das bayerische Volksstück in eine vergnügliche Kinokomödie, in der Michael Herbig als Tod und Franz-Xaver Kroetz als dessen unwilliger Kunde hervorragend harmonieren. Mit 69 fühlt sich der Brandner zu jung um schon den Löffel abzugeben. Als ihn der Boanlkramer dennoch abholen will, greift er zu einer List. Er füllt den Tod erst ab, betrügt ihn beim Kartenspielen und ergaunert sich so weitere 21 Jahre Lebenszeit. Nun muss sich der finstere Geselle einen Weg finden,..
2024